Begründung zu § 97 Abs. 5 GWB (Grundsätze der Vergabe)

§ 97 Absatz 5 setzt den Grundsatz der elektronischen Kommunikation im Vergabeverfahren des Artikels 29 Absatz 1 der Richtlinie 2014/23/EU, Artikels 22 Absatz 1 Unterabsatz 1 Satz 1 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikels 40 Absatz 1 Unterabsatz 1 Satz 1 der Richtlinie 2014/25/EU um. In jedem Stadium eines Vergabeverfahrens sollen sowohl die Auftraggeber als auch die Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nutzen.

Mit dieser grundsätzlichen Vorgabe zur Nutzung elektronischer Mittel sind Ausnahmen wie zum Beispiel im Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/81/EG ebenso erfasst wie die in den Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU vorgesehenen Übergangsfristen.

Die elektronische Kommunikation betrifft insbesondere die elektronische Erstellung und Bereitstellung der Bekanntmachung und der Vergabeunterlagen, die elektronische Angebotsabgabe sowie die elektronische Vorbereitung des Zuschlags.

Die Umstellung auf die elektronische Kommunikation ist zwingend, und zwar unabhängig vom Liefer- oder Leistungsgegenstand, der der Vergabe zugrunde liegt. Es ist im Zusammenhang mit der Einführung der elektronischen Kommunikation unerheblich, ob im Einzelfall eine Bau- oder Dienstleistung oder eine Lieferung vergeben wird.

Mit der Pflicht zur Umstellung auf den Einsatz von IKT im Vergabeverfahren ist nicht die Pflicht zur Verwendung spezifischer Programme oder Hilfsmittel der IKT, wie zum Beispiel Programmen zur Gebäudedatenmodellierung (so genannte BIM-Systeme), verbunden. Die Entscheidung über den Einsatz solcher spezifischen Programme oder Hilfsmittel der IKT treffen allein die Auftraggeber.

Die öffentlichen Auftraggeber müssen, von spezifischen Sonderfällen abgesehen, elektronische Kommunikationsmittel nutzen, die nichtdiskriminierend, allgemein verfügbar sowie mit den allgemein verbreiteten Erzeugnissen der Informations- und Kommunikationstechnologien kompatibel sind und den Zugang der Wirtschaftsteilnehmer zum Vergabeverfahren nicht einschränken.

Dabei ist den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen hinreichend Rechnung zu tragen.

Ab dem 18. April 2016 dürfen EU-weite Bekanntmachungen nur noch elektronisch beim Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union eingereicht werden. Die Bekanntmachungen müssen zwingend eine Internetadresse enthalten, unter der sämtliche Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt und vollständig direkt mithilfe von IKT abgerufen werden können.

Ausnahmen gelten ausschließlich für diejenigen Bestandteile der Vergabeunterlagen, die nicht mithilfe allgemein verfügbarer IKT elektronisch abgebildet werden können oder hinsichtlich derer durch die neuen EU-Vergaberichtlinien eng umrissene Sicherheitsbedenken geltend gemacht werden können.

Im weiteren Verfahren ist bis spätestens 18. April 2017 (zentrale Beschaffungsstellen) bzw. 18. Oktober 2018 (andere als zentrale Beschaffungsstellen) auch das Einreichungsverfahren ausnahmslos IKT-basiert auszugestalten.

Andere als elektronische Angebote dürfen nach den vorgenannten Stichtagen, außer in wenigen Ausnahmefällen, nicht mehr entgegengenommen und im Vergabeverfahren berücksichtigt werden.

Es wird in diesem Zusammenhang nicht zwischen zentralen und anderen als zentralen Beschaffungsstellen auf den verschiedenen Verwaltungsebenen unterschieden.

§ 97 Absatz 5 beschränkt sich auf den Grundsatz der elektronischen Kommunikation, die Ausgestaltung erfolgt in den Verordnungen, die auf der Grundlage von § 113 Satz 2 Nummer 4 erlassen werden.

Die unterschiedlichen Umsetzungsfristen für die Einführung der elektronischen Kommunikation, die die EU-Richtlinien ermöglichen, werden dabei voll ausgeschöpft. Auch die Ausnahmen von der elektronischen Kommunikation werden auf Verordnungsebene geregelt.