Begründung zu § 103 Abs. 1 GWB (Öffentliche Aufträge, Rahmenvereinbarungen und Wettbewerbe)

§ 103 Absatz 1 definiert den Begriff des öffentlichen Auftrags und entspricht insofern inhaltlich dem bisherigen § 99 Absatz 1 GWB. Kern der Definition des öffentlichen Auftrags ist, dass es sich um die Beschaffung von Leistungen durch öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber handeln muss. Der Unionsgesetzgeber hat in Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 2014/24/EU darauf hingewiesen, dass die zunehmende Vielfalt öffentlicher Tätigkeiten es erforderlich mache, den Begriff der Auftragsvergabe selbst klarer zu definieren. Diese Präzisierung als solche sollte jedoch den Anwendungsbereich der neuen EU-Vergaberichtlinie im Verhältnis zu dem der Richtlinie 2004/18/EG nicht erweitern. Nicht alle Formen öffentlicher Ausgaben sollten abgedeckt werden, sondern nur diejenigen, die für den Erwerb von Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen im Wege eines öffentlichen Auftrags getätigt werden. Fälle, in denen alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, zur Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe – ohne Selektivität – berechtigt sind, sollten nicht als Auftragsvergabe verstanden werden, sondern als einfache Zulassungssysteme (z. B. Zulassungen für Arzneimittel oder ärztliche Dienstleistungen). Daraus lässt sich schließen, dass die Zulassung von Dienstleistungserbringern im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis nicht der Richtlinie 2014/24/EU unterfällt. Gleiches gilt für die Zulassung von Pflegeeinrichtungen sowie die Feststellung der fachlichen Eignung im Rahmen der Zulassung besonderer Dienste oder besonderer Einrichtungen. Weiterhin hat der Unionsgesetzgeber in Erwägungsgrund 6 hervorgehoben, dass es den Mitgliedstaaten freistehe, die Erbringung von sozialen oder anderen Dienstleistungen entweder als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse oder als nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse oder als eine Mischung davon zu organisieren. Der Unionsgesetzgeber stellt in diesem Zusammenhang klar, dass nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 2014/24/EU fallen.

Da künftig zwischen öffentlichen Auftraggebern nach § 99, Sektorenauftraggebern nach § 100 und Konzessionsgebern nach § 101 unterschieden werden muss, ist die bisherige Definition entsprechend anzupassen. Öffentliche Aufträge sind demgemäß Verträge sowohl von öffentlichen Auftraggebern nach § 99 als auch von Sektorenauftraggebern nach § 100. § 103 Absatz 1 verweist nicht auf § 101, da Auftraggeber nach § 101 keine öffentlichen Aufträge im Sinne des §103 Absatz 1, sondern Konzessionen im Sinne des § 105 vergeben.

Im Unterschied zur bisherigen Definition fallen zudem Baukonzessionen künftig nicht mehr unter den Begriff des öffentlichen Auftrags. Vielmehr wird künftig zwischen der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und der Vergabe von Konzessionen unterschieden. Konzessionen, einschließlich der Baukonzessionen, werden nunmehr abschließend in § 105 definiert.

Im Gegensatz zur Formulierung des bisherigen § 99 Absatz 1 GWB unterfallen Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungsaufträgen führen sollen, nicht mehr dem öffentlichen Auftragsbegriff. Damit wird im Einklang mit den Vergaberichtlinien klargestellt, dass es sich bei „Wettbewerben“, die im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Auslobungsverfahren darstellen, um ein eigenes Verfahren handelt, welches dazu dient, dem öffentlichen Auftraggeber einen Plan oder eine Planung zu verschaffen (s. Artikel 2 Absatz 1 Nummer 21 Richtlinie 2014/24/EU). Solche Wettbewerbe sind nunmehr in § 103 Absatz 6 definiert.

Formerfordernisse werden auf Verordnungsebene geregelt.