Oberlandesgericht Brandenburg, Az.: 4 U 190/21, Urteil vom 22.03.2023 – Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung als Voraussetzung für Schadensersatz nach § 13 Abs. 7 VOB/B

März 22, 2023 | Rechtsprechung

Oberlandesgericht Brandenburg
Datum: 22.03.2023
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 4 U 190/21

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 12.08.2021, Az. 12 O 305/19, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 100.000 € festgesetzt.

 

 

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadenersatz wegen mangelhafter Werkleistungen aus einem VOB/B-Einheitspreis-Vertrag über die Sanierung von Rissen und Fugen einer Asphaltfläche in Anspruch. Die Beklagte zu 1. war nachbeauftragter Vertragspartner der Klägerin; die Beklagten zu 2. und 3. sind die Gesellschafter der beklagten oHG.

Die Klägerin selbst war mit zwei Verträgen von der M… GmbH bzw. der H… GmbH & Co. KG Internationale Spedition (im Folgenden „Hauptauftraggeber“) mit der Sanierung von Teilen einer insgesamt etwa 135 ha großen Asphaltfläche in E… (Havelland) beauftragt worden. Diese wird zum Parken und Zwischenlagern von PKW und LKW genutzt. Die beiden VOB-Verträge betreffen jeweils unterschiedliche Teilflächen, sind jedoch im Übrigen wortgleich und wurden am 23.06./23.07.2010 geschlossen. Der Vertrag mit der H… GmbH & Co KG betrifft die Flächen „2000“, „6000“ und „TraPla“; der andere Vertrag betrifft die Flächen „5000“, „7000“, „8000“, „9000“ und „10000“. Die darin enthaltenen Arbeiten zur Riss- und Fugensanierung (Position 02.03) wurden von der Klägerin an die Beklagte zu 1. weiterbeauftragt. Als Einheitspreise waren im Hauptvertrag für Risse 3,15 €/m und für Fugen 2,84€/m (jeweils netto) vereinbart.

Das Leistungsverzeichnis, das Bestandteil des jeweiligen Vertrags war, enthält unter Ziffer 02.03 „Verfugungsarbeiten“ folgende Angaben:

„02.03.10 Risse, Einzellängen, 1-5cm breit, bis 10cm tief

12.374,00 m / 20.095,00 m

Wilde Risse in vielen Einzellängen, 1-5 cm breit und bis 10 cm tief aufweiten mit Rissfräse, Fräsgut aufnehmen und entsorgen. Fuge säubern, grundieren mit Voranstrich (Primer) und mit heißer bitum. Fugenvergussmasse in mehreren Arbeitsgängen vergießen. Letzter Verguß mit Vergußschuh, 6 cm breit, anschließend mit Feinsplit abstreuen.

02.03.20 Fugen, Einzellängen, 15mm breit

20.077,00 m / 32.605,00 m

Fugen in vielen Einzellängen 15 mm breit und 50 mm tief auffräsen, Fräsgut laden und entsorgen. Fugen säubern, mit Split verstopfen, mit Voranstrich (Primer) vorbehandeln und mit heißer bitum. Fugenvergussmasse in mehreren Arbeitsgängen vergießen. Letzter Verguß mit Vergußschuh 6 cm breit, anschließend absplitten.“

Die Hauptauftraggeber beauftragten den Dipl.-Ing W… als Planer im Hinblick auf die Sanierungsarbeiten mit den Leistungsphasen 1 bis 9 der HOAI 2009. Gegenüber der Klägerin bevollmächtigten die Hauptauftraggeber den Dipl.-Ing. W… wie folgt:

„Der Bevollmächtigte, Dipl.-Ing. Roland W…, B…straße …, 4…H…, ist im Rahmen der von uns beauftragten Ingenieur- und Architektenleistungen berechtigt, namens und in meinem Auftrag für mich in gesetzlicher Weise Handlungen vorzunehmen, die von mir und mir gegenüber nach dem Gesetz vorgenommen werden können. Die Vollmacht umfasst ausschließlich das Recht, mich bei Behörden zu vertreten, die für die Ingenieurleistungen öffentlich-rechtlich zuständig sind sowie die Auftragsvergabe an Unternehmen, die die Ingenieursleistungen betreffen.“

Die Klägerin schloss mit der Beklagten einen Nachunternehmervertrag vom 06.08./09.08.2010 auf Basis des beschriebenen Leistungsverzeichnisses. Gemäß Nr. 1 des Vertrages waren (u.a.) die VOB/B in der jeweils neuesten Fassung bei Vertragsschluss Bestandteil des Vertrages.

Die Verfugungsarbeiten einzelner Flächen wurden von der Beklagten durchgeführt, ohne einen gesonderten Voranstrich (Primer) anzubringen. Als Verfüllmasse wurde „Reinau 1,25“ des Lieferanten D… GmbH verwendet.

Mit Schreiben des Dipl.-Ing. W… vom 18.04.2011 an die Klägerin zeigte dieser – noch vor Abschluss der Arbeiten der Beklagten – Mängel der Verfugungsarbeiten an, wonach die Fugen bereits aufgerissen und abgesackt seien, der Verguss sich von der Asphaltfläche löse und die Vorbereitung der Risse (Schneiden) nicht regelgerecht durchgeführt würden. Zugleich wurde der Klägerin eine Frist bis zum 21.04.2011 zur schriftlichen Bestätigung der Mängelbeseitigung gesetzt mit der Ankündigung, nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag zu entziehen und eine Drittfirma mit der Mangelbeseitigung zu beauftragen. Die Klägerin leitete das Schreiben an die Beklagte weiter, die mit Schreiben vom 20.04.2011 den Vorwurf zurückwies, die Risssanierung nicht regelgerecht durchgeführt zu haben. Zugleich bat die Beklagte um einen Vor-Ort-Termin zur Ermittlung der Schadensursache. Mit Schreiben vom 20.05.2011 wies die Beklagte weitere, mit Schreiben des Dipl.-Ing. W… vom 16.05.2011 angezeigte, Mängel zurück, sagte aber zu, sich einer möglichen Gewährleistung nicht zu verschließen, falls aufgetretene Schäden durch die Arbeiten der Beklagten verursacht worden seien. Mit Schreiben des Dipl.-Ing. W… vom 25.05.2011 an die Klägerin teilte dieser mit, dass die Beklagte Sanierungsarbeiten an mangelbehafteten Rissen und Fugen vornehme und die dabei angewendete Methode nicht akzeptiert werde. Der mangelbehaftete Fugen- und Rissverguss müsse herausgenommen, die Fugen/Risse gesäubert und diese gemäß vertraglich geschuldeter Leistung neu aufgebaut werden. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte die Beklagte mit, dass es sich um Risse handele, die bereits im Vorjahr saniert worden seien und die sich aus ungeklärten Gründen geöffnet hätten. Die Bearbeitung dieser Risse erfolge allein aus „Kulanzgründen“ und schließe eine „Anerkennung als Gewährleistungsschaden“ aus. Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag bat die Beklagte wegen der Anzeige neu entstandener Risse um Bestätigung der Kostenübernahme und eine verbindliche Zahlungszusicherung. Mit Schreiben des Dipl.-Ing. W… vom 12.07.2011 forderte dieser die Klägerin zur Risssanierung der Flächen 7000 und 10000 bis zum 20.07.2011 auf und setzte die Frist „gemäß VOB/B § 5 Abs. 4 als letzte Frist zum Abschluss der Arbeiten“; zudem kündigte er die Selbstvornahme der Mangelbeseitigung nach fruchtlosem Ablauf der Frist an. Die Klägerin behauptet, das Schreiben vom 12.07.2011 an die Beklagte weitergeleitet zu haben. Mit Schreiben an die Klägerin vom 14.07.2011 lehnte die Beklagte eine Anerkennung von Mängeln ab und teilte mit, dass sie die Beanstandungen vor Ort prüfen werde.

Die Klägerin verklagte nach Rechnungslegung die Hauptauftraggeber vor dem Landgericht Potsdam auf Werklohnzahlung (Az. 52 O 6/12; im Folgenden nur „Vorprozess“) und verkündete den hier Beklagten den Streit. Im Vorprozess stellte sich die Klägerin auf den Standpunkt, dass die Verfugungsarbeiten mangelfrei seien und das Schadbild an den sanierten Rissen und Fugen nicht auf eine mangelhafte Ausführung zurückzuführen, sondern der Beschaffenheit des Asphalts und des Untergrundes geschuldet sei. Es befinde sich nämlich Müllverbrennungsasche unterhalb der Asphaltschicht, die noch nicht abreagiert habe. Dies sei bei der Ausschreibung nicht hinreichend berücksichtigt worden, so dass die ausgeschriebenen Leistungen letztlich ungeeignet gewesen seien; es liege ein Planungsfehler vor. Die Hauptauftraggeber erhoben Widerklage auf Zahlung von Kostenvorschuss zur Beseitigung der – auch hier streitgegenständlichen – Mängel. Im Vorprozess wurde ein Gutachten des Prof. Dr. K… eingeholt, das die Mängel bestätigte. Der Vorprozess endete mit einem Vergleich in der Berufungsinstanz (Az. 12 U 205/14), der am 25.07.2019 ohne die Beteiligung der hier Beklagten geschlossen wurde. Darin verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von insgesamt 540.000 € an die Hauptauftraggeberinnen.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Zahlung eines erstrangigen Teilbetrages von 100.000 € von den Beklagten verlangt. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, dass die Verfugungsarbeiten mangelhaft seien, weil die Beklagte den Voranstrich (Primer) nicht aufgebracht habe. Dies verursache das bereits beschriebene Schadbild. Zudem sei die vertraglich vereinbarte Frästiefe von 10 cm nicht eingehalten und die Risse nicht mit Feinsplitt verfüllt worden.

Demgegenüber haben die Beklagten behauptet, ein Voranstrich sei zur ordnungsgemäßen Sanierung der Risse und Fugen nicht erforderlich, weil die Verfüllmasse auch ohne den Voranstrich hinreichend an den Rissflanken hafte. Es sei deshalb bei der Bauanlaufberatung am 26.07.2010 zwischen den Zeugen Kü…, Z…, G… und P… vereinbart worden, dass auf den Voranstrich verzichtet werden könne. Das Gutachten des Prof. K… aus dem Vorprozess sei unzutreffend, soweit es den Auftrag eines Primers für notwendig halte. Der Sachverständige stütze seine Auffassung allein auf eine werbend zu verstehende Internetseite des Herstellers, lasse dessen unmittelbare Stellungnahme vom 06.06.2014 jedoch gänzlich unberücksichtigt. Zudem sei der Sachverständige fälschlich davon ausgegangen, dass die Risse bis zum einer Tiefe von 10 cm zu sanieren gewesen seien. Dies entspreche jedoch nicht dem Vertragssoll. Die Risse und Fugen, die ein Schadbild zeigten, seien gar nicht von der Beklagten saniert worden; es handele sich vielmehr um wesentlich ältere Risse und Fugen, die schon vor 2010 von anderen Unternehmern auf der riesigen Fläche saniert worden seien. Da kein Risskataster existiere, könne im Nachhinein nicht mehr festgestellt werden, welche Risse von der Beklagten saniert worden seien und welche von anderen Unternehmen. Die im Leistungsverzeichnis enthaltene Verfüllung mit Split sei fehlerhaft der Fugensanierung statt der Risssanierung zugeordnet worden. An unebenen Stellen sei der Einsatz eines Ziehschuhs nicht möglich gewesen; an diesen Stellen sei die Sanierung durch einen verbreiterten Auftrag der Vergussmasse erfolgt, was so auch am 02.08.2010 zwischen den Herren Kü…, Z… und S… vereinbart worden sei. Es sei auch kein Schaden entstanden; die Klägerin habe sich ohne Not in den Vergleich begeben.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), hat die Beklagten zur Zahlung antragsgemäß verurteilt. Die Klägerin habe einen entsprechenden Schadenersatzanspruch gegen die Beklagten. Die Beklagte habe schuldhaft ihre vertraglichen Pflichten dadurch verletzt, dass sie die Klägerin wegen von ihr zu vertretender Baumängel einen Prozess mit ihrem Auftraggeber führen ließ, statt rechtzeitig ihre eigene Gewährleistungspflicht zu erfüllen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die von der Beklagten bearbeiteten Risse aufgrund mangelhafter Leistungserbringung erneut aufgebrochen seien. Es sei davon auszugehen, dass die vom Sachverständigen K… im Vorprozess gezogenen Bohrkerne solche seien, die von der Beklagten saniert worden seien. Denn bei der Bestimmung der Entnahmestellen sei ein Mitarbeiter der Beklagten anwesend gewesen, so dass es im wohlverstandenen Interesse der Beklagten gewesen wäre, darauf hinzuweisen, falls die Bohrkerne andere Risse betroffen hätten. Zudem habe der Sachverständige dargelegt, dass er das Alter der Sanierung anhand des Fugenmaterials einordnen könne. Die Risssanierung sei wegen des Fehlens des Primers mangelhaft, nicht nur weil der Primer vertraglich vereinbart gewesen sei, sondern auch weil dieser nach den Ausführungen des Sachverständigen technisch notwendig gewesen sei. Von einem wirksamen vertraglichen Verzicht auf den Primer sei schon deshalb nicht auszugehen, weil ein solcher – den Vortrag der Beklagten zum Bauanlaufgespräch als richtig unterstellt – voraussetze, dass der Primer technisch tatsächlich nicht erforderlich gewesen wäre. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei dies jedoch gerade nicht der Fall. Die Mängel seien auch hinreichend angezeigt, weil sich aus der vorgerichtlichen Korrespondenz ergäbe, dass die Beklagte gewusst habe, welche Risse als mangelhaft angezeigt worden seien.

Mit ihrer Berufung wenden sich die Beklagten gegen die Verurteilung. Schon die Einstufung als Mangelfolgeschaden sei rechtlich unzutreffend. Der Vertrag befinde sich immer noch im Erfüllungsstadium; jedenfalls sei die Beklagte nie zur Mängelbeseitigung aufgefordert worden. Es lägen keine Mängel vor; insofern wiederholen und vertiefen die Beklagten ihren erstinstanzlichen Vortrag. Zudem sei die Höhe der Forderung bereits im Vorprozess streitig gewesen. Allenfalls hätte die Klägerin einen Vorschussanspruch, über den sie jedoch auch abrechnen müsste. Das Landgericht habe die Beweisangebote zum Inhalt des Bauanlaufgesprächs mit dem Verzicht auf den Primer übergangen. Dem Urteil sei auch nicht zu entnehmen, welche Risse konkret mangelhaft seien und dass diese überhaupt von der Beklagten saniert worden seien. Schließlich rügen die Beklagten, dass der als Zeuge geladene Prof. K… ohne vorherigen Beweisbeschluss als Sachverständiger angehört worden sei und dass das Landgericht dessen Gutachten aus dem Vorprozess ohne Beschluss verwendet habe.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 12.08.2021, 12 O 305/19, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

 

II.

Die zulässige Berufung führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadenersatz.

1.

Die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach § 13 Abs. 7 VOB/B sind – auch nach dem Hinweis des Senats vom 23.08.2023 – nicht hinreichend vorgetragen. Im Bereich des § 13 Abs. 7 VOB/B gehen diese den gesetzlichen Regelungen des § 634 BGB vor (vgl. BeckOK VOB/B/Koenen VOB/B § 13 Rn. 1; Wirth/Ingenstau/Korbion, VOB, 22. Aufl., § 13 VOB/B Rn. 160). Unstreitig haben die Streitparteien einen Werkvertrag unter Einbeziehung der VOB/B geschlossen, so dass der Anspruch nicht auf §§ 634, 281, 280 BGB gestützt werden kann. Abgesehen davon handelt es sich auch nicht um einen Mangelfolgeschaden nach §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB, weil dies voraussetzen würde, dass der Schaden nicht durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung beseitigt werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.2019, VII ZR 63/18). Eine (denkbare) Nacherfüllung in Form der Beseitigung der behaupteten Mängel hätte jedoch den hier geltend gemachten Schaden in Wegfall gebracht.

a)

§ 13 VOB/B ist grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks anwendbar. Dass die streitgegenständliche Werkleistung der Beklagten abgenommen worden wäre, trägt die Klägerin nicht vor; auch ein Abnahmesurrogat ist nicht ersichtlich. Die Klägerin trägt auch nicht vor, dass der Werkvertrag gekündigt (was im Übrigen die Abnahme nicht entbehrlich machen würde; vgl BGH, Urteil vom 19.12.2002, VII ZR 103/00) oder in anderer Weise beendet worden wäre. Dies hat zur Folge, dass der Anwendungsbereich des § 13 VOB/B hier schon nicht eröffnet ist.

Vor der Abnahme kommen wegen mangelhafter Leistung bei Vereinbarung der VOB/B Erfüllungsansprüche nach § 4 Abs. 6 und Abs. 7 VOB/B in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 06.05.1968, VII ZR 33/66; Ingenstau/Korbion, § 13 VOB/B Rn. 29), die hier jedoch nicht geltend gemacht werden. Ein Anspruch nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 7 S. 3 VOB/B setzt – neben einer Fristsetzung nach § 4 Abs. 7 S. 3 VOB/B – eine Kündigung des Vertrages voraus, die hier nicht ersichtlich ist.

b)

Ungeachtet dessen setzt die Geltendmachung des auf § 13 Abs. 7 VOB/B gestützten Schadenersatzanspruches – für einen Anspruch aus §§ 8 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 7 S. 3 VOB/B würde nicht anderes gelten – eine vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung nach § 13 Abs. 5 VOB/B voraus. Denn Voraussetzung eines Schadenersatzanspruches nach § 13 Abs. 7 VOB/B ist, dass die Schäden auch durch eine Nacherfüllung nicht behoben werden können (vgl. BGH, Urteil v. 16.10.1984, X ZR 86/83, Rn. 11, juris; Ingenstau/Korbion, § 13 Abs. 7 VOB/B Rn. 26 f.). Soweit Schaden und Mangel identisch sind oder der Schaden sich direkt aus einem Mangel ergibt, der noch beseitigt werden könnte, geht die insoweit speziellere Regel des § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B vor, wonach der Auftraggeber einen Kostenvorschuss- oder Erstattungsanspruch erst geltend machen kann, nachdem der dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hat. Andernfalls könnten Ansprüche nach § 13 Abs. 5 VOB/B, die eine vorherige Fristsetzung zur Mängelbeseitigung voraussetzen, ohne eine solche Fristsetzung direkt aus § 13 Abs. 7 VOB/B hergeleitet werden. So liegt der Fall auch hier, weil die Klägerin ihren Schadenersatzanspruch unmittelbar aus den behaupteten Mängeln der Werkleistung herleitet. Eine – grundsätzlich noch mögliche Mängelbeseitigung – würde dem Schadenersatzanspruch hier die Grundlage entziehen.

aa)

Dass eine solche Fristsetzung nach § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B gegenüber der Beklagten erfolgt wäre, trägt die Klägerin nicht vor und ist auch sonst nicht ersichtlich. Eigene Schreiben der Klägerin an die Beklagte, die inhaltlich über die Weiterleitung der vom Dipl.-Ing. W… an die Klägerin gerichteten Schreiben hinausgehen, sind nicht ersichtlich. Die (an die Klägerin weitergeleiteten) Schreiben des Dipl.-Ing W… vom 18.04.2011 und vom 25.05.2011 enthalten zwar Mangelanzeigen, jedoch keine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung. Erst das Schreiben des Dipl.-Ing. W… vom 12.07.2011 enthält eine Frist. Jedoch wird in dem Schreiben ausdrücklich lediglich eine Ausführungsfrist nach § 5 Abs. 4 VOB/B gesetzt. Eine Auslegung des Schreibens als Fristsetzung nach § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Arbeiten der Beklagten jedenfalls zum Zeitpunkt des Schreibens noch nicht abgeschlossen waren und damit sowohl die Abnahmereife als auch die Abnahme selbst (einschließlich Abnahmesurrogat) ausgeschlossen werden können. Wie bereits oben dargelegt kommen Rechte aus § 13 VOB/B vor Abnahme nicht in Betracht, so dass eine vor der Abnahme erklärte Fristsetzung nicht als solche nach § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B ausgelegt werden kann. Im Übrigen ist das Schreiben vom 12.07.2011 an die Klägerin und nicht an die Beklagte gerichtet und wurde nach dem Sachvortrag der Klägerin an die Beklagte lediglich weitergeleitet. Die kommentarlose Weiterleitung von Mängelrügen Dritter ist jedoch nicht ausreichend, wenn sich daraus nicht auch eine Beanstandung und Nacherfüllungsaufforderung durch den Auftraggeber selbst ergibt (vgl. Ingenstau/Korbion, § 13 Abs. 5 VOB/B, Rn. 59 a.E.). Weitere Erklärungen der Klägerin an die Beklagte, die als Nacherfüllungsverlangen ausgelegt werden könnten, sind nicht ersichtlich.

bb)

Eine Fristsetzung nach § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B gegenüber der Beklagten war auch nicht deshalb entbehrlich, weil diese eine Erfüllung endgültig und ernsthaft verweigert hätte. Sofern die Beklagte im Schreiben vom 20.04.2011 den Vorwurf zurückgewiesen hat, die Risssanierung nicht regelgerecht durchgeführt zu haben, hat sie ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Mängelbeseitigung durch die Bitte um einen Vor-Ort-Termin zur Ermittlung der Schadensursache zum Ausdruck gebracht. Auch im Schreiben vom 20.05.2011 hat die Beklagte erklärt, sich einer möglichen Gewährleistung nicht zu verschließen, falls aufgetretene Schäden durch ihre Arbeiten verursacht worden seien. In ähnlicher Weise hat die Beklagte schließlich im Schreiben vom 14.07.2011 ihre Bereitschaft mitgeteilt, die Beanstandungen vor Ort zu prüfen. Die fehlende Bereitschaft, neu entstandene Risse aus früheren – von anderen Unternehmen durchgeführten – Sanierungen als Gewährleistung zu beseitigen, ist nicht als Erfüllungsverweigerung zu würdigen, weil die Beklagte zu solchen Leistungen vertraglich nicht verpflichtet war.

3.

Schließlich ist nicht ersichtlich, dass der im Rahmen des Vergleichs an die Hauptauftraggeber gezahlte Betrag kausal und zurechenbar auf mangelhafte Leistungen der Beklagten zurückzuführen ist. Zwar trägt die Klägerin vor, dass sie im Vorprozess auf Zahlung von Kostenvorschuss zur Beseitigung der streitgegenständlichen Mängel in Anspruch genommen wurde. Offen ist jedoch geblieben, ob – neben den behaupteten Mängeln selbst – die weiteren Voraussetzungen des § 13 Abs. 5 VOB/B, insbesondere die Abnahme und die Fristsetzung zur Nacherfüllung, auch im Verhältnis zwischen den Hauptauftraggeber und der Klägerin vorgelegen haben. Zudem trägt die Klägerin nichts dazu vor, wie sich die Höhe der im Vorprozess strittigen Summen als Vorschussanspruch errechnet. Allein die Tatsache, dass sich die Klägerin im Vorprozess mit einem höheren Betrag verglichen hat, vermag Feststellungen zur (schadensausfüllenden) Kausalität und Zurechenbarkeit eines Schadens nicht zu ersetzten, zumal die Beklagten die Ansicht vertreten haben, die Klägerin habe sich ohne Not in den Vergleich begeben.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.