Begründung zu § 100 Abs. 2 GWB (Sektorenauftraggeber)

§ 100 Absatz 2 definiert die ausschließlichen und besonderen Rechte im Sinne des § 100 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a. Satz 1 entspricht dabei der bisherigen Definition des § 98 Nummer 4, 2. Halbsatz GWB.

Der Begriff der besonderen oder ausschließlichen Rechte ist insofern von besonderer Bedeutung für die Definition des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2014/25/EU, als Auftraggeber, bei denen es sich weder um öffentliche Auftraggeber noch um von öffentlichen Auftraggebern beherrschte Unternehmen handelt, den Bestimmungen der Richtlinie 2014/25/EU nur unterliegen, insoweit sie eine aufgrund besonderer oder ausschließlicher Rechte vorbehaltene Tätigkeit ausüben.

Neu ist die Ausnahme davon in Satz 2, wonach in bestimmten Fällen trotz Vorliegens besonderer oder ausschließlicher Rechte das Vergaberecht nicht zur Anwendung kommen soll. Damit wird Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2014/25/EU umgesetzt. Im Kern wird damit klargestellt, dass Rechte, die im Wege eines Verfahrens gewährt wurden, das auf objektiven Kriterien beruht und bei dem eine angemessene Publizität gewährleistet wurde, keine besonderen oder ausschließlichen Rechte im Sinne dieser Richtlinie darstellen.

Die Anwendung des Vergaberechts ist in diesen Fällen insofern entbehrlich, da schon bei der Gewährung der ausschließlichen und besonderen Rechte den Anforderungen an ein wettbewerbliches Verfahren genügt wurde.

Dies betrifft insbesondere den Fall, wenn bereits die Gewährung besonderer oder ausschließlicher Rechte in einem wettbewerblichen Verfahren nach dem Viertem Teil des GWB erfolgt ist.

In Anhang II der Richtlinie 2014/25/EU werden beispielhaft weitere Genehmigungsverfahren aufgrund bestimmter EU-Rechtsakte aufgeführt, die nicht zu besonderen oder ausschließlichen Rechten im obigen Sinne führen. Darunter fallen:

  • Erteilung einer Genehmigung für den Betrieb von Erdgasanlagen nach Artikel 4 Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (ABl. Nr. L 211 S. 94).
  • Genehmigung oder Aufforderung zur Angebotsabgabe für den Bau neuer Stromerzeugungsanlagen gemäß der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. Nr. L 211 S. 55).

Beide Richtlinien waren Bestandteil des 3. Energiepaketes der EU und hatten zum Ziel die Trennung des Netzbetriebes von Versorgung und Erzeugung. Sie sind umgesetzt im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG).

  • Genehmigungen in Bezug auf Postdienste, die nicht reserviert sind oder nicht reserviert werden dürfen nach Artikel 9 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. 1998 Nr. L 15 S. 14, berichtigt ABl. 1998 Nr. L 23, S. 39). Die Richtlinie ist umgesetzt im Postgesetz (PostG) sowie der Postuniversaldienstleistungsverordnung (PUDLV).
  • Richtlinie 94/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über die Erteilung und Nutzung von Genehmigungen zur Prospektion, Exploration und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen (ABl. Nr. L 164 S. 3). Die Richtlinie ist im Bundesberggesetz (BBergG) umgesetzt.
  • Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge auf der Grundlage eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nummer 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (ABl. Nr. L 315 S. 1). Die Verordnung ist in Teilen im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) umgesetzt. Ansonsten gilt sie als EU-Verordnung unmittelbar.