(1) Für Beschaffungen von marktüblichen Lieferungen beziehungsweise Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen der öffentlichen Auftraggeber genügen, können letztere auf ein dynamisches Beschaffungssystem zurückgreifen. Beim dynamischen Beschaffungssystem handelt es sich um ein vollelektronisches Verfahren, das während seiner Gültigkeitsdauer jedem Wirtschaftsteilnehmer offen steht, der die Eignungskriterien erfüllt. Es kann in Kategorien von Waren, Bauleistungen oder Dienstleistungen untergliedert werden, die anhand von Merkmalen der vorgesehenen Beschaffung in der betreffenden Kategorie objektiv definiert werden. Diese Merkmale können eine Bezugnahme auf den höchstzulässigen Umfang späterer konkreter Aufträge oder auf ein spezifisches geografisches Gebiet, in dem spätere konkrete Aufträge auszuführen sind, enthalten.
(2) Bei der Auftragsvergabe über ein dynamisches Beschaffungssystem befolgen die öffentlichen Auftraggeber die Vorschriften für das nichtoffene Verfahren. Alle Bewerber, die die Eignungskriterien erfüllen, werden zum System zugelassen, und die Zahl der zum System zugelassenen Bewerber darf nicht nach Artikel 65 begrenzt werden. Haben öffentliche Auftraggeber das System in Einklang mit Absatz 1 in Kategorien von Waren, Bauleistungen oder Dienstleistungen untergliedert, legen sie die geltenden Eignungskriterien für jede Kategorie fest.
Ungeachtet des Artikels 28 gelten folgende Fristen:
a) Die Mindestfrist für den Eingang der Teilnahmeanträge beträgt 30 Tage ab dem Tag, an dem die Bekanntmachung beziehungsweise — wenn eine Vorinformation als Aufruf zum Wettbewerb dient — die Aufforderung zur Interessensbestätigung übermittelt wird.
Sobald die Aufforderung zur Angebotsabgabe für die erste einzelne Auftragsvergabe im Rahmen eines dynamischen Beschaffungssystems abgesandt worden ist, gelten keine weiteren Fristen für den Eingang der Teilnahmeanträge.
b) Die Mindestfrist für den Eingang der Angebote beträgt zehn Tage, gerechnet ab dem Tag der Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe. Gegebenenfalls findet Artikel 28 Absatz 4 Anwendung. Artikel 28 Absätze 3 und 5 findet keine Anwendung.
(3) Die gesamte Kommunikation im Zusammenhang mit dem dynamischen Beschaffungssystem erfolgt ausschließlich elektronisch im Einklang mit Artikel 22 Absätze 1, 3, 5 und 6.
(4) Für die Zwecke der Auftragsvergabe über ein dynamisches Beschaffungssystem verfahren die öffentlichen Auftraggeber wie folgt:
a) Sie veröffentlichen einen Aufruf zum Wettbewerb, in dem sie präzisieren, dass es sich um ein dynamisches Beschaffungssystem handelt;
b) in den Auftragsunterlagen geben sie mindestens die Art und geschätzte Quantität der geplanten Beschaffungen an, sowie alle erforderlichen Informationen betreffend das dynamische Beschaffungssystem, einschließlich seiner Funktionsweise, die verwendete elektronische Ausrüstung und die technischen Vorkehrungen und Merkmale der Verbindung;
c) sie geben jede Einteilung in Kategorien von Waren, Bauleistungen oder Dienstleistungen sowie die entsprechenden Merkmale an;
d) sie bieten gemäß Artikel 53 einen uneingeschränkten und vollständigen direkten Zugang zu den Auftragsunterlagen, solange das System Gültigkeit hat.
(5) Die öffentlichen Auftraggeber räumen während der gesamten Gültigkeitsdauer des dynamischen Beschaffungssystems jedem Wirtschaftsteilnehmer die Möglichkeit ein, die Teilnahme am System unter den in Absatz 2 genannten Bedingungen zu beantragen. Die öffentlichen Auftraggeber bringen ihre Bewertung derartiger Anträge auf der Grundlage der Eignungskriterien innerhalb von zehn Arbeitstagen nach deren Eingang zum Abschluss. Die Frist kann in begründeten Einzelfällen auf 15 Arbeitstage verlängert werden, insbesondere wenn zusätzliche Unterlagen geprüft werden müssen oder um auf sonstige Art und Weise zu überprüfen, ob die Eignungskriterien erfüllt sind.
Unbeschadet des Unterabsatzes 1 können öffentliche Auftraggeber, solange die Aufforderung zur Angebotsabgabe für die erste einzelne Auftragsvergabe im Rahmen des dynamischen Beschaffungssystems noch nicht versandt wurde, die Bewertungsfrist verlängern, sofern während der verlängerten Bewertungsfrist keine Aufforderung zur Angebotsabgabe herausgegeben wird. Öffentliche Auftraggeber geben in den Auftragsunterlagen die Länge der Fristverlängerung an, die sie anzuwenden gedenken.
Öffentliche Auftraggeber unterrichten den betreffenden Wirtschaftsteilnehmer zum frühestmöglichen Zeitpunkt darüber, ob er zur Teilnahme am dynamischen Beschaffungssystem zugelassen wurde oder nicht.
(6) Die öffentlichen Auftraggeber fordern alle zugelassenen Teilnehmer gemäß Artikel 54 auf, ein Angebot für jede einzelne Auftragsvergabe über das dynamische Beschaffungssystem zu unterbreiten. Wurde das dynamische Beschaffungssystem in Kategorien von Bauleistungen, Waren oder Dienstleistungen untergliedert, fordern die öffentlichen Auftraggeber alle Teilnehmer, die für die dem betreffenden konkreten Auftrag entsprechende Kategorie zugelassen wurden, auf, ein Angebot zu unterbreiten.
Sie erteilen dem Bieter mit dem besten Angebot den Zuschlag auf der Grundlage der Zuschlagskriterien, die in der Bekanntmachung für das dynamische Beschaffungssystem beziehungsweise — wenn eine Vorinformation als Aufruf zum Wettbewerb dient — in der Aufforderung zur Interessensbestätigung genannt wurden. Diese Kriterien können gegebenenfalls in der Aufforderung zur Angebotsabgabe genauer formuliert werden.
(7) Die öffentlichen Auftraggeber können von zugelassenen Teilnehmer während der Laufzeit des dynamischen Beschaffungssystems jederzeit verlangen, innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Übermittlung der Aufforderung eine erneute und aktualisierte Eigenerklärung gemäß Artikel 59 Absatz 1 einzureichen.
Artikel 59 Absätze 4 bis 6 gilt während der gesamten Gültigkeitsdauer des dynamischen Beschaffungssystems.
(8) Die öffentlichen Auftraggeber geben im Aufruf zum Wettbewerb die Gültigkeitsdauer des dynamischen Beschaffungssystems an. Unter Verwendung folgender Standardformulare unterrichten sie die Kommission über eine etwaige Änderung dieser Gültigkeitsdauer:
a) Wird die Gültigkeitsdauer ohne Einstellung des Systems geändert, ist das ursprünglich für den Aufruf zum Wettbewerb für das dynamische Beschaffungssystem verwendete Formular zu nutzen;
b) wird das System eingestellt, muss eine Vergabebekanntmachung im Sinne des Artikels 50 erfolgen.
(9) Den am dynamischen Beschaffungssystem interessierten oder teilnehmenden Wirtschaftsteilnehmern dürfen vor oder während der Gültigkeitsdauer des dynamischen Beschaffungssystems keine Bearbeitungsgebühren in Rechnung gestellt werden.