Artikel 38: Auswahl und qualitative Bewertung der Bewerber Richtlinie 2014/23/EU

(1) Die öffentlichen Auftraggeber und Auftraggeber prüfen die Erfüllung der Teilnahmebedingungen hinsichtlich der beruflichen und fachlichen Befähigung sowie der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter anhand von Eigenerklärungen oder Referenzen, die als Nachweis einzureichen sind, gemäß den in der Konzessionsbekanntmachung angegebenen Anforderungen, die nicht diskriminierend sein dürfen und in einem angemessenen Verhältnis zum Konzessionsgegenstand stehen müssen. Die Teilnahmebedingungen müssen in Bezug und angemessenem Verhältnis zu der Notwendigkeit, die Fähigkeit des Konzessionsnehmers, die Konzession in Anbetracht des Konzessionsgegenstands durchzuführen, sicherzustellen, und dem Zweck, echten Wettbewerb zu garantieren, stehen.

(2) Soweit dies sinnvoll ist und für eine bestimmte Konzession, darf ein Wirtschaftsteilnehmer zur Erfüllung der in Absatz 1 genannten Teilnahmebedingungen gegebenenfalls Leistungen anderer Unternehmen einbeziehen, unabhängig davon, welche rechtlichen Beziehungen zwischen ihm und diesen Unternehmen bestehen. Möchte ein Wirtschaftsteilnehmer die Leistungen anderer Unternehmen in Anspruch nehmen, weist er dem öffentlichen Auftraggeber oder dem Auftraggeber nach, dass ihm während der gesamten Konzessionslaufzeit die hierzu erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen werden, indem er beispielsweise eine diesbezügliche Zusage der betreffenden Unternehmen vorlegt. Hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit kann der öffentliche Auftraggeber oder der Auftraggeber vorschreiben, dass der Wirtschaftsteilnehmer und diese Unternehmen gemeinsam für die Vertragsdurchführung haften.

(3) Unter denselben Voraussetzungen kann eine Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern im Sinne des Artikels 26 die Leistungen der Mitglieder der Gruppe oder anderer Unternehmen in Anspruch nehmen.

(4) Öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber im Sinne des Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a schließen einen Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an einem Konzessionsvergabeverfahren aus, wenn sie festgestellt haben, dass dieser Wirtschaftsteilnehmer aus einem der nachfolgenden Gründe rechtskräftig verurteilt worden ist:

a) Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates ( 1 );

b) Bestechung im Sinne des Artikels 3 des Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ( 2 ) beteiligt sind, und im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates ( 3 ) sowie Bestechung im Sinne des für den öffentlichen Auftraggeber oder den Auftraggeber und den Wirtschaftsteilnehmer geltenden nationalen Rechts;

c) Betrug im Sinne des Artikels 1 des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen ( 4 ) der Europäischen Gemeinschaften;

d) terroristische Straftaten oder Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten im Sinne der Artikel 1 und 3 des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates ( 5 ) oder Anstiftung, Beihilfe und Versuch im Sinne des Artikels 4 jenes Rahmenbeschlusses;

e) Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ( 6 );

f) Kinderarbeit und andere Formen des Menschenhandels im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates ( 7 ).
Die Verpflichtung zum Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers gilt auch dann, wenn die rechtskräftig verurteilte Person Mitglied des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers ist oder darin Vertretungs-, Beschluss- oder Kontrollbefugnisse hat.

Auftraggeber, die keine Auftraggeber im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a sind, können einen Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an einem Konzessionsvergabeverfahren ausschließen, wenn dieser nach ihrer Kenntnis aus einem der in Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes genannten Gründe rechtskräftig verurteilt worden ist.

(5) Öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a schließen einen Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an einem Konzessionsvergabeverfahren aus, wenn dieser nach ihrer Kenntnis seine Pflicht zur Entrichtung von Steuern oder Sozialversicherungsbeiträgen verletzt hat und dies durch eine endgültige und bindende Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung gemäß den Rechtsvorschriften des Niederlassungsstaats des Wirtschaftsteilnehmers oder aber des Mitgliedstaats des öffentlichen Auftraggebers oder des Auftraggebers festgestellt wurde.

Ferner können öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a einen Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an einem Konzessionsvergabeverfahren ausschließen oder von Mitgliedstaaten dazu aufgefordert werden, wenn der öffentliche Auftraggeber oder der Auftraggeber auf geeignete Weise nachweisen kann, dass der betreffende Wirtschaftsteilnehmer seine Pflicht zur Entrichtung von Steuern oder Sozialversicherungsbeiträgen verletzt hat.
Dieser Absatz findet keine Anwendung mehr, wenn der Wirtschaftsteilnehmer seinen Verpflichtungen dadurch nachgekommen ist, dass er die fälligen Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge — gegebenenfalls einschließlich etwaiger Zinsen oder Strafzahlungen — gezahlt hat oder sich verbindlich verpflichtet hat, diese zu zahlen.

(6) Die Mitgliedstaaten können ausnahmsweise aus unabdingbaren Gründen des öffentlichen Interesses, wie z. B. der öffentlichen Gesundheit oder des Umweltschutzes, eine Abweichung vom zwingenden Ausschluss gemäß den Absätzen 4 und 5 vorsehen.

Die Mitgliedstaaten können ferner eine Abweichung vom zwingenden Ausschluss gemäß Absatz 5 vorsehen, wenn ein Ausschluss eindeutig unverhältnismäßig wäre, insbesondere wenn nur geringfügige Beträge an Steuern oder Sozialversicherungsbeiträgen nicht gezahlt wurden oder wenn der Wirtschaftsteilnehmer im Anschluss an die Verletzung seiner Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Entrichtung von Steuern oder Sozialversicherungsbeiträgen so spät über den genauen geschuldeten Betrag unterrichtet wurde, dass er keine Möglichkeit hatte, die in Absatz 5 Unterabsatz 3 vorgesehenen Maßnahmen vor dem Ablauf der Frist für die Einreichung seines Teilnahmeantrags zu ergreifen.

(7) Öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber können oder müssen — falls von einem Mitgliedstaat verlangt — in folgenden Situationen einen Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen:

a) Sie können in jeder geeigneten Weise eine Verletzung der geltenden Verpflichtungen nach Artikel 30 Absatz 3 nachweisen;

b) der Wirtschaftsteilnehmer ist zahlungsunfähig oder befindet sich in einem Insolvenzverfahren oder in Liquidation oder seine Vermögenswerte werden von einem Liquidator oder Gericht verwaltet oder er befindet sich in einem Vergleichsverfahren oder hat seine gewerbliche Tätigkeit eingestellt oder befindet sich aufgrund eines gleichartigen Verfahrens nach nationalem Recht in einer vergleichbaren Lage; der öffentliche Auftraggeber oder der Auftraggeber kann oder muss — falls von einem Mitgliedstaat verlangt — jedoch beschließen, einen Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer der obengenannten Situationen befindet, nicht auszuschließen, wenn er unter Berücksichtigung der geltenden nationalen Vorschriften und Maßnahmen betreffend die Fortführung der Geschäftstätigkeit in diesen Situationen festgestellt hat, dass der fragliche Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein wird, die Konzession durchzuführen;

c) der öffentliche Auftraggeber kann in jeder geeigneten Weise nachweisen, dass der Wirtschaftsteilnehmer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung begangen hat, die seine Integrität in Frage stellt;

d) ein Interessenkonflikt im Sinne des Artikels 35 Absatz 2 kann durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden;

e) der öffentliche Auftraggeber verfügt über hinreichend stichhaltige Hinweise darauf, dass der Wirtschaftsteilnehmer mit anderen Wirtschaftsteilnehmern Vereinbarungen getroffen hat, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbs abzielen;

f) der Wirtschaftsteilnehmer hat bei der Durchführung einer wesentlichen Anforderung im Rahmen einer früheren Konzession oder eines früheren Vertrags mit einem öffentlichen Auftraggeber oder einem Auftraggeber im Sinne dieser Richtlinie oder im Sinne der Richtlinie 2014/25/EU erhebliche oder dauerhafte Mängel erkennen lassen, die die vorzeitige Kündigung dieses früheren Vertrags, Schadenersatz oder andere vergleichbare Sanktionen nach sich gezogen haben;

g) der Wirtschaftsteilnehmer hat sich bei seinen Auskünften zur Überprüfung des Fehlens von Ausschlussgründen und der Einhaltung der Eignungskriterien einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht, hat derartige Auskünfte zurückgehalten oder ist nicht in der Lage, die erforderlichen Unterlagen zur Belegung dieser Auskünfte einzureichen;

h) der Wirtschaftsteilnehmer hat versucht, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers oder des Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die er unzulässige Vorteile beim Konzessionsvergabeverfahren erlangen könnte, oder fahrlässig irreführende Informationen zu übermitteln, die die Entscheidungen über Ausschluss, Auswahl oder Zuschlag erheblich beeinflussen könnten;

i) der Wirtschaftsteilnehmer weist für Konzessionen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich im Sinne der Richtlinie 2009/81/EG nicht die erforderliche Vertrauenswürdigkeit auf, um Risiken für die Sicherheit des Mitgliedstaats auszuschließen, was mit Hilfe gleich welchen Beweismittels, einschließlich geschützter Datenquellen, nachgewiesen wurde.

(8) Öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a schließen einen Wirtschaftsteilnehmer jederzeit während des Verfahrens aus, wenn sich herausstellt, dass sich der fragliche Wirtschaftsteilnehmer in Bezug auf Handlungen oder Unterlassungen vor oder während des Verfahrens in einer der in Absatz 4 des vorliegenden Artikels und in Absatz 5 Unterabsatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Situationen befindet.

Jederzeit während des Verfahrens können oder müssen — falls von einem Mitgliedstaat verlangt — die öffentlichen Auftraggeber und Auftraggeber einen Wirtschaftsteilnehmer ausschließen, wenn sich herausstellt, dass sich der fragliche Wirtschaftsteilnehmer in Bezug auf Handlungen oder Unterlassungen vor oder während des Verfahrens in einer der in Absatz 5 Unterabsatz 2 und in Absatz 7 genannten Situationen befindet.

(9) Jeder Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer der in den Absätzen 4 und 7 genannten Situationen befindet, kann Nachweise dafür erbringen, dass die Maßnahmen des Wirtschaftsteilnehmers ausreichen, um trotz des Vorliegens eines einschlägigen Ausschlussgrundes seine Zuverlässigkeit nachzuweisen. Werden die Nachweise für ausreichend befunden, so wird der betreffende Wirtschaftsteilnehmer nicht von dem Vergabeverfahren ausgeschlossen.

Zu diesem Zweck weist der Wirtschaftsteilnehmer nach, dass er einen Ausgleich für jeglichen durch eine Straftat oder ein Fehlverhalten verursachten Schaden gezahlt oder sich zur Zahlung eines Ausgleichs verpflichtet hat, die Tatsachen und Umstände umfassend durch eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden geklärt und konkrete technische, organisatorische und personelle Maßnahmen ergriffen hat, die geeignet sind, weitere Straftaten oder Verfehlungen zu vermeiden. Die von den Wirtschaftsteilnehmern ergriffenen Maßnahmen werden unter Berücksichtigung der Schwere und besonderen Umstände der Straftat oder des Fehlverhaltens bewertet. Werden die Maßnahmen als unzureichend befunden, so erhält der Wirtschaftsteilnehmer eine Begründung dieser Entscheidung.

Ein Wirtschaftsteilnehmer, der durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung von der Teilnahme an Verfahren zur Auftrags- oder Konzessionsvergabe ausgeschlossen wurde, ist während des Ausschlusszeitraumes, der in dieser Entscheidung festgelegt wurde, nicht berechtigt, in den Mitgliedstaaten, in denen die Entscheidung wirksam ist, von der in diesem Absatz gewährten Möglichkeit Gebrauch zu machen.

(10) Die Mitgliedstaaten legen durch Gesetz, Verordnung oder Verwaltungsvorschriften und unter Beachtung des Unionsrechts die Bedingungen für die Anwendung dieses Artikels fest. Sie legen insbesondere den höchstzulässigen Zeitraum des Ausschlusses für den Fall fest, dass der Wirtschaftsteilnehmer keine Maßnahmen gemäß Absatz 9 zum Nachweis seiner Zuverlässigkeit ergreift. Wurde kein Ausschlusszeitraum durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgelegt, so darf dieser Zeitraum in den in Absatz 4 genannten Fällen fünf Jahre ab dem Tag der rechtskräftigen Verurteilung und in den in Absatz 7 genannten Fällen drei Jahre ab dem betreffenden Ereignis nicht überschreiten.