Artikel 31: Fälle, die das Verhandlungsverfahren ohne Veröffentlichung einer Bekanntmachung rechtfertigen Richtlinie 2004/18/EG

Fälle, die das Verhandlungsverfahren ohne Veröffentlichung einer Bekanntmachung rechtfertigen

Öffentliche Auftraggeber können in folgenden Fällen Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben:

1. Bei öffentlichen Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen:

a) wenn im Rahmen eines offenen oder nichtoffenen Verfahrens keine oder keine geeigneten Angebote oder keine Bewerbungen abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Auftragsbedingungen nicht grundlegend geändert werden; der Kommission muss in diesem Fall ein Bericht vorgelegt werden, wenn sie dies wünscht;

b) wenn der Auftrag aus technischen oder künstlerischen Gründen oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Wirtschaftsteilnehmer ausgeführt werden kann;

c) soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die die betreffenden öffentlichen Auftraggeber nicht voraussehen konnten, es nicht zulassen, die Fristen einzuhalten, die für die offenen, die nichtoffenen oder die in Artikel 30 genannten Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung vorgeschrieben sind. Die angeführten Umstände zur Begründung der zwingenden Dringlichkeit dürfen auf keinen Fall den öffentlichen Auftraggebern zuzuschreiben sein.

2. Bei öffentlichen Lieferaufträgen:

a) wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die ausschließlich zu Forschungs-, Versuchs-, Untersuchungs- oder Entwicklungszwecken hergestellt werden, wobei unter diese Bestimmung nicht eine Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Erzeugnisses oder zur Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten fällt;

b) bei zusätzlichen Lieferungen des ursprünglichen Unternehmers, die entweder zur teilweisen Erneuerung von gelieferten marktüblichen Waren oder Einrichtungen oder zur Erweiterung von Lieferungen oder bestehenden Einrichtungen bestimmt sind, wenn ein Wechsel des Unternehmers dazu führen würde, dass der öffentliche Auftraggeber Waren mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müsste und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung mit sich bringen würde; die Laufzeit dieser Aufträge sowie der Daueraufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten;

c) bei auf einer Warenbörse notierten und gekauften Waren;

d) wenn Waren zu besonders günstigen Bedingungen bei Lieferanten, die ihre Geschäftstätigkeit endgültig einstellen, oder bei Insolvenz/Konkursverwaltern oder Liquidatoren im Rahmen eines Insolvenz/Konkurs-, Vergleichs- oder Ausgleichsverfahren oder eines in den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften eines Mitgliedstaats vorgesehenen gleichartigen Verfahrens erworben werden.

3. Bei öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, wenn im Anschluss an einen Wettbewerb der Auftrag gemäß den einschlägigen Bestimmungen an den Gewinner oder an einen der Gewinner des Wettbewerbs vergeben werden muss; im letzteren Fall müssen alle Gewinner des Wettbewerbs zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden.

4. Bei öffentlichen Bau- und Dienstleistungsaufträgen:

a) für zusätzliche Bau- oder Dienstleistungen, die weder in dem der Vergabe zugrunde liegenden Entwurf noch im ursprünglich geschlossenen Vertrag vorgesehen sind, die aber wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses zur Ausführung der darin beschriebenen Bau- oder Dienstleistung erforderlich sind, sofern der Auftrag an den Wirtschaftsteilnehmer vergeben wird, der diese Bau- oder Dienstleistung erbringt:

– wenn sich diese zusätzlichen Bau- oder Dienstleistungen in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne wesentlichen Nachteil für den öffentlichen Auftraggeber vom ursprünglichen Auftrag trennen lassen

oder

– wenn diese Bau- oder Dienstleistungen zwar von der Ausführung des ursprünglichen Auftrags getrennt werden können, aber für dessen Vollendung unbedingt erforderlich sind;

der Gesamtwert der Aufträge für die zusätzlichen Bau- oder Dienstleistungen darf jedoch 50 % des Wertes des ursprünglichen Auftrags nicht überschreiten;

b) bei neuen Bau- oder Dienstleistungen, die in der Wiederholung gleichartiger Bau- oder Dienstleistungen bestehen, die durch den gleichen öffentlichen Auftraggeber an den Auftragnehmer vergeben werden, der den ursprünglichen Auftrag erhalten hat, sofern sie einem Grundentwurf entsprechen und dieser Entwurf Gegenstand des ursprünglichen Auftrags war, der nach einem offenen oder einem nichtoffenen Verfahren vergeben wurde.

Die Möglichkeit der Anwendung dieses Verfahrens wird bereits beim Aufruf zum Wettbewerb für das erste Vorhaben angegeben; der für die Fortführung der Bau- oder Dienstleistungen in Aussicht genommene Gesamtauftragswert wird vom öffentlichen Auftraggeber bei der Anwendung des Artikels 7 berücksichtigt.

Dieses Verfahren darf jedoch nur binnen drei Jahren nach Abschluss des ursprünglichen Auftrags angewandt werden.