Die neue Vorschrift des § 131 schreibt die bisher bestehende Rechtslage bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen über Eisenbahndienste im Wesentlichen fort. Für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen über Personenverkehrsdienste im Eisenbahnverkehr galten bei Überschreiten des Schwellenwerts bisher schon die vergaberechtlichen Vorgaben des Vierten Teils des GWB. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 8. Februar 2011 die Anwendbarkeit des allgemeinen Vergaberechts und des Grundsatzes der öffentlichen Ausschreibung auf die Vergaben von Eisenbahnleistungen bestätigt (BGH, Beschluss vom 8.2.2011, X ZB 4/10). Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat Klarheit darüber geschaffen, dass in Deutschland nationales Recht der allgemeinen Direktvergabemöglichkeit im Eisenbahnverkehr nach Artikel 5 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates entgegensteht.
Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Eisenbahnverkehr soll auch in Zukunft grundsätzlich im Wettbewerb erfolgen. Die bisherige Ausschreibungspraxis im Schienenpersonennahverkehr belegt, dass wettbewerbliche Vergabeverfahren zu mehr Effizienz sowie besserer Dienstleistungsqualität führen und der öffentlichen Hand dabei helfen, das wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln. Artikel 10 Buchstabe i der Richtlinie 2014/24/EU nimmt zwar öffentliche Aufträge, die zum Gegenstand Personenverkehrsdienste auf Schiene oder per Untergrundbahn haben, vom Anwendungsbereich der Richtlinie aus. Soweit die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 aber die Möglichkeit einräumt, im nationalen Recht von den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 abzuweichen, sollen die Mitgliedstaaten – wie Erwägungsgrund 27 der Richtlinie 2014/24/EU ausdrücklich klarstellt – weiterhin in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorsehen können, dass solche öffentlichen Aufträge durch ein Vergabeverfahren vergeben werden müssen, das ihren allgemeinen Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe entspricht.
Neben dem GWB-Vergaberecht waren bisher auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Eisenbahnverkehr die Verfahrensvorschriften des 1. Abschnitts der VOL/A anwendbar, bei Überschreitung des Schwellenwertes über die Verweisung in der bisherigen Fassung des § 4 Absatz 2 Nummer 2 VgV für sogenannte nachrangige Dienstleistungen gemäß Anlage I Teil B. Da die Richtlinie 2014/24/EU die bisherige Unterscheidung in vorrangige und nachrangige Dienstleistungen aufhebt, war insofern eine Neuregelung erforderlich, die parallel zu der Regelung der Vergabe öffentlicher Aufträge über soziale und andere besondere Dienstleistungen in § 130 getroffen wurde, die ebenfalls bisher sogenannte nachrangige Dienstleistungen gemäß Anlage I Teil B waren.
Für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Dienstleistungskonzessionen über Personenverkehrsdienste gemäß § 1 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) sollen auch weiterhin die Regelungen der §§ 8a, 8b PBefG gelten. Bei den Personenverkehrsdiensten gemäß § 1 PBefG handelt es sich um Personenverkehrsdienste auf der Straße, insbesondere mit Straßenbahnen, Untergrundbahnen, Oberleitungsbussen oder mit Kraftfahrzeugen. Als „Straßenbahnen“ im Sinne des § 1 PBefG gelten gemäß § 4 Absatz 2 PBefG auch Hoch- und Untergrundbahnen,
Schwebebahnen und ähnliche Bahnen besonderer Bauart. Für öffentliche Aufträge verweist § 8a PBefG auf das GWB-Vergaberecht und auf die Verordnung (EG) 1370/2007. Für Dienstleistungskonzessionen gestaltet § 8b PBefG das wettbewerbliche Vergabeverfahren nach Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) 1370/2007 aus.
§ 149 Nummer 12 nimmt die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen über die Beförderung von Personen im Sinne des § 1 PBefG von Teil 4 des GWB aus, so dass hierauf weiterhin § 8b PBefG Anwendung findet.
§ 131 stellt die auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen über Eisenbahndienste anwendbaren Vorschriften klar, ohne inhaltlich wesentliche Veränderung gegenüber den bisherigen Vorgaben zu bewirken. § 131 Absatz 1 stellt sicher, dass die Aufgabenträger im Schienenpersonennahverkehr bei der Wahl der Verfahrensart und der Ausgestaltung des Vergabeverfahrens ebenso wie nach der bisherigen Rechtslage die notwendige Flexibilität haben, um den Besonderheiten und der Komplexität dieser Vergaben Rechnung tragen zu können.
Gleichzeitig entspricht diese Regelung den Vorgaben für das wettbewerbliche Vergabeverfahren nach Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.