Der Unionsgesetzgeber hat mit dem Paket zur Modernisierung des europäischen Vergaberechts ein vollständig überarbeitetes Regelwerk für die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen vorgelegt. Das Modernisierungspaket umfasst die Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe (Richtlinie 2014/24/EU), die Richtlinie über die Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (Richtlinie 2014/25/EU) und die Richtlinie über die Vergabe von Konzessionen (Richtlinie 2014/23/EU). Diese Richtlinien sind bis zum 18. April 2016 in deutsches Recht umzusetzen. In einem ersten Schritt sind die wesentlichen Regelungen der neuen EU-Vergaberichtlinien auf Gesetzesebene umgesetzt worden. Die Umsetzung erfolgte maßgeblich im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und wurde zum Anlass genommen, den bisherigen Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) umfassend zu überarbeiten und neu zu strukturieren. Der überarbeitete Teil 4 des GWB umfasst insbesondere Reglungen zum Anwendungsbereich und dem Rechtschutz, aber auch die wesentlichen Vorgaben zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen und von Konzessionen. Insbesondere wurde der Ablauf eines Vergabeverfahrens erstmals im Gesetz vorgezeichnet. Nicht im Gesetz enthalten sind die detaillierten Verfahrensregeln für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen in den einzelnen Phasen des Vergabeverfahrens. Ebenso wenig regelt das Gesetz die Einzelheiten zur Datensammlung für die neue Vergabestatistik.
Die EU-Vergaberechtsmodernisierung zielt darauf ab, das Regelwerk für die Vergaben entsprechend den aktuellen Bedürfnissen des Binnenmarktes weiterzuentwickeln und innerhalb der Europäischen Union stärker zu vereinheitlichen. Mit den neuen Richtlinien werden den Mitgliedstaaten zugleich neue Handlungsspielräume eingeräumt. Die Vergabeverfahren sollen effizienter, einfacher und flexibler gestaltet und die Teilnahme kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) an Vergabeverfahren erleichtert werden. Gleichzeitig ermöglicht es der neue Rechtsrahmen den Vergabestellen, die öffentliche Auftragsvergabe stärker zur Unterstützung strategischer Ziele zu nutzen. Dazu gehören vor allem soziale, umweltbezogene und innovative Aspekte. Dies kommt gerade Unternehmen zugute, die ihrer Verantwortung bis hinein in die Produktions- und Lieferketten nachkommen, und setzt Anreize für Unternehmen, internationale Standards zur Unternehmensverantwortung einzuhalten (z.B. die ILO-Kernarbeitsnormen). Das neue Regelwerk ermöglicht es ferner, den Anliegen von Menschen mit Behinderungen besser Rechnung zu tragen. Die Richtlinien ermöglichen zudem ein erleichtertes Vergabeverfahren bei sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen.
Auf gesetzlicher Ebene sind die dargestellten Möglichkeiten bislang nicht abschließend geregelt.
Elektronische Kommunikationsmittel können Vergabeverfahren vereinfachen und die Effizienz und Transparenz der Verfahren steigern. Eine medienbruchfreie öffentliche Auftragsvergabe bietet zugleich erhebliche Einsparpotenziale für Unternehmen und öffentliche Auftraggeber. Die Richtlinien sehen daher vor, dass die elektronische Kommunikation im Vergabeverfahren zur Regel wird. Auch insoweit beschränkt sich das Gesetz auf den Grundsatz der elektronischen Kommunikation, gestaltet aber das Verfahren nicht näher aus.
Um das öffentliche Auftragswesen weiter optimieren zu können, sehen die Richtlinien statistische Berichte über Beschaffungen der Mitgliedstaaten an die Europäische Kommission vor.
Derzeit existiert allerdings keine belastbare Statistik zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland. Aufgrund der fehlenden Daten sind zurzeit weder grundsätzliche Aussagen zum Volumen des öffentlichen Einkaufs noch zur Anzahl der durchgeführten Vergabeverfahren möglich. Das Gesetz enthält dazu im Wesentlichen nur die grundsätzlichen Regelungen, nicht aber die Einzelheiten der Datenerhebung.