Aufgrund des § 5 Absatz 1 Nummer 2, 3 und 4 des Vergabegesetzes Schleswig-Holstein (VGSH) vom 8. Februar 2019 (GVOBl. Schl.-H. S. 40) verordnet das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus:
§ 1
Zweck und Anwendungsbereich der Verordnung
(1) Diese Verordnung regelt die bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Baukonzessionen einzuhaltenden Verfahren nebst Ausnahmen und Wertgrenzen, soweit der geschätzte Auftragswert die jeweiligen EU-Schwellenwerte nicht erreicht oder überschreitet. Die Verordnung gilt auch für Lose, auf die der öffentliche Auftraggeber die Regelung von § 3 Absatz 9 der Vergabeverordnung (VgV) vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 17. August 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 222), anwendet.
(2) Auch im Anwendungsbereich dieser Verordnung sind im Falle der Binnenmarktrelevanz die Grundsätze des EU-Primärrechts zu beachten.
(3) Bei Vergaben nach § 3 Absatz 3 des Vergabegesetzes Schleswig-Holstein (VGSH) vom 8. Februar 2019 (GVOBl. Schl.-H. S. 40) gelten die Ausnahmen nach §§ 137 bis 140 sowie nach §§ 149, 150 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750, ber. S. 3245), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Oktober 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 294), entsprechend.
§ 2
Schätzung der Auftragswerte, Begriffsbestimmungen
(1) Die Schätzung der Auftragswerte erfolgt entsprechend § 3 VgV.
(2) Auftragswert im Sinne dieser Verordnung ist der nach Absatz 1 geschätzte voraussichtliche Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer.
(3) Ein Einzelauftragswert im Sinne dieser Verordnung ist der geschätzte voraussichtliche Wert ohne Umsatzsteuer für jeweils ein Fachlos.
§ 3
Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen
(1) Öffentliche Auftraggeber nach § 1 Absatz 1 VGSH haben bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen unterhalb der Schwellenwerte nach § 106 GWB die Bestimmungen der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) vom 2. Februar 2017 (BAnz AT vom 7. Februar, ber. 8. Februar 2017) nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 VGSH anzuwenden, bis eine andere Fassung nach § 3 Absatz 2 VGSH für verbindlich erklärt wird.
(2) Es gelten folgende Ausnahmen von der UVgO:
1. §§ 7 und 38 UVgO sind anzuwenden mit der Maßgabe, dass die Durchführung von elektronischen Vergabeverfahren fakultativ ist und andere Verfahrensformen zulässig bleiben. Ab dem 1. Januar 2025 ist für Vergabeverfahren, die ab diesem Zeitpunkt begonnen werden, ein elektronisches Vergabeverfahren verpflichtend über einem Auftragswert von 150.000 EUR; der Auftraggeber darf zulassen, dass Teilnahmeanträge oder Angebote nach Wahl des Unternehmens schriftlich statt über elektronische Mittel gemäß § 7 Absatz 1 UVgO abgegeben werden. Er darf weiter zulassen, dass die Kommunikation nur die Vergabeunterlagen betreffend nach Wahl der Unternehmen statt über das elektronische Mittel schriftlich oder anderweitig in Textform (§ 126b BGB) erfolgt. Es ist sicherzustellen, dass allen Unternehmen alle die Vergabeunterlagen betreffenden Informationen zur Verfügung gestellt werden;
2. § 7 Absatz 3 Satz 2 UVgO ist fakultativ, soweit das Vergabeverfahren ausschließlich schriftlich zugelassen wurde;
3. Ein Direktauftrag nach § 14 UVgO ist zulässig bis zu einem Auftragswert von 5 000 EUR;
4. § 29 Absatz 1 UVgO ist fakultativ anwendbar; ab dem 1. Januar 2025 gilt dies bis zu einem Auftragswert von 150 000 EUR;
5. §§ 39 und 40 UVgO sind bei Verhandlungsvergaben ohne Teilnahmewettbewerb fakultativ anwendbar; ab dem 1. Januar 2025 gilt der erste Teilsatz bis zu einem geschätzten Auftragswert von 150 000 EUR; die Grundsätze des Geheimwettbewerbs sind zu wahren, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind zu schützen;
6. § 46 Absatz 1 Satz 1 und 2 UVgO ist für Vergaben bis zu einem Auftragswert von 50.000 Euro sowie wenn eine Vorabinformation nach § 5 erteilt wurde fakultativ;
7. freiberufliche Leistungen nach § 50 UVgO können bis zu einem Auftragswert von 25 000 EUR sowie bis zu einem Einzelauftragswert von 25 000 EUR im Wege eines Direktauftrages entsprechend § 14 Satz 1 UVgO vergeben werden; § 14 Satz 2 UVgO ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für Verfahren nach der UVgO gilt ergänzend folgende Wertgrenze:
Bis zu einem Auftragswert von 150 000 EUR ist sowohl eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb als auch eine Verhandlungsvergabe ohne weitere Voraussetzungen zulässig.
§ 4
Vergabe von Bauleistungen
(1) Öffentliche Auftraggeber und Konzessionsgeber haben bei der Vergabe von Bauaufträgen und Baukonzessionen unterhalb der Schwellenwerte nach § 106 GWB die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A) Abschnitt 1 anzuwenden. Aufgrund des § 3 Absatz 2 VGSH wird Abschnitt 1 der VOB/A vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.2.2019 B2) für verbindlich erklärt.
(2) § 12 Absatz 1 Nummer 1 VOB/A ist anzuwenden mit der Maßgabe, dass Auftragsbekanntmachungen auch auf dem Internetportal www.service.bund.de veröffentlicht werden müssen.
(3) Ab dem 1. Januar 2025 ist ein elektronisches Vergabeverfahren verpflichtend über einem Auftragswert von 1 000 000 EUR, es sei denn esliegt einer der Ausnahmetatbestände des § 11b des 2. Abschnitts der VOB/A vor oder der Einzelauftragswert beträgt bis zu 150 000 EUR. Der Auftraggeber darf zulassen, dass Teilnahmeanträge oder Angebote nach Wahl des Unternehmens schriftlich statt über elektronische Mittel gemäß § 11a VOB/A abgegeben werden. Er darf weiter zulassen, dass die Kommunikation nur die Vergabeunterlagen betreffend nach Wahl der Unternehmen statt über das elektronische Mittel schriftlich oder in anderer Textform erfolgt. Es ist sicherzustellen, dass allen Unternehmen alle die Vergabeunterlagen betreffenden Informationen zur Verfügung gestellt werden. § 11 Absatz 6 Satz 2 VOB/A ist fakultativ für Vergabeverfahren, die ausschließlich schriftlich zugelassen wurde.
(4) Abweichend von § 3a Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 3 Satz 2 VOB/A gelten ergänzend zu den sonstigen Regelungen der VOB/A folgende Wertgrenzen:
1. eine Beschränkte Ausschreibung ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb ist ohne weitere Voraussetzungen zulässig bis zu einem Auftragswert von 1 000 000 EUR sowie bis zu einem Einzelauftragswert von 1 000 000 EUR;
- 2. eine Freihändige Vergabe ist ohne weitere Voraussetzungen zulässig bis zu einem Auftragswert von 150 000 EUR sowie bis zu einem Einzelauftragswert in Höhe von 150 000 EUR.
Bei Vergaben nach Nummer 1 ist § 20 Absatz 4 VOB/A entsprechend anzuwenden.
(5) Ein Direktauftrag ist abweichend von § 3a Absatz 4 VOB/A zulässig bis zu einem Auftragswert von 10 000 EUR.
(6) Die §§ 6 und 7 VgV sind entsprechend anzuwenden.
§ 5
Vorabinformation
(1) Auftraggeber informieren die Unternehmen, deren Teilnahmeanträge oder Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, in Textform, elektronisch oder per Telefax über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot den Zuschlag erhalten soll und die Gründe der Nichtberücksichtigung (Vorabinformation) spätestens sieben Kalendertage vor Erteilung des Zuschlags. Die Wartefrist kann bei der Festlegung der Bindefrist gemäß § 10 Absatz 4 VOB/A hinzuaddiert werden. Für Vergaben mit einem Einzelauftragswert bis 50 000 EUR ist die Vorabinformation fakultativ anwendbar. Die zusätzliche Anwendung von § 19 Absatz 2 VOB/A sowie § 46 Absatz 1 Satz 1 und 3 UVgO ist nicht verpflichtend.
(2) Einer Vorabinformation bedarf es nicht, sofern entweder einem betroffenen Unternehmen die Nichtberücksichtigung bereits vorher in Textform mitgeteilt worden ist, oder in Fällen, in denen eine freihändige Vergabe oder eine Verhandlungsvergabe wegen Dringlichkeit gerechtfertigt ist, oder es nur einen Teilnahmeantrag oder ein Angebot gab.
§ 6
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. April 2019 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Schleswig-Holsteinische Vergabeverordnung vom 13. November 2013 (GVOBl. Schl.-H. S. 439), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. September 2018 (GVOBl. Schl.-H. S. 472), außer Kraft.