Oberlandesgericht Düsseldorf
Datum: 25.05.2022
Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper: Vergabesenat
Entscheidungsart: Beschluss
Aktenzeichen: Verg 33/21
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 02.06.2021 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), sie hält eine Aufteilung in zwei Fachlose in diesem Vergabeverfahren für erforderlich, eines für Rechtsberatung und eines für die kaufmännische Vergabeberatung.
Die Antragstellerin ist eine Rechtsanwaltsgesellschaft. Die Antragsgegnerin schrieb mit Bekanntmachung vom 19.03.2021 im offenen Verfahren den Abschluss einer Rahmenvereinbarung zur Unterstützung bei der Durchführung von Vergabeverfahren in Bonn und Berlin, Referenznummer VOEK 052-21 aus (Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, Bekanntmachungsnummer 2021/S 055-137878, vgl. Anlage AST 2). Es war eine Laufzeit der Rahmenvereinbarung von zwei Jahren vorgesehen, beginnend am 01.06.2021 und endend zum 31.05.2023 mit einer zweimaligen Verlängerungsmöglichkeit von jeweils einem Jahr (vgl. Ziff. II.2.7 der Bekanntmachung). Schlusstermin für die Abgabe von Angeboten war der 19.04.2021 (Ziff. IV.2.2) der Bekanntmachung). Einige Monate zuvor hatte die Antragsgegnerin unter dem Aktenzeichen VOEK 066.21 rechtsanwaltliche Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Beschaffung von IT/Sonderbedarfsleistungen, Leistungen für infrastrukturelles Gebäudemanagement (IGM) und technisches Gebäudemanagement (TGM), Natur- und Landschaftsleistungen, Energie-, Ver- und Entsorgungsleistungen und sonstige Leistungen (Los 1) sowie rechtsanwaltliche Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Beschaffung von Bau- und Baunebenleistungen (Los 2) ausgeschrieben (vgl. Anlage AG 1 Vergabekammerverfahren), die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.
In der Bekanntmachung der verfahrensgegenständlichen Vergabe heißt es unter Ziff. II.1.4:
„Kurze Beschreibung:
Weitgehend selbständige Vorbereitung und Durchführung von nationalen sowie europaweiten Ausschreibungen für verschiedene Leistungsgegenstände, insbesondere Unterhalts- und Glasreinigung, Grün- und Graupflege, Winterdienst und Hausmeisterdienstleistungen. … .“
Unter Ziff. II.2.4 heißt es weiter:
„Beschreibung der Beschaffung:
Die Auftragnehmerin unterstützt die Auftraggeberin bei der Durchführung von nationalen sowie europaweiten Ausschreibungen für verschiedene Leistungsgegenstände, insbesondere Unterhalts- und Glasreinigung, Grün- und Graupflege,
…
Zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Rahmenvereinbarung muss die Auftragnehmerin über langjährige Erfahrung in der Ausschreibung von öffentlichen Aufträgen im Ober- und Unterschwellenbereich verfügen, sowie über eingehende Kenntnisse der einschlägigen vergaberechtlichen Regelungen (insbesondere GWB 4. Teil, VgV, UVgO, VOL/B).
Die Verfahren sind von der Auftragnehmerin weitgehend selbständig zu bearbeiten. Die von der Auftraggeberin zu treffenden Wertungsentscheidungen sind von der Auftragnehmerin vorzubereiten. …“
Diese Beschreibung der Beschaffung findet sich ebenfalls in der Angebotsaufforderung vom 15.03.2021 sowie in der „Leistungsbeschreibung zur Rahmenvereinbarung über Leistungen zur Unterstützung bei der Durchführung von Vergabeverfahren“, der Anlage 1 der Rahmenvereinbarung, unter dem Punkt „Ziel des Rahmenvertrages“ (Anlage AST 1). In der Leistungsbeschreibung heißt es unter dem Punkt „Leistungsumfang“ zudem wie folgt:
„Der Auftragnehmer unterstützt VOEK 2 und VOEK 3/4 bei der Durchführung von Vergabeverfahren. Die Verfahren sind von der Auftragnehmerin weitgehend selbständig zu bearbeiten und die von der Auftraggeberin zu treffenden Wertungsentscheidungen vorzubereiten.
…
Die Unterstützung umfasst die gesamte Durchführung des Vergabeverfahrens, mit Ausnahme der Wertungsentscheidungen und beinhaltet, sofern im jeweiligen Auftragsformular (..) nichts Abweichendes vereinbart wird, folgende Einzelleistungen:
Themenkomplex I
Vorbereitungsphase
1. Stichprobenartige Überprüfung der vom Vergabesachbearbeiter übersandten Vertragsunterlagen auf Vollständigkeit und Übereinstimmung mit Musterunterlagen, sofern solche vorhanden sind (Beispiel: Musterunterlagen zur Unterhaltsreinigung – Anlage 1a).
2. Schlüssigkeitsprüfung der Vertragsunterlagen, insbesondere die Widerspruchsfreiheit von Vertrag, Leistungsbeschreibung und Preisblatt.
3. Vollständigkeits- und Schlüssigkeitsprüfung der verfahrensbegleitenden Unterlagen.
…
8. Erstellung des Vergabevermerks I auf vorgegebenem Muster (Begründung zur Vergabeart, Losbildung, Eignungs- und Zuschlagskriterien, besondere Sicherheitsanforderungen usw.).
Durchführungsphase
12. Beantwortung von Bieterfragen bei vergaberechtlichem Bezug – Weitergabe von Bieterfragen mit fachlichem Bezug an den operativen Einkauf und Rückgabe der Antworten an die Verdingungsstelle.
13. Auswertung der von der Verdingungsstelle übersandten Angebote auf der 1. und 2. Wertungsstufe (formale Prüfung + Eignungsprüfung).
14. Bei zuschlagsrelevanten Angeboten Prüfung anhand der internen Aufgreifschwelle, ob Preis auffallend niedrig erscheint.
15. Wenn Ziff. 14 bejaht, nach gesonderter Beauftragung von Themenkomplex II, Eintritt in die weitere Auskömmlichkeitsprüfung in Abstimmung mit VOEK 3/4 und der Vergabestelle (s. u. Themenkomplex II).
16. Püfung auf Angemessenheit des Preises anhand der Auftragswertschätzung, ggf. unter Beteiligung der VOEK 3/4.
17. Aufklärungsschreiben im Entwurf fertigen, unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Prüfung gemäß Ziff. 13 bis 15.
18. Referenzen der für den Zuschlag in Frage kommenden Bieter telefonisch oder schriftlich abfragen und Protokoll über die Referenzabfrage fertigen.
19. Abstimmung des Wertungsergebnisses mit VOEK 3/4 und der Vergabestelle.
20. Sukzessive Dokumentation der gesamten Angebotsprüfung in Auswertungsmatrix.
21. Auswertungsvermerk im Entwurf fertigen und an Vergabestelle.
22. Info-Schreiben, Zuschlagsschreiben und Absageschreiben im Entwurf fertigen.
…
Phasenübergreifend:
Fortlaufende Dokumentation des Vergabeprozesses in Vergabevermerk I und Auswertungsvermerk. Führung einer vollständigen und fortlaufend aktualisierten Vergabeakte in elektronischer Form und in Papierform.
Themenkomplex II:
…
2.b) Prüfung der angegebenen Stundenverrechnungssätze, insb.:
Auf eine Bieteranfrage vom 18.03.2021, ob es sich angesichts der Ziff. II.2.4 der Auftragsbekanntmachung um eine Rechtsdienstleistung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes handle, hat die Antragsgegnerin wir folgt geantwortet:
„Es handelt sich nicht um Rechtsberatungsleistungen. Der Schwerpunkt liegt in der technischen Abwicklung des Vergabeverfahrens. Die Verfahrensregelungen ergeben sich aus dem nationalen und europäischen Vergaberecht. Dass der Schwerpunkt der Tätigkeit eindeutig in der Verfahrensdurchführung liegt, ergibt sich aus der Leistungsbeschreibung und der Zielrichtung des zu erstellenden Konzepts. Eine Rechtsberatung wird von dem Dienstleister nicht erwartet – die Entscheidungen über die vergaberechtlichen Fragestellungen bleiben wie die Wertungsentscheidungen dem öffentlichen Auftraggeber vorbehalten.“
Unabhängig von der Bekanntmachung des vorliegenden Vergabeverfahrens hatte die Antragstellerin unter dem 04.03.2021 die Rechtsanwaltskammer Sachsen um eine berufsrechtliche Einschätzung gebeten, ob aus ihrer Sicht eine Tätigkeit als externe Kontakt- und Vergabestelle für öffentliche Auftraggeber beziehungsweise die anwaltliche Begleitung von Vergabeverfahren rechtsanwaltliche Tätigkeiten darstellten. Dabei hatte sie im Rahmen ihrer Anfrage gegenüber der Rechtsanwaltskammer Sachsen angegeben, dass zu der Tätigkeit der externen Kontakt- und Vergabestelle vor allem das Vorbereiten und Verhandeln von Verträgen gehöre, die Durchsicht von Aufgabenstellungen und Leistungsbeschreibungen in rechtlicher Hinsicht, die Erstellung von rechtskonformen Formularen sowie die Wertung von Teilnahmeanträgen und Angeboten auf Rechtsfehler. Mit Schreiben vom 22.03.2021 – eingegangen bei der Antragstellerin am 24.03.2021 – teilte die Rechtsanwaltskammer der Antragstellerin mit, dass die von der Antragstellerin geschilderte vergaberechtliche Tätigkeit eine rechtsanwaltliche Tätigkeit darstelle (Anlage AST 3).
Mit Schreiben vom 06.04.2021 (Anlage AST 4) rügte die Antragstellerin neben weiteren behaupteten Vergaberechtsverstößen unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer Sachsen vom 22.03.2021, dass es sich bei wesentlichen Teilen der ausgeschriebenen Leistungen um Rechtsberatungsdienstleistungen handle, welche nach dem RDG nur von Rechtsanwälten erbracht werden dürften und die keinem der gesetzlichen Ausnahmetatbestände des RDGs unterfallen würden. Hierauf weise die Kurzbeschreibung des Auftrags unter Ziff. II.1.4 der Auftragsbekanntmachung hin. Zudem würden von dem Auftragnehmer langjährige Erfahrungen in der Ausschreibung von öffentlichen Aufträgen im Ober- und Unterschwellenbereich verlangt sowie eingehende Kenntnisse der einschlägigen vergaberechtlichen Regelungen. Außerdem werde gefordert, dass die Verfahren von den Auftragnehmern weitgehend selbständig bearbeitet würden einschließlich der Vorbereitung der von der Auftraggeberin zu treffenden Wertungsentscheidung. Rechtsdienstleistungen seien insbesondere im Themenkomplex I der Leistungsbeschreibung unter Ziff. 2, 8, 12 und 13 enthalten sowie im Themenkomplex II unter Ziff. 2.b). Die vorliegende Vergabe verstoße gegen § 97 Abs. 4 GWB i.V.m. § 30 Abs. 1 VgV, indem eine unzulässige Gesamtvergabe vorgenommen werde. Neben Rechtsdienstleitungen, die einen wesentlichen Teil der zu beschaffenden Leistungen ausmachten, enthielte die Vergabe unter Ziff. 2 und 14-17 des Leistungsverzeichnisses spezifisch fachlich-kaufmännische Leistungen.
Mit Schreiben vom 09.04.2021 (Anlage AST 5) teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie der Rüge nicht abhelfe.
Die Antragstellerin hat kein Angebot abgegeben. Sie hat mit Schriftsatz vom 19.04.2021 die Einleitung des vorliegenden Nachprüfungsverfahrens beantragt. Zu dessen Begründung hat sie wiederholt vorgetragen, die ausgeschriebenen Leistungen enthielten Rechtsdienstleistungen im Sinn des § 2 RDG, die nur von Rechtsanwälten erbracht werden dürften, was sich aus den im Leistungsverzeichnis aufgestellten Anforderungen an den Auftragnehmer sowie zum Themenkomplex I aus Ziff. 1-3, 8, 12-14 und 18-22 und zum Themenkomplex II aus Ziff. 2.b) des Leistungsverzeichnisses ergebe. Sie sei aufgrund der unterschiedlichen Kostenstrukturen einer Anwaltskanzlei einerseits und eines reinen Dienstleisters andererseits, der auf die Beratung der öffentlichen Hand im Bereich der Durchführung von Vergabeverfahren in fachlicher Hinsicht spezialisiert sei, nicht in der Lage, ein wettbewerbliches Angebot abzugeben. Ihre Stundensätze unterschieden sich erheblich von denjenigen eines nicht anwaltlichen Dienstleisters. Zudem beinhalte die Leistungsbeschreibung zum Themenkomplex I unter Ziff. 15-17 sowie zum Themenkomplex II unter Ziff. 1, 2 a) und 2 c) fachlich-kaufmännisch determinierte Dienstleistungen, für die sie nicht haftpflichtversichert sei.
Die Antragstellerin hat beantragt,
1. ein Nachprüfungsverfahren gemäß § 160 Abs. 1 GWB in Bezug auf das Vergabeverfahren „Offenes Verfahren (EU-weit) zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung zur Unterstützung bei der Durchführung von Vergabeverfahren in Bonn und Berlin; Referenznummer der Bekanntmachung VOEK 051-21“, bekannt gemacht im EH-ABl. ABl./S S55 19/03/2021 137878-2021_DE vom 19.03.2021, vgl. AST 1, einzuleiten;
2. der Antragsgegnerin zu untersagen, das im Antrag zu 1) bezeichnete Vergabeverfahren auf Grundlage der bisherigen Vergabe- und Vertragsunterlagen durch Zuschlagserteilung abzuschließen;
3. der Antragsgegnerin bei fortbestehender Vergabeabsicht aufzugeben, ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren gemäß dem GWB und gemäß der VgV nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen;
4. das im Antrag zu 1 bezeichnete Verfahren aufzuheben;
hilfsweise:
auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Auftragsbekanntmachung zurückzuversetzen,
äußerst hilfsweise:
dass die Vergabekammer unabhängig vom Haupt- und Hilfsantrag zu 4) auf die Rechtsmäßigkeit des Vergabeverfahrens hinwirkt (vgl. § 168 Abs. 1 S. 2 GWB);
5. der Antragsgegnerin aufzugeben, bei fortbestehender Vergabeabsicht die hier gegenständlichen Leistungen in Form von Rechtsberatungsleistungen einerseits und fachlich-kaufmännischen Dienstleistungen andererseits künftig im Wege der Durchführung von ordnungsgemäßen Vergabeverfahren unter Beachtung des GWB und der VgV in deren jeweils gültigen Fassung zu vergeben.
6. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für erforderlich zu erklären.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
2. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragsgegner für notwendig zu erklären.
Die Antragsgegnerin hat die Ansicht vertreten, der Nachprüfungsantrag sei bereits unzulässig, da die Antragstellerin mit ihrer Rüge nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB präkludiert sei. Die Antragstellerin habe bereits aus dem von ihr eingeholten Schreiben der sächsischen Rechtsanwaltskammer vom 22.03.2021 positive Kenntnis von den behaupteten Vergaberechtsverstößen gehabt, diese aber nicht binnen der zehntätigen Rügefrist gegenüber der Antragsgegnerin gerügt, sondern erst am 06.04.2021. Der Nachprüfungsantrag sei im Hinblick auf das Vorbringen, es handle sich im Wesentlichen um Rechtsdienstleistungen, nicht statthaft, weil für diese besondere Dienstleistung der erhöhte Schwellenwert von 750.000,00 EUR gelte, der nach der Schätzung der Antragsgegnerin nicht erreicht werde. Die Antragstellerin sei zudem nicht nach § 160 Abs. 2 S. 1 GWB antragsbefugt, weil sie sich auf die Verletzung außervergaberechtlicher Vorschriften, nämlich die Verletzung des RDGs berufe. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin die Ausschreibung verteidigt. Sie ist der Ansicht, dass es sich bei den ausgeschriebenen Leistungen nicht um selbständige Rechtsdienstleistungen handle. Die ausgeschriebenen Dienstleistungen seien ausschließlich fachtechnischer und nicht rechtlicher Natur.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 02.06.2021 hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Nachprüfungsantrag sei zwar zulässig. Die Antragstellerin, die kein Angebot abgegeben habe, sei nach § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt, weil sie ein Interesse an dem Auftrag (§ 160 Abs. 2 S. 1 GWB) dargelegt habe und sich lediglich angesichts der aus ihrer Sicht fehlenden Aufteilung in Fachlose an der Abgabe eines wirtschaftlichen Angebotes gehindert gesehen habe, wobei der ihr drohende Schaden in der geltend gemachten fehlenden Zuschlagschance liege (§ 160 Abs. 2 S. 2 GWB). Die Antragstellerin habe die Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB und § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB gewahrt und den Vergabeverstoß rechtzeitig bis zum Termin der Angebotsabgabe am 19.04.2021 gerügt. Eine frühere Kenntnis von dem gerügten Verstoß gegen das Losaufteilungsgebot im Sinne des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB habe die Antragstellerin nicht bereits durch das Schreiben der sächsischen Rechtsanwaltskammer vom 24.03.2021 erlangt, da dieses Schreiben ersichtlich einen von dem streitgegenständlichen Verfahren unabhängig gelagerten abstrakten Sachverhalt betroffen habe. Der Nachprüfungsantrag sei in der Sache unbegründet. Ein Verstoß der Antragsgegnerin gegen § 97 Abs. 4 S. 2 GWB, die Leistungen in unterschiedlichen Fachlosen zu vergeben, habe nicht vorgelegen. Die Antragsgegnerin sei zutreffend davon ausgegangen, dass sie einheitliche beratende beziehungswiese unterstützende Leistungen beschaffe, die das Durchführen von Vergabeverfahren betreffen, ohne Rechtsberatungen beziehungsweise Rechtsdienstleistungen im Sinne des RDG zu beinhalten. Dies ergebe sich aus dem in der Leistungsbeschreibung konkret definiertem Leistungsumfang sowie der Antwort der Antragsgegnerin auf die Bieteranfrage vom 18.03.2021, mit der die Antragsgegnerin ausdrücklich erklärt habe, dass eine Rechtsberatung nicht erwartet werde.
Hiergegen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 15.06.2021 – eingegangen am selben Tag – sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung der sofortigen Beschwerde wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen zur Einordnung der ausgeschriebenen Leistung als Rechtsdienstleistung aufgrund der im Leistungsverzeichnis aufgestellten allgemeinen Anforderungen an den Auftragnehmer. Zudem enthielten insbesondere die zum Themenkomplex I Ziff. 1-3, 8, 12, 13, 17, 20 geschuldeten Leistungen Rechtsdienstleistungen. Sofern eine komplette Vergabebegleitung beschafft werde, seien immer konkrete Subsumtionen und rechtliche Einzelfallprüfungen vorzunehmen, und damit Rechtsdienstleistungen geschuldet. Zudem habe die Vergabekammer die Rechtsauffassung der sächsischen Rechtsanwaltskammer nicht beachtet.
Die Antragstellerin beantragt,
1. den Beschluss der Vergabekammer des Bundes vom 02.06.2021 insoweit aufzuheben, als der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen wurde – Nr. 1 des Tenors des Beschlusses vom 02.06.2021;
2. der Antragsgegnerin es zu untersagen, das Vergabeverfahren „Offenes Verfahren (EU-weit) zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung zur Unterstützung bei der Durchführung von Vergabeverfahren in Bonn und Berlin, Referenznummer der Bekanntmachung: VOEK 052-21, auf Grundlage der bisherigen Ausschreibung durch Zuschlagserteilung abzuschließen;
3. der Antragsgegnerin bei fortbestehender Vergabeabsicht aufzugeben, ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren gemäß dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und gemäß der Vergabeordnung nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Beschwerdesenats durchzuführen;
4. das im Antrag zu 2) bezeichnete Vergabeverfahren aufzuheben,
hilfsweise:
auf den Zeitpunkt vor Veröffentlichung der Auftragsbekanntmachung zurückzuversetzen,
äußerst hilfsweise:
dass der Beschwerdesenat unabhängig vom Haupt- und Hilfsantrag zu 4) auf die Rechtsmäßigkeit des Vergabeverfahrens hinwirkt (vgl. § 168 Abs. 1 S. 2 GWB);
5. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin gemäß § 182 GWB für notwendig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin wiederholt und vertieft ihren Vortrag zu der aus ihrer Sicht bestehenden Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags. Sie verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer in der Sache.
II.
Die nach §§ 171, 172 GWB zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag vom 19.04.2021 zu Recht zurückgewiesen.
1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist insgesamt zulässig.
a. Die Antragstellerin ist antragsbefugt nach § 160 Abs. 2 GWB.
aa. Die Antragstellerin hat nach § 160 Abs. 2 S. 1 GWB ein Interesse an dem Auftrag, obwohl sie kein Angebot abgegeben hat. Das Interesse an einem Auftrag kann auch ohne Angebotsabgabe bestehen, wenn ein Unternehmen – wie vorliegend – deshalb kein Angebot abgegeben hat, weil es sich durch angeblich diskriminierende Spezifikationen in den Ausschreibungsunterlagen oder im Pflichtenheft gerade daran gehindert gesehen hat, die ausgeschriebene Gesamtleistung zu erbringen (EuGH, Urt. v. 12.02.2004 – C-230/02 – Grossmann Air Service, NZBau 2004, 221 Rn 28). Das Interesse am Auftrag ist weit auszulegen (BVerfG, Beschl. v. 29.07.2004 – 2 BvR 2248/03). Die Antragstellerin hat vorliegend vorgetragen, dass sie sich an der Abgabe eines wirtschaftlichen Angebotes gehindert gesehen habe aufgrund der bei ihr als Anwaltskanzlei bestehenden höheren Kostenstruktur im Vergleich zu einem nichtanwaltlichen Dienstleister. Zudem sei sie für die fachlich-kaufmännisch determinierten Dienstleistungen nicht haftpflichtversichert und könne eine solche auch nicht erlangen. Lediglich größere Anwaltskanzleien würden mit der vorliegenden Dienstleistung vergleichbare Leistungen anbieten. Damit hat die Antragstellerin unter Berücksichtigung des dargestellten weiten Auslegungsmaßstabes dargetan, dass sie sich durch angeblich diskriminierende Spezifikationen in der Ausschreibung daran gehindert gesehen habe, die ausgeschriebene Gesamtleistung zu erbringen. Die dargestellten Umstände gehen über das bloße Unvermögen hinaus, ein wirtschaftliches Angebot abgeben zu könne. Das gilt unabhängig von der Frage, ob und zu welchen Bedingungen die Möglichkeit des Abschlusses einer Haftpflichtversicherung für die Antragstellerin bestand, und unabhängig von dem Umstand, dass größere Rechtsanwaltkanzleien zum Teil vergleichbare Leistungen anbieten.
bb. Die Antragstellerin macht die Verletzung von Vergaberechtsvorschriften geltend nach § 160 Abs. 2 S. 1 GWB, nämlich einen Verstoß gegen § 97 Abs. 4 S. 2 GWB. Eine Verletzung außervergaberechtlicher Normen ist im Vergabenachprüfungsverfahren grundsätzlich nicht zu überprüfen. Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens können nach § 160 Abs. 2 S. 1 GWB nur solche Beanstandungen sein, mit denen behauptet wird, der öffentliche Auftraggeber habe „in einem Vergabeverfahren“ (§ 156 Abs. 2 GWB) gegen Bestimmungen über das Vergabeverfahren“ (§ 97 Abs. 6 GWB) verstoßen und den Antragsteller durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften in seinen Rechten verletzt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.08.2009 – VII Verg 06/02, NZBau 2002, 583). Jedoch können Verletzungen außervergaberechtlicher Vorschriften bei Vorliegen einer vergaberechtlichen Anknüpfungsnorm (oder Brückennorm) im Nachprüfungsverfahren entscheidungsrelevant werden (vgl. BGH, Beschl. v. 18.06.2012 – X ZB 9/11, NZBau 2012, 586; Dicks, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., § 160 GWB Rn 21 m.w.N.). So ist es vorliegend. Die Antragstellerin rügt, dass die Antragsgegnerin es vergaberechtswidrig unter Verstoß gegen § 97 Abs. 4 S. 2 GWB unterlassen habe, die mit Blick auf § 2 RDG gebotenen Fachlose für die aus ihrer Sicht ausgeschriebenen Rechtsdienstleistungen in Abgrenzung zu den Fachlosen für die fachlich-kaufmännisch determinierten Dienstleistungen zu bilden.
cc. Der aus der behaupteten Verletzung der Vergabevorschriften drohende Schaden der Antragstellerin liegt in den fehlenden Zuschlagschancen, begründet durch den Umstand, dass sie sich durch die Spezifikationen in der Ausschreibung gehindert gesehen hat, ein Angebot abzugeben. An die Darlegung des entstandenenoder drohenden Schadens i.S. des § 160 Abs. 2 S. 2 GWB werden keine sehr hohen Anforderungen gestellt. Es wird vielmehr als ausreichend angesehen, dass ein Schadenseintritt nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (BVerfG, Beschl. v. 29.07.2004 – 2 BvR 2248/03).
b. Der Nachprüfungsantrag ist auch nicht wegen einer Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 oder 3 GWB unzulässig.
Die mit Schreiben vom 06.04.2021 erhobene Rüge erfolgte vor dem Termin zur Angebotsabgabe vom 19.04.2021 und damit innerhalb der Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB. Die Rüge ist auch unter Beachtung der Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB erhoben worden, wonach ein vor Einreichung des Nachprüfungsantrags erkannter Verstoß gegen Vergabevorschriften innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt werden muss. Zutreffend hat die Vergabekammer im Rahmen ihrer angefochtenen Entscheidung angenommen, dass das Schreiben der sächsischen Rechtsanwaltskammer lediglich abstrakte Fragestellungen betraf und sich nicht auf die konkrete Ausschreibung bezog, so dass sich aus diesem Schreiben mithin noch keine zwingenden Anhaltspunkte für die streitgegenständlichen Vergaberechtsverstöße ergeben haben. Die allgemein gehaltene berufliche Anfrage der Antragstellerin an die Rechtsanwaltskammer datierte vom 04.03.2021 und lag damit deutlich vor der Vergabebekanntmachung im hiesigen Verfahren vom 19.03.2021.
Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass die Antragstellerin mit Erhalt des Informationsschreibens der sächsischen Rechtsanwaltskammer vom 22.03.2021 am 24.03.2021 die Vergaberechtsverstöße im Sinne des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB erkannt habe, hätte sie die Rügefrist von zehn Kalendertagen gewahrt. Der Tag der Kenntnisnahme, der 24.03.2021, wird als fristauslösendes Ereignis gemäß § 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB nicht mitgezählt (vgl. Byok, in: Byok/Jaeger, Vergaberecht, 4. Aufl., § 160 GWB Rn. 79; Hofmann, in: Müller-Wrede, GWB, § 160 Rn. 66). Das Ende der Frist von zehn Kalendertagen gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB fiele dann auf Samstag, den 03.04.2021. Fällt das Fristende auf einen Samstag, so verlängert sich die Frist gemäß § 31 Abs. 3 S. 1 VwVfG bzw. § 193 BGB bis auf den nächsten Werktag (so Byok, in: Byok/Jaeger, Vergaberecht, 4. Aufl., § 160 GWB Rn. 79; Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 6. Aufl., § 160 GWB Rn. 80; Hofmann, in: Müller-Wrede, GWB, § 160 Rn. 66; a.A. aber Dicks, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., § 160 GWB Rn. 47b), weil mit der Rüge spätestens am letzten Tag der Frist eine Handlung vorzunehmen ist. Dieser nächste Werktag war wegen des Ostermontags (05.04.2021) der 06.04.2021. Von diesem Tag datiert das Rügeschreiben der Antragstellerin (Anlage Ast 4).
c. Soweit die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren einwendet, der Nachprüfungsantrag sei im Hinblick auf das Vorbringen, es handle sich um Rechtsdienstleistungen nicht statthaft, weil der für diese besonderen Dienstleistungen geltende erhöhte Schwellenwert von 750.000,00 EUR nach der Schätzung der Antragsgegnerin nicht erreicht sei, berührt dies jedenfalls die Statthaftigkeit des streitgegenständlichen Nachprüfungsantrags nicht, da sich die Antragstellerin vorliegend gerade gegen ein nicht als Rechtsdienstleistung ausgeschriebenes Verfahren wendet.
2. Der Nachprüfungsantrag ist aber unbegründet. Die Vergabekammer des Bundes hat mit dem angefochtenen Beschluss den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vergaberechtsfehlerfrei zurückgewiesen (Beschwerdeantrag zu 1). Die Antragstellerin hat weder einen dahingehenden Anspruch, dass der Antragsgegnerin auf der Grundlage der bisherigen Ausschreibungsunterlagen untersagt wird, die Zuschlagserteilung abzuschließen (Beschwerdeantrag zu 2), noch einen Anspruch, dass der Antragsgegnerin bei fortbestehender Vergabeabsicht aufgegeben wird, ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren durchzuführen (Antrag zu 3). Das Vergabeverfahren ist weder aufzuheben (Antrag zu 4), noch auf den Zeitpunkt vor Veröffentlichung zurückzuversetzen (Hilfsantrag zu 4). Letztlich besteht auch kein dahingehender allgemeiner Anspruch, dass der Beschwerdesenat auf ein rechtmäßiges Vergabeverfahren hinwirkt (Hilfs-Hilfsantrag zu 4).
Ein Vergabefehler liegt in der streitgegenständlichen Ausschreibung nicht vor. Insbesondere verstößt die Antragsgegnerin nicht gegen das in § 97 Abs. 4 S. 2 GWB normierte Gebot, Leistungen in Fachlosen getrennt nach Art und Fachgebiet auszuschreiben.
a. Im Ansatz steht es jeder Vergabestelle frei, die auszuschreibende Leistung nach ihren individuellen Vorstellungen zu bestimmen und nur in dieser Gestalt dem Wettbewerb zu öffnen. Sie befindet deshalb grundsätzlich allein darüber, welchen Umfang die zu vergebende Leistung im Einzelnen haben soll und ob mehrere Leistungsuntereinheiten gebildet werden, die gesondert zu vergeben und vertraglich abzuwickeln sind. Allerdings hat nach § 97 Abs. 4 S. 1 und 2 GWB eine Fachlosvergabe im Sinne eines an den öffentlichen Auftraggeber gerichteten bieterschützenden und justiziablen vergaberechtlichen Gebots die Regel zu sein. Im Rahmen der dem Auftraggeber obliegenden Entscheidung bedarf es einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Belange, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen (Senat Beschl. v. 24.04.2019 – VII-Verg 57/18; Beschl. v. 01.06.2016 –VII-Verg 6/16, BeckRS 2016, 13257 Rn. 34; Beschl. v. 25.11.2009 –VII-Verg 27/09, BeckRS 2010, 2863; OLG München, Beschl. v. 25.03.2019 – Verg 10/18, NZBau 2019, 538). Kann die benötigte Leistung auch in Form einer Fachlosvergabe erbracht werden, ist zu prüfen, ob von einer losweisen Vergabe ausnahmsweise abgesehen werden kann, etwa weil wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern (Senat, Beschl. v. 16.10.2019 – VII Verg 66/18, NZBau 2020, 184 Rn 50; OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.11.2008 – Verg W 15/18, NZBau 2009, 337; OLG Jena, Beschl. v. 06.06.2007 – 9 Verg 3/07 NZBau 2007, 730).
b. Vorliegend hätten die zu erbringenden Leistungen dem Grunde nach Gegenstand zweier Fachlose sein können, da sie zum einen reine fachtechnische Unterstützungsleistungen bei der Durchführung von Vergabeverfahren auf Sachbearbeiterebene und zum anderen Rechtsdienstleistungen im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die eine juristische Rechtsprüfung im Einzelfall erfordern, beinhalten.
aa. Der Bereich der Beschaffungsdienstleistung kann gegenüber dem Bereich der Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 RDG als eigenständiges Fachlos eingeordnet werden. Ob ein Teilausschnitt einer Tätigkeit als Fachlos aufzufassen ist, bestimmt sich zunächst nach den gewerberechtlichen Vorschriften und der allgemein oder regional üblichen Abgrenzung. Dabei ist auch von Belang, ob sich für spezielle Leistungen ein eigener Markt herausgebildet hat, an dem der Auftraggeber mit Aussicht auf Erfolg die Leistung beschaffen kann (Senat, Beschl. v. 01.06.2016 – VII Verg 6/16, BeckRS 2016, 13257, Rn 36; Senat, Beschl. v. 23.03.2011 – Verg 63/10, NZBau 2011, 369; Knauff, in: MünchKomm Wettbewerbsrecht, 4. Aufl., § 97 GWB Rn 247). Vorliegend gibt es den Markt der rechtsanwaltlichen Beratungs- und Unterstützungsleistung bei der Durchführung von Vergabeverfahren, wie auch das zuvor von der Antragsgegnerin durchgeführten Vergabeverfahren betreffend vergaberechtliche rechtsanwaltliche Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Beschaffung von IT sowie Bau- und Baunebenleistungen (VOEK 066.21) belegt. Daneben gibt es aber auch den Markt der reinen fachtechnischen Unterstützung der Beschaffungstätigkeiten öffentlicher Auftraggeber (vgl. auch Art. 2 Abs. 1 Ziff. 17 der Richtlinie 2014/24/EU). In diesem Bereich ist keine rechtsanwaltliche Beratungsleistungen erforderlich und die Leistungen werden von reinen Beschaffungsdienstleistern erbracht. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie die vorliegend ausgeschriebenen Leistungen als solche rein wirtschaftlich technische Tätigkeiten betreffend und nicht als rechtsanwaltliche Tätigkeiten bewertet habe.
bb. Die seitens der Antragsgegnerin ausgeschriebenen Leistungen beinhalteten vorliegend neben den reinen Beschaffungsdienstleistungen zum Teil auch Rechtsdienstleistungen im Sinne des § 2 RDG.
(1) Grundsätzlich ist nach § 2 Abs. 1 RDG jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten eine Rechtsdienstleistung, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RDG erfasst jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht. Ob es sich um eine einfache oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist unerheblich. Die Norm erfasst ausnahmslos alle Tätigkeiten in konkreten fremden Angelegenheiten, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordern, unabhängig davon, wie intensiv oder schwierig diese Prüfung ist (BGH, Urt. v. 14.01.2016 – I ZR 107/14, NJW-RR 2016, 1056). Diese weite Auslegung des Tatbestandsmerkmales der Rechtsdienstleistung, die nicht zwischen einfachem und schwierigem Rechtsrat unterscheidet, ergibt sich aus dem Gesetzgebungsprozess, wo in einem ersten Gesetzesentwurf noch eine „besondere rechtliche Prüfung des Einzelfalls“ vorgesehen war, das Wort „besonders“ im Laufe des Prozesses jedoch gestrichen wurde. Zudem entspricht dies dem Zweck des § 2 RDG. In diesem Zusammenhang ist wesentlich, dass das Rechtsdienstleistungsgesetz einen weiten Bereich dessen, was nach dem zuvor geltenden, verfassungskonform eingeschränkten Recht schon nicht in den Anwendungsbereich des Rechtsberatungsgesetzes fiel, erfassen und in den für zulässige Nebenleistungen geschaffenen Erlaubnistatbestand des § 5 Abs. 1 RDG überführen soll. Erst innerhalb dieses Erlaubnistatbestands soll unter Berücksichtigung der Schutzzwecke des Rechtsdienstleistungsgesetzes entschieden werden, ob eine Tätigkeit als Nebenleistung zulässig ist oder ob sie als darüberhinausgehende Leistung nicht oder nur durch oder in Zusammenarbeit mit einer Person erbracht werden darf, die diese Rechtsdienstleistung als Hauptleistung erbringen dürfte (Begr. des Regierungsentwurfs zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drs. 16/3655, 51 f.). Der danach mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz verfolgte Kontrollzweck kann nicht durch eine einengende Auslegung des Begriffs der Rechtsdienstleistung erreicht werden (BGH, Urt. v. 14.01.2016 – I ZR 107/14, NJW-RR 2016, 1056).
(2) Für die Beurteilung der Frage, ob Rechtsdienstleistungen im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG ausgeschrieben wurden, ist darauf abzustellen, was der öffentliche Auftraggeber nach seinen Ausschreibungsunterlagen nachgefragt hat, anhand der Leistungsbeschreibung einschließlich der anderen Vergabeunterlagen. Für die Auslegung von Vergabeunterlagen ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist. Maßgeblich ist nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung versteht (BGH, Urt. v. 28.02.2002 – VII ZR 376/00, NZBau 2002, 324; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2016 – 15 Verg 1/16, NZBau 2016, 449 jeweils m.w.N.). Dabei ist nicht auf die Gesamttätigkeit des Dienstleisters abzustellen, sondern jede einzelne Tätigkeit des Beschaffungsdienstleisters im Vergabeverfahren gesondert zu prüfen, ob sie als Rechtsdienstleistung zu qualifizieren ist oder nicht (vgl. so auch Goldbrunner, VergabeR 2021, 651; Stoye/Kopco, NZBau 2022, 74).
(3) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe handelt es sich bei den im Beschwerdeverfahren noch streitgegenständlichen Leistungspositionen „Erstellung Vergabevermerk“ (Themenkomplex I, Vorbereitungsphase Ziff. 8), „Beantwortung von Bieteranfragen“ (Themenkomplex I, Durchführungsphase Ziff. 12), „Auswertung der Angebote“ (Themenkomplex I, Durchführungsphase Ziff. 13, Prüfung auf Stufe 1 und 2) und Fertigung des Aufklärungsschreibens im Entwurf (Themenkomplex I, Durchführungsphase Ziff. 17) um Rechtsdienstleistungen im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG, bei denen eine rechtliche Prüfung eines Einzelfalls erforderlich wird.
(a) Die Erstellung des Vergabevermerks (Themenkomplex I, Vorbereitungsphase Ziff. 8, Vergabevermerk) stellt eine Rechtsdienstleistung im Sinne des RDGs dar, soweit die Ermittlung der Vergabeart sowie die Fragen der Losaufteilung betroffen sind. Beides erfordert eine konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter rechtliche Bestimmungen. Soweit die Darlegung der Zusammensetzung und Gewichtung der Zuschlags- und Eignungskriterien gefordert wird, stellt dies keine Rechtsdienstleistung dar, da die Anforderungen an die Eignungskriterien nach dem unwidersprochenem Vortrag der Antragsgegnerin für die von ihr ausgeschriebenen Dienstleistungen von ihr vorgegeben und ohne spezifische Begründung oder Verhältnismäßigkeitsprüfung lediglich in den Vergabevermerk zu übernehmen sind.
(b) Auch die Beantwortung von Bieterfragen bei vergaberechtlichem Bezug (Themenkomplex I, Durchführungsphase Ziff. 12, Bieterfragen) stellt eine selbständige Rechtsdienstleistung im Sinne der § 2 Abs. 1, § 3 RDG dar. Nicht alle Bieterfragen lassen sich ohne weiteres schematisch beantworten, sondern bedürfen in Teilen auch einer rechtlichen Einzelfallprüfung im Sinne einer konkreten Subsumtion des Sachverhalts unter die maßgeblichen Bestimmungen.
(c) Gleiches gilt für die Auswertung der von der Verdingungsstelle übersandten Angebote auf der 1. und 2. Wertungsstufe – formale Prüfung + Eignungsprüfung – (Themenkomplex I, Durchführungsphase Ziff. 13, Prüfung auf Stufe 1 und 2). Auch wenn die unter Ziff. 13 der Leistungsbeschreibung geforderte Prüfung der Angebote formal anhand der Vergabeunterlagen erfolgt und die Eignungsprüfung anhand der vorgegebenen Eignungskriterien vorgenommen wird, sind Rechtsprüfungen im Sinne des RDG erforderlich, bezüglich der Fragen, wie ein Angebot mit widersprüchlichen Angaben zu behandeln ist, oder welcher Maßstab an die Vergleichbarkeit von Referenzen anzulegen ist und ob es sich bei fehlenden Unterlagen um solche im Sinne der Nachforderungsvorschriften handelt (vgl. auch Goldbrunner, VergabeR 2021, 651).
(d) Schließlich beinhaltet auch die Fertigung des Aufklärungsschreibens im Entwurf (Themenkomplex I, Durchführungsphase Ziff. 17, Aufklärungsschreiben im Entwurf fertigen) eine Rechtsdienstleistung, im Sinne der Notwendigkeit der Subsumtion eines konkreten Sachverhaltes, da in dem zu fertigenden Aufklärungsschreiben die Ergebnisse der Prüfungen gemäß Leistungspositionen 13-15 zu prüfen und wiederzugeben sind.
(e) Die stichprobenartige Überprüfung der vom Vergabesachbearbeiter übersandten Vertragsunterlagen auf Vollständigkeit und Übereinstimmung mit Musterunterlagen (Themenkomplex I, Vorbereitungsphase Ziff. 1-3) stellt hingegen keine Rechtsdienstleistung dar, sondern fordert lediglich einen formalen Abgleich der Unterlagen. Die Prüfpflicht ist auf eine stichprobenartige Überprüfung der Vollständigkeit sowie auf die Überprüfung der Übereinstimmung mit Musterunterlagen geschränkt, was einen schematischen Abgleich erfordert, nicht eine inhaltliche Prüfung, uumal eine lediglich stichprobenartige Prüfung eine inhaltlich rechtliche Überprüfung an sich ausschließt. Gleiches gilt für die Schlüssigkeitsprüfung der Vertragsunterlagen (Ziff. 2 Leistungsverzeichnis). Hier soll ausweislich der Leistungsbeschreibung insbesondere die Widerspruchsfreiheit von Vertrag, Leistungsbeschreibung und Preisblatt überprüft werden. Es wird mithin ein Abgleich der überreichten Unterlagen auf ihre Stimmigkeit gefordert, nicht jedoch eine eigenständige rechtliche Überprüfung der Unterlagen oder gar die Subsumtion eines Sachverhalts. In diesem Sinne wird auch lediglich eine Vollständigkeits- und Schlüssigkeitsprüfung der verfahrensbegleitenden Unterlagen gefordert (Ziff. 3 Leistungsverzeichnis). Soweit die Antragstellerin einwendet, bei diesem Abgleich seien vielfältige unterschiedliche landestypische Anforderungen zu beachten, etwa im Bereich des Tariflohns, Mindestlohns, der Schwarzarbeit, in Bezug auf Scientology etc., die von Bundesland zu Bundesland variieren könnten, bedarf es vorliegend auch insoweit keiner rechtlichen Prüfung. Ausweislich der unwidersprochenen Angaben der Antragsgegnerin werden diese relevanten Angaben regelmäßig über vorgegebene juristische und bereits vorab geprüfte Formulare der Antragsgegnerin abgefragt.
(f) Letztlich stellt auch die unter Ziff. 20 des Leistungsverzeichnisses geforderte Dokumentation (Themenkomplex I, Durchführungsphase Ziff. 20, Dokumentation der gesamten Angebotsprüfung) keine Rechtsdienstleistung dar. Eine Dokumentation ist per se keine Rechtsdienstleistung, sondern ein tatsächlicher Vorgang, der sich auf reine Verwaltungstätigkeit und Rechtsanwendung beschränkt (Goldbrunner, VergabeR 2021, 651).
(g) Soweit die Vergabekammer in Bezug auf die ausgeschriebenen Leistungen zu den Themenkomplexen I Ziff. 14, 18, 19, 21 und 22 sowie II Ziff. 2.b) erkannt hat, dass es sich nicht um erlaubnisbedürftige Rechtsdienstleistungen handelt, hat die Beschwerdeführerin sich hiergegen im Beschwerdeverfahren nicht mehr gewandt.
c. Die Antragsgegnerin durfte vorliegend jedoch von der grundsätzlich nach § 97 Abs. 3 S. 1 und 2 GWB gebotenen Fachlosvergabe für die reinen Beschaffungsdienstleistungen einerseits und die Rechtsdienstleistungen andererseits nach § 97 Abs. 4 S. 3 GWB absehen.
aa. Mehrere Lose dürfen ausnahmsweise zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern (§ 97 Abs. 4 S. 3 GWB). Der Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers für eine Gesamtvergabe hat eine umfassende Interessenabwägung voranzugehen, die zu dem Ergebnis führt, dass bei einer vertretbaren Würdigung die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe überwiegen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.05.2019 – 11 Verg 4/18; NZBau 2018, 632; Senat, Beschl. v. 01.06.2016 – VII Verg 6/16, BeckRS 2016, 13257; OLG Koblenz, Beschl. v. 11.01.2012 – VII Verg 52/11, NZBau 2012, 324; OLG Koblenz, Beschl. v. 04.04.2021 – 1 Verg 2/11, NZBau 2012, 598). Bei der Entscheidung hat der Auftraggeber eine Einschätzungsprärogative. Seine Entscheidung unterliegt nur einer eingeschränkten Kontrolle. Sie ist von den Nachprüfungsinstanzen nur darauf zu überprüfen, ob sie auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung und namentlich nicht auf Willkür beruht. Dabei ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen auch zu beachten, dass das Vergaberecht nicht nur Bieterrechte eröffnet, sondern auch eine wirtschaftliche und den vom öffentlichen Auftraggeber gestellten Anforderungen entsprechende Leistungsbeschaffung gewährleisten soll (OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.05.2019 – 11 Verg 4/18; Senat, Beschl. v. 01.06.2016 – VII Verg 6/16, BeckRS 2016, 13257; Senat, Beschl. v. 25.11.2009, VII-Verg 27/09).
bb. Unter technischen und wirtschaftlichen Gründen im Sinne des § 97 Abs. 4 S. 3 GWB sind solche zu verstehen, die eine Integration aller Leistungsschritte in einer Hand zur Erreichung des vom Auftraggeber angestrebten Qualitätsniveaus notwendig machen (Senat, Beschl. v. 01.06.2016 – VII Verg 6/16, BeckRS 2016, 13257; OLG Koblenz, Beschl. v. 04.04.2012 – 1 Verg 2/11, NZBau 2012, 598). Dabei sind technische Gründe alle Aspekte, die zu einem in Anbetracht des vom Auftraggeber vorgegebenen Leistungsprofils in einem unauflöslichen Zusammenhang stehen. Dies kann auch bei komplexen, miteinander verflochtenen Dienstleistungen der Fall sein (Senat, Beschl. v. 01.06.2016 – VII Verg 6/16, BeckRS 2016, 13257; OLG Jena, Beschl. v. 06.06.2007 – 9 Verg 3/07, VergabeR 2007, 677, 680), oder, wenn die Aufteilung in Fachlose unverhältnismäßige Kostennachteile mit sich bringen oder zu einer starken Verzögerung des Vorhabens führen würde (Senat, Beschl. v. 08.09.2004, VII Verg. 38/04, VergabeR, 2005, 107; Senat, Beschl. v. 11.07.2007 – Verg VII 10/07).
cc. Die Antragsgegnerin ist vorliegend ermessensfehlerfrei davon ausgegangen, dass derartige technische Gründe im Sinne des § 97 Abs. 4 S. 3 GWB vorgelegen haben. Die genannten Rechtsdienstleistungen sind mit den anderen Leistungen zur Unterstützung bei der Durchführung der Vergabeverfahren eng verknüpft und stellen eine untergeordnete und schwer trennbare Nebenleistung dar. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, die zuvor genannten Rechtsdienstleistungen nicht getrennt von den übrigen Leistungen zur Unterstützung bei der Durchführung der genannten Vergabeverfahren, sondern als Gesamtlos zu vergeben, ist nicht zu beanstanden. Die Interessen der Antragsgegnerin an einer Gesamtlosvergabe überwiegen den Interessen an einer getrennten Fachlosvergabe. Hierfür sprechen folgende Erwägungen, zu denen die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat näher ausgeführt hat. Die hier in Rede stehenden unterstützenden Rechtsdienstleistungen bei der Ermittlung der Vergabeart, der Frage der Losaufteilung sowie bei der Beantwortung von Bieterfragen, der formalen Angebots- und Eignungsprüfung und der Fertigung von Aufklärungsschreiben stellen inhaltlich so minimale Anforderungen an die rechtliche Prüfung des Sachverhalts, dass die Antragsgegnerin die Integration aller Leistungsschritte in einer Hand für erforderlich halten und eine Aufteilung in Fachlose als eine die Qualität der Gesamtleistung beeinträchtigende Maßnahme ansehen durfte. So hat die Antragsgegnerin dargetan, dass die nachgefragten Dienstleistungen ausnahmslos Mustervergabeverfahren ohne spezielle Anforderungen beträfen, die standardisierte Leistungen (Unterhalts- und Glasreinigung, Grün- und Graupflege) zum Gegenstand hatten. Bei der Wahl des Vergabeverfahrens sei vor allem zu prüfen, ob der maßgebliche Schwellenwert erreicht oder unterschritten sei. Eine Vergabe im offenen Verfahren sei der Standard. Bei der Frage der Losaufteilung gehe es vorwiegend um die Bildung von Mengenlosen, die nach den von der Antragsgegnerin erstellten standardisierten Vorgaben zur Bildung mittelstandsgerechter Losgrößen ermittelt werden. Die im Rahmen der Eignungsprüfung vorzunehmende Prüfung der Vergleichbarkeit von Referenzen beschränke sich schließlich zumeist auf die Prüfung der Reinigungsflächen und die zu reinigenden Grundflächen. Die abschließende Entscheidung über die Antwort auf Bieterfragen liege bei der Antragsgegnerin. Das standardisierte Zuschlagskriterium sei zu 100 Prozent der Preis.
dd. Das dargestellte Interesse der Antragsgegnerin an einer Gesamtlosvergabe tritt auch nicht deshalb hinter dem Interesse an einer getrennten Vergabe von Rechtsdienstleistungen und sonstigen Beschaffungsdienstleistungen zurück, weil die Rechtsdienstleistungen nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz nur von Rechtsanwälten erbracht werden dürfen. Die in der vorliegenden Ausschreibung enthaltenen unterstützenden Rechtsdienstleistungen des Beschaffungsdienstleisters sind erlaubte Nebentätigkeiten im Sinne des § 5 Abs. 1 RDG.
(a) Nach § 5 Abs. 1 S. 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Dabei ist die Frage, ob eine Nebentätigkeit vorliegt, nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen (§ 5 Abs. 1 S. 2 RDG). Das ist eine Frage des Einzelfalls (BGH, Urt. v. 06.10.2011 – I ZR 54/10, NJW 2012, 1589)
(b) Die Rechtsdienstleistungen werden vorliegend im sachlichen Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erbracht. Das Tatbestandsmerkmal „im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit“ bedingt, dass ein sachlich, inhaltlicher Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebenleistung besteht (BGH, Urt. v. 30.10.2012 – XI ZR 324/11, NJW 2013, 59). Es genügt, dass es sich um eine fest umrissene, typisierte berufliche Betätigung handelt, mit der nach der Verkehrsanschauung bestimmte untergeordnete Rechtsdienstleistungen verbunden sind (BT-Drucks. 16/3655, S. 52). Das ist vorliegend der Fall. Ein Beschaffungsdienstleister ist nach Art. 2 Abs. 1 Ziff. 17 der Richtlinie 2014/24/EU „eine öffentliche oder privatrechtliche Stelle, die auf dem Markt Nebenbeschaffungstätigkeiten anbietet“. Dabei gehören zu der beruflichen Haupttätigkeit des Beschaffungsdienstleisters typischerweise wirtschaftlich und fachlich-technische Beratungsleistungen einerseits und Verwaltungs- und Managementleistungen bei der praktischen Abwicklung des Vergabeverfahrens andererseits. Mit der beruflichen Haupttätigkeit des Beschaffungsdienstleisters sind zudem typischerweise bestimmte Rechtsdienstleistungen verbunden, da der Übergang zwischen bloßer Rechtsanwendung und juristischer Rechtsprüfung fließend ist, zumal dann, wenn von dem öffentlichen Auftraggeber – so wie vorliegend – standardisierte Vergaben ausgeschrieben und standardisierte Vorgaben gemacht werden (vgl. Goldbrunner, in: VergabeR 2021, 651).
(c) Auch dem Umfang und Inhalt nach stellen sich die vorliegend enthaltenen rechtsberatenden Anteile der ausgeschriebenen Beschaffungsdienstleistung als Nebenleistungen im Sinne des § 5 Abs. 1 RDG dar. Eine Nebenleistung liegt vor, wenn die rechtsberatende Tätigkeit die Leistung nicht insgesamt prägt, das heißt, die Rechtsberatung innerhalb der Gesamtleistung nicht ein solches Gewicht hat, dass ihre Erbringung die Kompetenz eines Rechtsanwalts oder die besondere Sachkunde einer registrierten Person erfordert (BGH, Urt. v. 30.10.2012 – XI ZR 324/11, NJW 2013, 59). Das ist vorliegend eindeutig nicht der Fall. Weitergehende Rechtsberatungsleistungen, über die oben aufgeführten Rechtsdienstleistungen hinausgehen – im Bereich der Losbildung, der Angebotsprüfung, der Eignungs- und Referenzprüfung oder der Frage, ob es sich bei fehlenden Unterlagen um solche im Sinne der Nachforderungsvorschriften handelt – sind in den ausgeschriebenen Beschaffungsleistungen nicht enthalten. Diese passen sich vorliegend in die Haupttätigkeit ein und stehen zudem in einem unauflösbaren Zusammenhang zu dieser.
dd. Die vorliegenden Feststellungen, dass die Antragsgegnerin ermessensfehlerfrei von einer gesonderten Ausschreibung der Rechtsdienstleistungen abgesehen hat, stehen schließlich nicht im Widerspruch zu der mit Schreiben vom 22.03.2021 geäußerten Auffassung der Rechtsanwaltskammer Sachsen (Anlage Ast 3). Der Beurteilung der Rechtsanwaltskammer Sachsen haben nicht die vorliegend konkret ausgeschriebenen Leistungen zugrunde gelegen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 175 Abs. 2 i.V.m. § 71 GWB. Demnach trägt die Antragstellerin die Kosten ihres unbegründeten Rechtsmittels.
Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin hat die Vergabekammer vergaberechtsfehlerfrei nach § 182 Abs. 4 S. 4 GWB i. V. m. § 80 VwVfG bejaht.
Der Beschwerdewert wird auf bis 50.000,00 EUR festgesetzt. Die Entscheidung über die Festsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. Demnach beträgt der Gegenstandswert fünf Prozent des Bruttoauftragswerts des Angebots der Antragstellerin (Senat, Beschl. v. 10.02. 2021, VII-Verg 22/20, BeckRS 2021, 8801 Rn. 56). ). Liegt ein Angebot des Antragstellers nicht vor, ist auf den objektiven Wert des Auftrages, dessen Vergabe beabsichtigt ist, abzustellen. Hierfür bieten insbesondere die Schätzungen des Auftraggebers im Hinblick auf eine etwaige Überschreitung bzw. Unterschreitung der Schwellenwerte einen hinreichenden Anhaltspunkt. (OLG Celle, ZfBR 2014, 820, juris Rn. 16 ff. m.w.Nachw.; OLG Sachsen Anhalt WuW/E Verg 1142, juris Rn. 15). Ausgehend davon war vorliegend der geschätzte Auftragswertes der Antragsgegnerin heranzuziehen.