Die Verpflichtung, den Schaden zu ersetzen, der durch die dem Unternehmen zuzurechnende Straftat oder das Fehlverhalten dem öffentlichen Auftraggeber oder einem anderen entstanden ist, war bisher umstritten, wenn auch durch Rechtsprechung und Literatur überwiegend anerkannt. Artikel 57 Absatz 6 der Richtlinie 2014/24/EU statuiert nunmehr, dass jeder Schaden ersetzt werden muss, der durch die Straftat oder das Fehlverhalten des Unternehmens verursacht wurde. Alternativ genügt es auch, wenn sich das Unternehmen zur Zahlung eines Ausgleichs
verpflichtet hat, es also die Verpflichtung zur Leistung eines Schadensersatzes dem Grunde und der Höhe nach verbindlich anerkannt hat.
Dabei kann nicht nur der Ausgleich eines rechtskräftig festgestellten Schadens verlangt werden. Vielmehr muss das Unternehmen unabhängig vom Vorliegen einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung nachweisen, dass es den durch die Straftat oder das Fehlverhalten verursachten Schaden ersetzt bzw. seine Schadensersatzpflicht anerkannt hat.
Ist eine Schadensersatzforderung zwar dem Grunde nach unstreitig berechtigt, besteht aber über die Höhe des Schadens Unklarheit oder Streit, kann es für die Anerkennung von Selbstreinigungsmaßnahmen unter Umständen ausreichen, wenn das Unternehmen seine Verpflichtung zur Schadensersatzleistung dem Grunde nach anerkennt.
Falls die genaue Bezifferung des Schadens noch nicht möglich ist bzw. an Umständen scheitert, die nicht dem Unternehmen zugerechnet werden können, oder falls die Höhe der Schadensersatzforderungen streitig ist, kann es unverhältnismäßig sein, dem Unternehmen allein aus diesem Grund eine Selbstreinigung zu verweigern. Von einem Unternehmen kann nicht verlangt werden, dass es Schadensersatzforderungen anerkennt oder ausgleicht, die nicht substantiiert und möglicherweise unbegründet sind, damit seine Selbstreinigungsmaßnahmen als ausreichend
angesehen werden. Das Recht des Unternehmens, einen streitigen Schadensersatzanspruch vor einem Gericht im Rahmen eines Schadensersatzprozesses zu klären, wird durch die Regelung zur Selbstreinigung nicht beeinträchtigt. Daher kann unter Umständen, wenn der verursachte Schaden nicht offensichtlich und unstreitig ist, der Ersatz nur des unstreitig entstandenen Schadens und bzw. oder eine Anerkennung der Verpflichtung zum Ausgleich des Schadens nur dem Grunde nach ausreichen. Insbesondere bei Kartellverstößen kann es angesichts
der dabei häufig schwierigen Feststellung des Gesamtschadens und der Identität der einzelnen Gläubiger unter Umständen ausreichend für die Selbstreinigung sein, wenn das Unternehmen sich generell zum Ersatz des durch seine Beteiligung an einem Kartell entstandenen Schadens bereit erklärt beziehungsweise gegenüber Gläubigern, die konkret Schadensersatzforderungen geltend machen, die Verpflichtung zum Ausgleich des Schadens dem Grunde nach anerkennt.
Allerdings kann von dem Unternehmen – wie sich aus Nummer 2 ergibt – grundsätzlich eine Mitwirkung bei der Aufklärung der Schadenshöhe verlangt werden. Die generelle Pflicht zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung gilt umfassend für alle Tatsachen und Umstände der Straftat oder des Fehlverhaltens und damit grundsätzlich auch für die Höhe des durch die Straftat oder das Fehlverhalten verursachten Schadens.