Während nach der bisherigen deutschen Systematik des § 97 Absatz 4 Satz 1 GWB die Eignung aus den vier Elementen Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Gesetzestreue besteht, orientiert sich Absatz 1 nunmehr an den Vorgaben des Artikels 58 Absatz 1 der Richtlinie 2014/24/EU. Zwar bleiben die Begriffe Fachkunde und Leistungsfähigkeit als zentrale, definierende Komponenten der Eignung erhalten. Das Begriffspaar Fachkunde und Leistungsfähigkeit wird jedoch vollständig durch die in Absatz 2 aufgeführten drei Kategorien
ausgefüllt, die die Anforderungen der Richtlinie 2014/24/EU abbilden.
Nach § 123 sind Unternehmen bei Vorliegen von zwingenden Ausschlussgründen vom Vergabeverfahren (ohne Entscheidungsspielraum des öffentlichen Auftraggebers) auszuschließen. Unternehmen können nach einer Ermessensentscheidung des öffentlichen Auftraggebers ausgeschlossen werden, sofern ein fakultativer Ausschlussgrund nach § 124 vorliegt. Ein solcher fakultativer Ausschlussgrund ist nach § 124 Absatz 1 Nummer 1 gegeben, wenn das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- und
arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat. Nach § 124 Absatz 1 Nummer 3 kann ein Unternehmen ausgeschlossen werden, wenn eine schwere Verfehlung des Unternehmens (oder einer Person, deren Handeln dem Unternehmen zuzurechnen ist) nachweislich vorliegt, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird.
§ 128 Absatz 1 regelt (in Umsetzung des Artikels 18 Absatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU), dass die beauftragten Unternehmen auch bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags allen für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen nachkommen müssen. Dies gilt insbesondere für die Entrichtung von Steuern und Sozialabgaben, die Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen sowie die Gewährung gesetzlich festgelegter Mindestentgelte. Allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge sind ebenfalls zwingend zu beachten.
Über diese detaillierten Vorgaben der §§ 123, 124 und § 128 Absatz 1 wird – entsprechend der Systematik der Richtlinie 2014/24/EU – sichergestellt, dass nur solche Unternehmen den Zuschlag erhalten, die Recht und Gesetz in der Vergangenheit eingehalten haben und bei denen gesetzestreues Verhalten auch in Zukunft zu erwarten ist.
Die unbestimmten Rechtsbegriffe der Zuverlässigkeit und Gesetzestreue, die bisher zur Definition der Eignung herangezogen wurden, können daher künftig entfallen. Damit ändert sich nichts an der geltenden Rechtslage, wann ein Bewerber oder Bieter in einem Vergabeverfahren wegen Verstößen gegen geltendes Recht nicht zum Zuge kommen darf.