Begründung zu § 120 Abs. 4 GWB (Besondere Methoden und Instrumente in Vergabeverfahren)

§ 120 Absatz 4 dient der Umsetzung von Artikel 37 der Richtlinie 2014/24/EU. Die Regelung verbessert die Möglichkeiten, den Beschaffungsbedarf öffentlicher Auftraggeber zusammenzuführen, um so Größenvorteile zu erzielen und Transaktionskosten zu verringern. Die Regelung erfasst die Fälle, in denen zentrale Beschaffungstätigkeiten einschließlich etwaiger Nebenbeschaffungstätigkeiten im Rahmen eines öffentlichen Auftrags, daher eines entgeltlichen Vertrags, ausgeführt werden.

Mit der Zentralisierung von Beschaffungstätigkeiten besteht die Möglichkeit, das Beschaffungsmanagement zu verbessern und weiter zu professionalisieren. Die Regelung schränkt dabei nicht die Möglichkeit ein, dass öffentliche Auftraggeber ohne festen institutionellen Rahmen bei Gelegenheit gemeinsam Vergabeverfahren durchführen oder bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren zusammenarbeiten.

Die Zusammenführung und Zentralisierung von Beschaffungen darf jedoch keine unzulässige Konzentration der Kaufkraft herbeiführen. Transparenz und Wettbewerb sowie die Möglichkeiten des Marktzugangs für KMU sind aufrechtzuerhalten. Die Teile 1 bis 3 dieses Gesetzes bleiben durch die Regelung der zentralen Beschaffung unberührt.

§ 120 Absatz 4 Satz 1 definiert die zentrale Beschaffungsstelle. Es handelt sich dabei um öffentliche Auftraggeber, die auf Dauer zentrale Beschaffungstätigkeiten einschließlich damit zusammenhängender Beratungs- oder Unterstützungsleistungen für andere öffentliche Auftraggeber erbringen. Die zentrale Beschaffungsstelle kann dabei auf zwei Arten tätig sein. Entweder kann sie selbst Waren oder Dienstleistungen beschaffen und anschließend weiterverkaufen oder im Auftrag und auf Rechnung anderer öffentlicher Auftraggeber Vergabeverfahren für diese
durchführen.

In § 120 Absatz 4 Satz 2 wird klargestellt, dass öffentliche Auftraggeber zentrale Beschaffungsstellen nutzen können, um Liefer-, Bau-, oder Dienstleistungen zu beschaffen. Die zentrale Beschaffungsstelle kann dabei wiederum auf zwei Wegen genutzt werden. Erstens kann die zentrale Beschaffungsstelle selbst Liefer- und Dienstleistungen beschaffen und an den öffentlichen Auftraggeber weiterveräußern. Zweitens kommt eine Tätigkeit als Vermittler in Betracht, bei der die zentrale Beschaffungsstelle im Namen und auf Rechnung anderer öffentlicher
Auftraggeber Vergabeverfahren durchführt oder Rahmenvereinbarungen abschließt. Eine solche Vermittlertätigkeit kann entweder im Wege eines autonom durchgeführten Vergabeverfahrens ausgeübt werden oder nach Weisung der betreffenden öffentlichen Auftraggeber. Obliegt die Durchführung der Vergabeverfahren allein der zentralen Beschaffungsstelle, so ist sie für die Rechtmäßigkeit des Verfahrens allein und unmittelbar verantwortlich.

Ist dies nicht der Fall, bleibt der öffentliche Auftraggeber selbst für die Maßnahmen des Vergabeverfahrens verantwortlich, die er selbst durchführt oder anweist.

§ 120 Absatz 4 Satz 3 gestattet es öffentlichen Auftraggebern ausdrücklich, öffentliche Dienstleistungsaufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten an zentrale Beschaffungsstellen ohne ein in der Richtlinie vorgesehenes Vergabeverfahren zu vergeben. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn es sich bei dem Auftrag um eine entgeltliche Leistung handelt.

Nach § 120 Absatz 4 Satz 4 können entsprechende Dienstleistungsaufträge auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Planung und Durchführung von Vergabeverfahren (Nebenbeschaffungstätigkeit) umfassen. Nebenbeschaffungstätigkeiten sind insbesondere die Bereitstellung der technischen Infrastruktur oder Beratungsleistungen für die Durchführung von Vergabeverfahren sowie die Vorbereitung und Verwaltung des Verfahrens selbst. Handelt es sich bei einem Dienstleistungsauftrag ausschließlich um Beratungs- oder Unterstützungsleistungen, ist dagegen ein Vergabeverfahren durchzuführen.