Begründung zu § 127 Abs. 1 GWB (Zuschlag)

Wie bisher nach § 97 Absatz 5 GWB muss nach § 127 Absatz 1 auch künftig der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt werden. Im Unterschied zur bisherigen Regelung enthält § 127 in seinen Absätzen 2 bis 5 darüber hinaus weitere grundlegende Vorgaben zum Zuschlag und zur Gestaltung der Zuschlagskriterien, die bisher nur auf untergesetzlicher Ebene in § 16 Absatz 6 VOB/A EG, §§ 19 Absatz 9, 21 Absatz 1 VOL/A EG sowie § 11 Absatz 5 VOF enthalten waren.

§ 127 Absatz 1 Satz 2 stellt klar, dass es sich beim Zuschlag um eine Wertungsentscheidung handelt. Während die Eignung eines Bewerbers oder Bieters grundsätzlich absolut festgestellt wird (Eignung liegt vor oder liegt nicht vor) und Ausführungsbedingungen (§ 128 Absatz 2) als feste Vorgabe vom späteren Auftragnehmer zwingend beachtet werden müssen, sind die Zuschlagskriterien vom öffentlichen Auftraggeber mit einer Wertungsskala zu versehen und Kriterien für die Beurteilung im Rahmen dieser Wertungsskala festzulegen.

Mit § 127 wird Artikel 67 der Richtlinie 2014/24/EU im Grundsatz umgesetzt; die weitere Konkretisierung der Vorschriften zum Zuschlag erfolgt auf der Ebene der Rechtsverordnung (insbesondere Vergabeverordnung).

Nach Absatz 1 Satz 3 stellt die „Wirtschaftlichkeit“ des Angebots auch künftig den Maßstab für die Angebotswertung dar. Ausgefüllt wird der Begriff durch das Konzept des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses: Der Angebotspreis oder die (unter Einbeziehung weiterer Faktoren, wie z. B. dem finanziellen Aufwand für Betrieb und Wartung der Leistung, errechneten) Kosten müssen ins Verhältnis gesetzt werden zur Leistung, die im Rahmen des öffentlichen Auftrages erbracht werden soll. Preis oder Kosten müssen bei der Angebotsbewertung zwingend
berücksichtigt werden. Erstmals wird dabei auf gesetzlicher Ebene klargestellt, dass bei der Leistungsbewertung auch zusätzliche Kriterien wie etwa qualitative, umweltbezogene, innovative oder soziale Aspekte Berücksichtigung finden können.

Zwar ist es auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses auch künftig zulässig, den Zuschlag allein auf das preislich günstigste Angebot zu erteilen. Der öffentliche Auftraggeber wird jedoch – insbesondere bei der Beschaffung von nicht-marktüblichen, nicht standardisierten Leistungen – seine Vergabeentscheidung in der Regel auf weitere Zuschlagskriterien wie z. B. Qualität, Zweckmäßigkeit, technischer Wert, Lieferfrist oder Ausführungsdauer stützen. Soziale Aspekte, wie etwa die Förderung der sozialen Integration von benachteiligten Personen, der Berücksichtigung von Aspekten der Barrierefreiheit oder des „Designs für Alle“ sowie positive Umwelteigenschaften (z. B. Klima- und Energieeffizienzeigenschaften) der Leistung können dabei vom öffentlichen Auftraggeber ebenfalls als Zuschlagskriterium vorgegeben werden.
Die Aufzählung der Zuschlagskriterien in Absatz 1 Satz 3 ist nicht abschließend. Die Auswahl der Kriterien, auf die der öffentliche Auftraggeber für die Erteilung des Zuschlags abzustellen beabsichtigt, bleibt dessen freiem Ermessen überlassen, sofern Sonderregelungen nicht die Vorgabe bestimmter Kriterien zwingend vorschreiben.