Begründung zu § 108 GWB (Ausnahmen bei öffentlich-öffentlicher Zusammenarbeit)

§ 108 regelt erstmals den Bereich der von der Anwendung des Vergaberechts ausgenommenen öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit. Damit wird nunmehr gesetzlich Klarheit geschaffen, unter welchen Voraussetzungen zwischen öffentlichen Auftraggebern geschlossene Verträge von der Anwendung des Teils 4 des GWB ausgenommen sind. Bislang basierten die Vorgaben hierzu auf den von der Rechtsprechung des EuGH entwickelten Grundsätzen.

§ 108 dient der Umsetzung von Artikel 17 der Richtlinie 2014/23/EU, Artikel 12 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikel 28 der Richtlinie 2014/25/EU.
Grundsätzlich soll das Vergaberecht öffentliche Auftraggeber nicht in ihrer Freiheit beschränken, die ihnen übertragenen öffentlichen Aufgaben gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern oder eigenen Unternehmen zu erfüllen. Allerdings ist der Umstand, dass beide Parteien einer Vereinbarung selbst öffentliche Auftraggeber sind, allein nicht ausreichend, um die Anwendung des Vergaberechts auszuschließen. Hierfür müssen vielmehr weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Dadurch sollen insbesondere Wettbewerbsverzerrungen im Verhältnis zu privaten Unternehmen vermieden werden. Über Art und Umfang herrschte bislang allerdings mangels gesetzlicher Regelungen oftmals Ungewissheit. Die neuen EU-Vergaberichtlinien schaffen insofern durch die neuen Vorschriften zur öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit Rechtssicherheit für öffentliche Auftraggeber und Auftragnehmer.

Im Wesentlichen wird damit die Rechtsprechung des EuGH kodifiziert. Im Rahmen der Umsetzung ins deutsche Recht sollen die europäischen Vorgaben möglichst eins-zu-eins übernommen werden.

§ 108 unterscheidet entsprechend der Vorgaben der EU-Richtlinien grundsätzlich zwischen der Zusammenarbeit auf vertikaler und horizontaler Ebene. Während die Zusammenarbeit auf vertikaler Ebene die verschiedenen Inhouse-Konstellationen betrifft und in den Absätzen 1 bis 5 geregelt ist, ist die horizontale Zusammenarbeit von öffentlichen Auftraggebern (bei Beteiligung von Kommunen oftmals auch interkommunale Kooperation genannt) in Absatz 6 geregelt.

§ 108 regelt nicht die Fälle, in denen Befugnisse und Zuständigkeiten für die Ausführung öffentlicher Aufgaben zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Gruppen von öffentlichen Auftraggebern durch Vereinbarungen, Beschlüsse oder auf anderem Wege übertragen werden, ohne dass insoweit eine Vergütung für vertragliche Leistungen vorgesehen ist. Diese Fälle unterfallen – ungeachtet der in § 108 geregelten Ausnahmen – von vornherein nicht diesem Teil, da es sich, wie auch Artikel 1 Absatz 6 der Richtlinie 2014/24/EU festhält, um Angelegenheiten der internen Organisation handelt.