Hintergrund: Die Stadt Elze hatte ohne Ausschreibung verschiedene orts- bzw. umgebungsansässige Büros mit unterschiedlichen Planungsleistungen (Objekt-, Tragwerksplanung und technische Ausrüstung) in einer in der Gesamthöhe oberhalb der EU-Schwellenwerte (209.0000 Euro) liegenden Summe von 457.222 Euro beauftragt. Damit verstieß die Stadt nach Ansicht der Kommission gegen die EU-Vergaberichtlinien. Die EU-Kommission begründete ihre Ansicht mit der Rechtsprechung des EuGH (Entscheidung vom 15.03.2012 – Rs. C-574/10, Niedernhausen), wonach ein einheitlicher Auftrag vorliege und die Einzelleistungen für den Auftragswert zusammen zu rechnen seien, wenn die Leistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht eine innere Kohärenz und eine funktionelle Kontinuität aufweise.
Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass das Vertragsverletzungsverfahren aufgrund der vollständigen Abwicklung der öffentlichen Aufträge und damit dem Wegfall der Rechtswirkungen eingestellt wurde.
Die Rechtsfrage, ob Planungsleistungen der Objektplanung, mit Leistungen der Tragwerksplanung oder auch der technischen Ausrüstung für die Schwellenwertberechnung zu addieren sind, bleibt damit weiterhin unbeantwortet.
Praxistipp: Aufgrund der erfolgten Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens ist für die kommunale Vergabepraxis weiter von der geltenden Rechtslage in der Vergabeverordnung (VgV) auszugehen. Gemäß § 3 Abs. 7 S. 2 VgV sind bei der Vergabe von Planungsleistungen für die Berechnung des geschätzten Gesamtwerts nur die „Lose über gleichartige Leistungen zugrunde zu legen“. Ausweislich der Begründung zu § 3 Abs. 7 S. 2 VgV ist bei der Bewertung, ob Planungsleistungen gleichartig sind, die wirtschaftliche oder technische Funktion der Leistung zu berücksichtigen. Danach können die Objektplanung, die Tragwerksplanung und die technische Gebäudeausrüstung als technisch unterschiedliche Planungen angesehen werden, so dass auch für die Schätzung der Schwellenwerte eine separate Berechnung der jeweiligen Auftragswerte vorgenommen werden kann (Ausnahme: Generalplanervergabe).
Die Kommission hält trotz Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens aber grundsätzlich auf der Grundlage des geschilderten Falls an ihrer Auffassung der Addition aller Planungsleistungen bei funktionaler Einheit fest. Daher müssen Kommunen insbesondere bei der Gewährung von EU-Fördermitteln (Bsp.: EFRE) die Auffassung der Kommission und speziell die genauen Zuwendungsvoraussetzungen beachten. Dies führt dazu, dass in einem „EU-Zuwendungsfall“ in der Regel eine Addition aller Leistungen vorgenommen werden sollte. Werden bei dieser Zusammenrechnung die EU-Schwellenwerte überschritten, ist in der Folge eine EU-weite Ausschreibung durchzuführen. Insgesamt ist jedenfalls immer eine Einzelfallprüfung durchzuführen.
(Quelle: Deutscher Städte- und Gemeindebund)