Vergabekammer Westfalen, Az.: VK 1 – 49/23, Beschluss vom 01.03.2023 – Beurteilungsspielraum, organisieren und strukturieren der Bewertung

Feb 1, 2023 | Nachrichten, Rechtsprechung

Vergabekammer Westfalen

Aktenzeichen: VK 1 – 49/23

Beschluss vom 01.02.2023

 

Leitsatz (amtlich):

1. Es unterfällt dem Beurteilungsspielraum des öffentlichen Auftraggebers, wie er die Bewertung organisiert und strukturiert (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.03.2021, Verg 34/20).

2. Bei der Wertung der Angebote und namentlich auch bei der Bewertung von Qualitätskriterien wie Konzepten genießt der öffentliche Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 04.04.2017, X ZB 3/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017, Verg 39/16 oder OLG München, Beschluss vom 17.09.2015, Verg 3/15).

3. Dies setzt voraus, dass die Wertungen anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und – ganz wesentlich – nachvollziehbar sind (vgl. etwa VK Bund, Beschluss vom 04.04.2022, VK 2 24/22). Die Nachvollziehbarkeit ist insbesondere im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens bedeutend und eng mit der gesetzlich statuierten Dokumentationspflicht verbunden.

4. Nachvollziehbarkeit bedeutet, dass für die Nachprüfungsinstanzen nachverfolgbar ist, warum das ausgewählte Angebot unter den weiteren Angeboten, die ebenfalls als wertbar angesehen werden, als das wirtschaftlichste bewertet wurde. Diese Gründe müssen derart detailliert sein, dass ein mit dem jeweiligen Vergabeverfahren vertrauter Leser sie als fassbar erachtet.

5. Der öffentliche Auftraggeber muss deswegen nach Eröffnung der Angebote seine maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten Details des jeweiligen Konzepts ausschlaggebend für die Punktevergabe gewesen sind. Die Begründung muss dazu alle Informationen enthalten, die notwendig sind, um die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers nachvollziehen zu können (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 25.03.2021, 13 Verg 1/21 unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17).

Entscheidungstext:
Vergabekammer Westfalen bei der Bezirksregierung Münster

Beschluss

In dem Nachprüfungsverfahren wegen der Vergabe von Beratungs- und Betreuungsleistungen von Flüchtlingen

pp.

hat die Vergabekammer Westfalen durch die Vorsitzende Diemon-Wies, den hauptamtlichen Beisitzer Neitzke und den ehrenamtlichen Beisitzer Meschede auf die mündliche Verhandlung vom 13.01.2023 am 01.02.2023 beschlossen:

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden auf xxx Euro festgesetzt.

3. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

4. Die Antragsgegnerin trägt die Verfahrensgebühr und die notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin für deren zweckentsprechende Rechtsverfolgung.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin schrieb im offenen Verfahren durch Bekanntmachung vom 02.09.2022 im Supplement zum Amtsblatt der europäischen Union unter der Nummer 2022/S 169-479875 Beratungs- und Betreuungsdienstleistungen von Flüchtlingen aus. Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes sollte auf der Grundlage der in den Vergabeunterlagen enthaltenen Bewertungsmatrix erfolgen. Laut Auftragsbekanntmachung sollte der Angebotspreis mit 40 %, die „Qualität und Inhaltliche Umsetzung“ mit insgesamt 45 % gewertet werden, weitere 15 % sollten „auf die Qualität / Organisatorische Umsetzung / Personalkonzept“ entfallen.

In der Leistungsbeschreibung heißt es unter der Überschrift „Zu den vom Auftraggeber zu erbringende Leistungen gehören insbesondere:

Beratung und Betreuung von Flüchtlingen, Asylbewerbern, Aussiedlern und weiteren zugewanderten oder aufgenommenen Menschen bei der Organisation des täglichen Lebens in den Gemeinschaftsunterkünften/Übergangseinrichtungen oder dem zur Verfügung stehenden Wohnraum. Es sollen Orientierungshilfestellungen im neuen Lebensumfeld gegeben und die Integration gefördert werden.

Hinzu kommt der individuelle Beratungsbedarf der einzelnen Person hinsichtlich der gesellschaftlichen Integration, die alle Bereiche umfasst wie Spracherwerb, Wohnraum, Betreuung und Bildung der Kinder, Freizeit, sowie die Integration Lebensverhältnisse in Deutschland. Hierunter versteht in den Arbeitsmarkt und die sich auch eine Verbraucherberatung hinsichtlich Vertragsabschlüssen und Versicherungen, sowie auch klimafreundliches und energiesparendes Verhalten. Wesentlicher Bestandteil dieser Tätigkeit ist auch die Beratung in ausländer-, asyl-, aufenthalts- und sozialleistungsrechtlichen Fragestellungen.

Der Bieter hat zu diesem Zwecke zwei zentrale Anlauf- und Beratungsstellen im Stadtgebiet einzurichten und zu unterhalten. Diese Anlauf- und Beratungsstellen sind in den Stadtteilen S. (PLZ: 57xxx) und S.-G. (PLZ: 57xxx) zu betreiben.

Dort müssen montags freitags offene Sprechzeiten im Umfang von täglich mindestens 2 Stunden angeboten werden, an mindestens einem Tag pro Woche auch nachmittags bis 18:00 Uhr. Darüber hinaus müssen hier auch qualifizierte Beratungen nach Terminvereinbarung stattfinden. Die hierfür erforderlichen Räumlichkeiten sind durch den Auftragnehmer zur Verfügung zu stellen, einzurichten, zu betreiben und zu unterhalten.

Die vorgenannten Ziele der Beratung und Betreuung erfordern eine aufsuchende, wohnort- und stadtteilbezogene Hilfe.

Sofern möglich stellt die Universitätsstadt Gemeinschaftsunterkünften/Übergangseinrichtungen S. in größeren zusätzliche Büro- und Beratungsräume kostenfrei zur Mitnutzung durch den Auftragnehmer zur Verfügung, wenn dies als sinnvoll erachtet wird. Für den Fall der Zurverfügungstellung dieser Räume wird erwartet, dass eine zusätzliche regelmäßige Beratung durch den Bieter erfolgt bzw. sichergestellt wird. Die Einrichtung und das Betreiben dieser Büro- und Beratungsräume obliegt dem Bieter.

Darüber hinaus haben regelmäßige Hausbesuche in den weiteren Unterkünften und Wohnungen, mindestens aber bei Erstzuweisung bzw. Neuzuwanderung und Bezug oder Wechsel des Wohnraums zu erfolgen sowie dann, wenn durch die Dienste und Abteilungen der Universitätsstadt S. auf die Notwendigkeit eines Hausbesuchs hingewiesen wird. Bei Erstzuweisung bzw. Neuzuwanderung ist außer in begründeten Ausnahmefällen sicherzustellen, dass eine erste Betreuung unmittelbar bei Ankunft in S. in der Unterkunft erfolgt. Da der Ankunftszeitpunkt von der Universitätsstadt S. nicht beeinflusst werden kann, erfolgt die Ankunft zum Teil außerhalb der „normalen Bürozeiten“.

Unabhängig hiervon hat ein Hausbesuch pro Halbjahr im Rahmen der aufsuchenden Arbeit durch das eingesetzte Personal zu erfolgen.

2. Die Unterstützung durch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer ist wesentlicher Bestandteil der dezentral organisierten Unterbringung und einer gelingenden Integration sowie wichtige Ergänzung zu der hauptberuflichen/professionellen Unterstützung. Daher zählt die Mitwirkung in den lokalen Netzwerken und die Begleitung der Ehrenamtlichen in enger Kooperation mit dem

Integrationsbeauftragten der Universitätsstadt S. und den weiteren beteiligten städtischen Arbeitsbereichen zum Aufgabenbereich.

Zudem ist die Begleitung, Beratung und Schulung der ehrenamtlichen Kräfte sowie die Unterstützung bei der Umsetzung ehrenamtlicher Projekte Aufgabe des Auftragnehmers.

Im Bereich der Migrantenorganisationen bestehen die Aufgaben ebenso in der Mitwirkung bei der Koordination und in der Beratung der Organisationen in enger Kooperation mit dem Integrationsbeauftragten der Universitätsstadt S. und den weiteren beteiligten städtischen Arbeitsbereichen. Die Universitätsstadt S. geht davon aus, dass dieser Tätigkeitsbereich ca. 5% des zur Verfügung stehenden Stundenkontingents erfasst.“

Weiterhin heißt es zur Qualitätsbewertung:

„Der qualitative Aspekt des Angebotes wird anhand folgender Unterkriterien bewertet:

Alle Konzepte werden im Auftragsfall Vertragsbestandteil, d.h. der Auftragnehmer ist an seine diesbezüglichen Zusagen gebunden.

2.1 Inhaltliche Umsetzung

a) Konzept zur Betreuung und Beratung von Flüchtlingen, Asylbewerbern, Aussiedlern und weiteren zugewanderten oder aufgenommenen Menschen in der Universitätsstadt Siegen

Der Bieter hat in seinem Angebot seine konzeptionellen Überlegungen zur Umsetzung der Hilfestellungen und Unterstützungsangebote der nach Siegen kommenden und hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund mit der Zielsetzung, deren Integration in sozialer, kultureller, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht zu fördern, darzulegen. Hierbei können auch Beispiele aus Referenzprojekten genutzt werden.

Konkret erwartet werden Aussagen zu den nachfolgenden Punkten:

Wie sieht Ihre Betreuung und Beratung der Flüchtlinge, Asylbewerber, Aussiedler und weiterer zugewanderter oder aufgenommener Menschen in Siegen aus? Wie stellen Sie sich die Betreuung und Beratung im Rahmen des Stundenkontingents über die in der Leistungsbeschreibung explizit genannten Aufgaben hinaus vor?

Bewertung:

Das Konzept ist nachvollziehbar und lässt inhaltlich mit Blick auf die Zielsetzung eine zuverlässige und kompetente Betreuung und Beratung der zugewanderten Menschen in jeder Hinsicht erwarten

4 Punkte

Das Konzept ist nachvollziehbar und lässt inhaltlich mit Blick auf die Zielsetzung eine überwiegend zuverlässige und kompetente Betreuung und Beratung der zugewanderten Menschen erwarten

2 Punkt[e]

Das Konzept ist nicht nachvollziehbar und lässt inhaltlich mit Blick auf die Zielsetzung keine oder nur unzureichend zuverlässige und kompetente Betreuung und Beratung der zugewanderten Menschen erwarten

0 Punkte

b) Konzept zur Mitwirkung bei der Koordination und Beratung von Migrantenorganisationen, Netzwerken und Ehrenamtlichen

Der Bieter hat in seinem Angebot seine konzeptionellen Überlegungen zu seiner Mitwirkung bei der Koordination der lokalen Netzwerke und Begleitung der ehrenamtlich bei der Unterbringung und Integration helfenden Personen sowie seiner Mitwirkung bei der Koordination und Beratung von Migrantenorganisationen in enger Kooperation mit dem Integrationsbeauftragten der Universitätsstadt Siegen und den weiteren beteiligten städtischen Arbeitsbereichen darzulegen. Hierbei können Referenzprojekten genutzt werden.

Konkret erwartet werden Aussagen zu den nachfolgenden Punkten:

1. Wie binden Sie die Ehrenamtlichen ein und begleiten diese bei ihrer Arbeit?

Bewertung:

Das Konzept lässt eine umfassende Einbindung auch Beispiele aus der Ehrenamtlichen in das Betreuungsangebot für die zugewanderten Menschen erkennen und bietet ein umfassendes Beratungsangebot für Ehrenamtliche

2 Punkte

Das Konzept lässt eine teilweise Einbindung erkennen und bietet ein ausreichendes Beratungsangebot für Ehrenamtliche

1 Punkt

Konzept lässt keine oder nur eine sehr rudimentäre Einbindung der Ehrenamtlichen in das Betreuungsangebot erkennen und bietet keine oder nur sehr geringen Beratungsangebote für Ehrenamtliche 0 Punkte

2. Wie stellen Sie sich Ihre Mitwirkung in den lokalen Netzwerken vor?

Bewertung:

Federführung und Moderation der Treffen der lokalen Netzwerke

Aktives Animieren von Bürgern zur Mitarbeit in lokalen Netzwerken durch konkrete Angebote für Interessierte

Jeweils 1 Punkt, insgesamt max. 2 Punkte

2.2 Organisatorische Umsetzung Personalkonzept

Der Bieter hat darzulegen und zu beschreiben, mit welchem Personalkonzept er geforderten Leistungen erbringen möchte.

Konkret erwartet werden Aussagen zu den nachfolgenden Punkten:

1. Wie stellen Sie sich die Einsatzplanung vor?

Bewertung: Nach dem Personalkonzept erfolgt eine Einsatzplanung mindestens einen Monat im Voraus, bietet aber gleichzeitig die Flexibilität auf Unvorhergesehenes zu reagieren

2 Punkte

Das Personalkonzept sieht eine kurzfristige Planung vor und bietet eine hohe Flexibilität 1 Punkt

Das Personalkonzept sieht eine mittel bis langfristige Planung vor, Änderungen sind hierbei nur schwer möglich 0 Punkte

2. Wie stellen Sie eine Vertretung bei vorübergehendem Ausfall eines Mitarbeiters (z.B. Krankheit oder Urlaub) sicher?

Bewertung: Es gibt ein überzeugendes Vertretungskonzept, dass bereits im Unternehmen etabliert ist 2 Punkte

Es wird ein Vertretungskonzept für die Auftragsausführung eingerichtet

1. Punkt

Die Vertretung wird im Einzelfall und situationsabhängig organisiert

0. Punkte

Für jedes Unterkriterium wird die jeweilige Gesamtpunktzahl durch Addition der zu jeder Frage erreichten Punktzahl ermittelt (max. 4 Punkte). Die im jeweiligen Unterkriterium erreichte Gesamtpunktzahl wird, wie in der obigen Abbildung 1 (Bewertungsmatrix) dargestellt, mit dem jeweiligen Multiplikator vervielfacht. Die Gesamtpunktzahl des Angebotes ergibt sich aus der Addition der erreichten gewichteten Punktzahlen jedes Unterkriteriums (max. 400). Das Angebot mit der höchsten Gesamtpunktzahl erhält den Zuschlag.

Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene und ein weiterer Bieter gaben fristgerecht ein Angebot ab. Im Folgenden bewertete die Antragsgegnerin die Angebote der Bieter. Hierzu erstellte sie eine tabellarische Übersicht, in der sie Bemerkungen zu den jeweiligen Konzepten eintrug. Zum Konzept der Beigeladenen und namentlich zum Konzept zur Betreuung und Beratung von Flüchtlingen, Asylbewerbern, Aussiedlern und weiteren zugewanderten oder aufgenommenen Menschen in der Universitätsstadt S. heißt es im Vergabevermerk:

„Die verschiedenen und teilweise sehr konkreten Ausführungen lassen das Konzept nachvollziehbar erscheinen. Gründe, die eine nicht ausreichende oder eingeschränkte Auftragswahrnehmung annehmen lassen könnten, sind nicht ersichtlich. Eine zuverlässige und kompetente Betreuung und Bratung ist in jeder zu erwarten. Das Konzept ist nachvollziehbar und lässt inhaltlich mit Blick auf die Zielsetzung eine zuverlässige und kompetente Betreuung und Beratung der zugewanderten Menschen in jeder Hinsicht erwarte.“

Von einer Wiedergabe der Bewertungsbegründung zu den übrigen Konzeptfragen sieht die Kammer auf Grund von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ab.

Mit Schreiben vom 03.11.2022 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Das Angebot der Beigeladenen sei wirtschaftlicher, deswegen solle auf dieses der Zuschlag erteilt werden. Die Antragsgegnerin begründete ihre Entscheidung damit, dass das Konzept der Beigeladenen auch deshalb die höchste Punktzahl erreicht habe, weil bei ihrem Konzept „Betreuung und Beratung“ Angebote in analoger und digitaler Form gemacht würden. Auch im Hinblick auf die Erreichbarkeit am Aufnahmetag und die Erstbetreuung lasse das Konzept der Beigeladenen eine ausführlichere unmittelbare Beratung und Betreuung erwarten. Auch böte die Beigeladene im Rahmen der Ehrenamtsprojekte eine überzeugende Vorgehensweise an. Darüber hinaus überzeugten auch die Ausführungen zum Einsatz- und Vertretungsplan.

Mit Schreiben vom 07.11.2022 beanstandeten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin die Nichtberücksichtigung ihres Angebots sowie den Inhalt des Schreibens vom 03.11.2022. So lasse sich dem Schreiben überhaupt nicht entnehmen, wie viele Punkte sie in den jeweiligen Unterkriterien erhalten bzw. auf welcher Wertungs- bzw. Erfüllungsstufe ihr Konzept gelegen habe. Darüber hinaus enthalte das Schreiben vom 03.11.2022 keine Hinweise darauf, wie das Angebot der Antragstellerin in preislicher Hinsicht abgeschlossen habe. Im Übrigen sei auch die Angebotswertung vergaberechtswidrig, weil im konkreten Fall vermeintlich vorteilhafte Gesichtspunkte des Angebotskonzepts der Beigeladenen herangezogen wurden, um nur diesem die Höchstpunktzahl zu geben. Einerseits sehe die Bewertungsmatrix ein solches Vorgehen überhaupt nicht vor, andererseits müssten die Angebote einzig und allein auf Grund des bekanntgemachten Bewertungsmaßstabs gewertet werden.

Mit Schreiben vom 09.11.2022 teilte die Antragsgegnerin mit, dass eine erneute Bewertung der Konzepte erfolge und vorerst kein Zuschlag erteilt werden solle.

Mit weiterem Schreiben vom 17.11.2022 teilte nunmehr die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin mit, dass die Angebotswertung nochmals erfolgt sei. Dabei sei die Bewertung der eingegangenen Angebote umfassend geprüft und vollständig überarbeitet worden. Auch betonte die Antragsgegnerin, dass die Bewertung nicht mehr auf den der zeitlichen Umfang bzw. die Erreichbarkeit am Aufnahmetag außerhalb der Regelarbeitszeit abstelle.

Mit Schreiben ebenfalls vom 17.11.2022 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass das Angebot der Beigeladenen bezuschlagt werden solle. Darüber hinaus wurde der Antragstellerin in tabellarischer Form für die insgesamt fünf Konzeptfragen sowohl ihre Punktbewertung als auch die Punktbewertung der Beigeladenen mitgeteilt.

Weiterhin wurde die Punktwertung zur den einzelnen Konzeptfragen begründet. Zum Betreuungs- und Beratungskonzept führte die Antragsgegnerin aus, dass die Antragstellerin es versäumt habe, Praxisbeispiele für Kompetenz und Zuverlässigkeit anhand von Referenzobjekten vorzutragen. Die vorgelegten Referenzen könnten keine Rückschlüsse auf die dahinterstehenden Konzepte zur Beratung und Betreuung erkennen lassen.

Außerdem würde sich das Konzept ausschließlich auf die Betreuung und Beratung von innerhalb im Regelsystem einreisende Personen beziehen. Allerdings würden aufzunehmende Menschen nicht immer angekündigt oder zugewiesen. Das vorgelegte Konzept sehe für diesen Personenkreis keine ausreichende Erstbetreuung am Aufnahmetag vor.

Das Betreuungs- und Beratungskonzept sei daher nachvollziehbar und lasse eine nur überwiegend – und nicht in jeder Hinsicht – kompetente Beratung und Betreuung erwarten.

Beim Konzept zur Mitwirkung bei der Koordination und Beratung von Migrantenorganisationen, Netzwerken und Ehrenamtlichen habe die Antragstellerin von der Möglichkeit, Referenzen im Rahmen des Konzepts anzubringen, abgesehen und keine Praxisbeispiele genannt. Die vorgelegten Referenzen ließen keine Rückschlüsse auf die dahinterstehenden Konzepte zur Beratung und Betreuung zu. Darüber hinaus sehe das Konzept weder einen Teamleiter noch einen Koordinator vor. Außerdem fehle es an einer klaren Struktur der Zuständigkeitsregelung innerhalb des Betreuungsteams. Auch lasse das Konzept eine aktive Begleitung von Ehrenamtlichen allenfalls mutmaßen. Das Konzept zur Mitwirkung bei der Koordination und Beratung von Migrantenorganisationen, Netzwerken und Ehrenamtlichen sei insoweit nur mit einem Punkt zu bewerten.

Darüber hinaus fehlten in dem Konzept Angaben zur Gewinnung von Ehrenamtlichen, die bloße Mitarbeit in bestehenden Netzwerken sei allein nicht ausreichend. Insoweit sei dieser Aspekt mit null Punkten zu bewerten.

Auch würde das vorgestellte Personalkonzept eine langfristige, jahresübergreifende Einsatzplanung vorsehen. Es erfolge keine monatliche individuelle Einsatzplanung. Vor diesem Hintergrund seien flexible Änderungen kaum umsetzbar, daher sei das Personalkonzept in dieser Hinsicht mit null Punkten zu bewerten.

Weiterhin überzeuge das Vertretungskonzept nicht vollständig, da nicht alle Eventualitäten berücksichtigt werden könnten. Insbesondere sei der Verweis darauf, dass in kurzfristigen Angelegenheiten die Geschäftsleitung über den Einsatzplan entscheide, keine ausreichende Grundlage für eine Vertretungsregelung. Daher könnte die volle Punktzahl nicht erreicht werden, das Personalkonzept erreiche insoweit nur einen Punkt.

Mit Schreiben vom 22.11.2022 beanstandete die Antragstellerin die neuerlich durchgeführte Angebotswertung. So könne eine Abpunktung des Konzepts nicht mit fehlenden Praxisbeispielen aus Referenzprojekten gerechtfertigt werden. Die Bewertungsmatrix stelle dieses Vorgehen lediglich als ein Beispiel bzw. eine Möglichkeit vor, für die Bewertung maßgeblich sei aber ausschließlich die bekanntgemachte Bewertungsmatrix. Darüber hinaus nehme das Konzept der Antragstellerin auch wiederholt und ausdrücklich Bezug auf die „weiteren zugewanderten oder aufgenommenen Menschen“. Die Aussage der Antragsgegnerin, dass sich das Konzept der Antragstellerin lediglich auf im Regelsystem eingereiste Menschen beschränke, treffe daher nicht zu.

Auch lasse das Konzept der Antragstellerin eine umfassende Einbindung von Ehrenamtlern erkennen. Insbesondere könne eine fehlende Teamleitung bzw. ein fehlender Koordinator nicht dazu führen, dass nicht die volle Punktzahl vergeben würde. Denn die Bewertungsmatrix gebe hierzu insoweit nichts vor. Hätte das Vorhandensein einer Teamleitung oder eines Koordinators bepunktet werden sollen, hätte dieser Gesichtspunkt konkret benannt werden müssen.

Gleiches gelte für den Vorwurf, dass Angaben zur Gewinnung von Ehrenamtlichen bzw. zur Mitarbeit in Netzwerken im Konzept fehlen würden. Einerseits sei der Bewertungsmaßstab ausweislich der Bewertungsmatrix die Federführung und Moderation der Treffen der lokalen Netzwerke“ und das „[a]ktive) Animieren von Bürgern zur Mitarbeit in lokalen Netzwerken durch konkrete Angebote für Interessierte“, andererseits weise das Konzept gerade aus, dass Projektideen von Ehrenamtlichen entwickelt und unterstützt werden würden. Auch werde ausdrücklich beschrieben, dass Projektideen auch von Migrantenorganisationen begleitet und zur Umsetzung entwickelt werden sollten. Auch die Federführung und Moderation von Treffen sei beschrieben.

Ebenso sei die Konzeptbewertung zur Personalplanung fehlerhaft. Anders als die Antragsgegnerin vorträgt, fänden im vierwöchentlichen Abstand Teamsitzungen satt, in denen über kurzfristige Erfordernisse und Anpassungen entschieden würde. Darüber hinaus würde über kurzfristige Ereignisse die Geschäftsführung entscheiden, hierfür stände auch die kurzfristige Aufstockung der Stellenanteile von Fachkräften zur Verfügung. Das Konzept hätte insoweit die volle Punktzahl erreichen müssen.

Auch bestünde ein überzeugendes Vertretungskonzept, welches bei der Antragstellerin als Bestandsdienstleisterin bereits etabliert sei. So sei im Konzept ein Einsatz- und Vertretungsplan unter Angaben der Zuordnung beschrieben worden. Auch insoweit hätte das Konzept die volle Punktzahl erreichen müssen.

Ergänzend rüge die Antragstellerin, dass teilweise die Bewertung nicht „fassbar“ sei und daher den Anforderungen an eine nachvollziehbare, transparente Begründung nicht genüge und somit gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Absatz 1 GWB verstoßen würde.

Auf die neuerliche Beanstandung reagierte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 24.11.2022. Zunächst wies sie darauf hin, dass bei der Bewertung von Konzepte der öffentliche Auftraggeber über einen gewissen Beurteilungsspielraum verfüge. Die Antragsgegnerin habe – auch vor dem Hintergrund dieses Beurteilungsspielraums – die Angebotswertung noch einmal eingehend geprüft und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass das Angebot der Beigeladenen weiterhin das wirtschaftlichste sei.

So lasse das Betreuungs- und Beratungskonzept der Antragstellerin immer noch eine nur überwiegend – und nicht in jeder Hinsicht – zuverlässige und kompetente Betreuung erwarten. Dies gelte auch dann, wenn die fehlende Bezugnahme auf Referenzen nicht negativ in die Bewertung mit einfließen dürfe.

Insbesondere beträfen die beschriebenen konzeptionellen Überlegungen vorwiegend soziale und wirtschaftliche Aspekte der Integration. In politischer Hinsicht fehlten Darstellungen konkreter Maßnahmen zur Förderung der Integration, insoweit sei die Benennung nur einer Mitgliedschaft nur teilweise überzeugend.

Auch die Ausführungen zur Förderung der Integration in kultureller Hinsicht seien kaum vorhanden. Es werde lediglich auf Grundregeln eines gelingenden Miteinanders eingegangen, Ausführungen zur einer nachhaltigen kulturellen Integration sowie zur Vereinbarung religiöser Unterschiede fehlten gänzlich.

Darüber hinaus mangele es dem Konzept an einer klaren Differenzierung zum Umgang mit Personengruppen, die nicht im Regelsystem einreisen würden. Insbesondere die damit verbundenen Besonderheiten würden nicht näher erläutert. Stattdessen werde nur detailliert beschrieben, wie die Regelaufnahme an einem definierten Zuweisungstag erfolge. Es sei daher nicht abschließend nachvollziehbar, wie in diesen besonderen Fallgestaltungen die entsprechende Leistungserbringung sichergestellt werde.

Weiterhin sei unter dem Aspekt der Betreuung und Beratung über die in der Leistungsbeschreibung explizit genannten Aspekte hinaus lediglich die Zusammenarbeit mit einem psychosozialen Zentrum genannt worden. Weitere zusätzliche Leistungsbestandteile würden nicht genannt, das Konzept könne daher nicht in Gänze überzeugen.

Auch das Koordinationskonzept könne selbst dann nicht voll überzeugen, wenn die fehlende Inbezugnahme auf Referenzprojekte nicht negativ in die Bewertung einfließen dürfe.

So lasse sich nicht hinreichend erkennen, inwieweit ehrenamtliche Mitarbeiter umfassend eingebunden würden. Das Konzept stelle vielmehr allgemeine Ansätze dar, ohne eine konkrete Umsetzung zu beschreiben. Verfahrensabläufe hinsichtlich der Planung regelmäßiger Treffen, Schulungen oder Projekte und Fortbildungen seien weder erkennbar noch nachvollziehbar. Insoweit sei es für die Bewertung auch unbeachtlich, ob die Antragstellerin als Bestandsdienstleisterin die Leistung zuverlässig und kompetent erbringe.

Auch die Mitwirkung in lokalen Netzwerken sowie das aktive Animieren zur Mitarbeit sei für die Antragsgegnerin nicht zu erkennen. So konzentriere sich das Konzept auf die Begleitung und Unterstützung bereits vorhandener Ehrenamtlicher, ohne hinreichend in den Blick zu nehmen, wie aktiv neue Interessierte für das Ehrenamt zu gewinnen seien. Insoweit könne das Konzept nicht überzeugen.

Darüber hinaus lasse sich aus dem Konzept allenfalls eine Federführung und eine Moderation auf wenigen Treffen mutmaßen. Eine Unterstellung, dass tatsächlich Federführung und Moderation stattfänden, würde gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Bewertung von Angeboten verstoßen. Das Konzept überzeuge daher nicht.

Ebenso könne das Personalkonzept der Antragstellerin nicht vollumfänglich überzeugen. Das Personalkonzept beschreibe eine recht statische, langfristige Einsatzplanung und sei aus Sicht der Antragsgegnerin ungeeignet, flexibel auf kurzfristige und unvorhergesehene Ereignisse angemessen zu reagieren. Außerdem sei die Einsatzplanung nur sehr knapp beschrieben, worunter die Nachvollziehbarkeit leide. Das Konzept überzeuge in diesem Punkt nicht.

Auch überzeuge die Gesamtdarstellung der Vertretungsregelung nicht vollständig, da das Vertretungskonzept sehr statisch konzipiert und strukturell wenig Flexibilität böte. Insgesamt könne das Personalkonzept bei dieser Frage nicht voll überzeugen.

Ferner könne die bisherige Tätigkeit der Antragstellerin für die Bewertung der Konzepte nicht herangezogen werden, maßgeblich seien nur die schriftlich niedergelegten Konzeptinhalte.

Mit Schreiben datiert auf den 25.11.2022 trat die Antragstellerin dem Ergebnis der neuerlichen Konzeptbewertung entgegen. So lasse sich überhaupt nicht nachvollziehen, inwieweit es zu einer Abwertung führen würde, weil – so der Vortrag der Antragsgegnerin – im Konzept der Antragstellerin Angaben fehlten, wie die Menschen unterstützt werden sollten, „einen Rahmen für den Erhalt ihrer Kultur und ihres Glaubens zu finden.“ Ebenso wenig sei nachzuvollziehen, inwieweit die Ausführungen auf „weitere zugewanderte oder aufgenommene Menschen“ nicht differenziert genug seien. Auch habe die Antragstellerin zahlreiche über die Leistungsbeschreibung hinausgehende Aufgaben explizit vorgestellt. Es sei weiterhin vergaberechtswidrig, eine Abpunktung im Rahmen des vorgestellten Koordinationskonzeptes mit fehlenden Referenzbeispielen zu rechtfertigen – auch insoweit halte die Antragstellerin ihre Rüge aufrecht. Auch sei die Benennung einer konkret verantwortlichen Person oder eines Ansprechpartners nicht gefordert. Im Rahmen des vorzustellenden Personalkonzepts müsse für die volle Punktzahl ein „überzeugendes Vertretungskonzept, dass bereits im Unternehmen etabliert ist“, vorliegen. Auch hierzu seien die Bewertungsangaben der Antragsgegnerin oberflächlich, die Abpunktung sei nicht nachvollziehbar.

Nachdem die Antragsgegnerin der Rüge nicht abhalf und mitteilte, an ihrer Zuschlagsentscheidung festhalten zu wollen, beantragte die Antragstellerin am 25.11.2022 die Nachprüfung.

Dabei hält sie im Wesentlichen an ihrem Vortrag fest. Die Bewertung der Angebote im Hinblick auf die nicht-kostenbezogenen, konzeptionellen Kriterien sei unter Verstoß an den vergaberechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Angebotswertung anhand der bekannt gemachten Zuschlagskriterien und des festgelegten Bewertungsmaßstabs erfolgt. So habe sich im Rahmen der Akteneinsicht ergeben, dass die Antragsgegnerin den Konzeptteil „Betreuung und Beratung“ deshalb abpunktete, weil eine Benennung von Praxisbeispielen auf Grundlage von Referenzen fehlte und nur im Regelsystem einreisende Personen berücksichtigt würden. Da die Antragsgegnerin aber bereits eingestanden habe, dass diese beiden Punkte nicht berücksichtigt werden dürften, bliebe insoweit kein Grund mehr für eine Abpunktung. Auch gingen die angebotenen Leistungen über den Umfang in der Leistungsbeschreibung hinaus. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass sich die zusätzlichen Leistungsbestandteile unter den in der Leistungsbeschreibung aufgezählten Aufgaben subsumieren ließen.

Sie beantragt daher,

1. es der Antragsgegnerin zu untersagen, im Vergabeverfahren Beratung und Betreuung von Flüchtlingen, Asylbewerbern, Aussiedlern und weiteren zugewanderten oder aufgenommenen Menschen; Vergabe-Nr.: 181_22; Bekanntmachungs-Nr. (EU-ABl.): 2022/S 169-479875 den Zuschlag auf das Angebot der beizuladenden Bietergemeinschaft DRK-Kreisverband Siegen-Wittgenstein e.V. und Caritasverband Siegen-Wittgenstein e.V. zu erteilen,

2. der Antragsgegnerin aufzugeben, die Angebotswertung anhand der bekanntgemachten Zuschlagskriterien vergaberechtskonform zu wiederholen,

3. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen und

4. die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin gemäß § 128 Absatz 4 GWB für notwendig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

2. der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckmäßigen Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin aufzuerlegen,

3. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin für notwendig zu erklären.

Auch die Antragsgegnerin hält im Wesentlichen an ihrem Vortrag fest. Sie führt insbesondere aus, dass das Nachschieben der weiteren Aspekte, die für die Konzeptbewertung maßgeblich waren, zulässig sei. Im Rahmen der Konzeptbewertung stünde ihr ein großer Beurteilungsspielraum zu, der nur eingeschränkt daraufhin kontrollierbar sei, ob der öffentliche Auftraggeber das vorgeschriebene Verfahren eingehalten habe, von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei und sich nicht von sachwidrigen Überlegungen habe leiten lassen. Die Antragsgegnerin habe die Zuschlagskriterien bei der Bewertung vergaberechtskonform angewendet.

Darüber hinaus ließ sich die Antragsgegnerin mit weiterem Schriftsatz vom 09.01.2023 erstmals auch vertiefender zur Konzeptbewertung der Beigeladenen zur „Betreuung und Beratung von Flüchtlingen, Asylbewerbern, Aussiedlern und weiteren zugewanderten oder aufgenommenen Menschen in der Universitätsstadt S.“ ein. Um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu wahren, sind die nachfolgenden wiedergegebenen Ausführungen abstrahiert. Im Gegensatz zum Konzept der Antragstellerin, dass keine über die Leistungsbeschreibung explizit genannten Leistungsinhalte hinausgehende Leistungsbestandteile enthalte, weise das besserbewertete Konzept der Beigeladenen solche aus. Das Konzept weise eine stärkere digitale Ausrichtung aus und erweitere das Beratungsangebot in flexiblerer und mobilerer Hinsicht. Darüber hinaus würde konkreter beschrieben, wie die zusätzlich angebotene Vor-Ort-Beratungsleistung tatsächlich umgesetzt werde. Aus dem Willkommenskonzept der Beigeladenen könne abgeleitet, dass in Fallgestaltungen mit nicht definiertem Zuweisungstag die Leistungserbringung sichergestellt sei.

Mit Beschluss vom 09.12.2022 wurde die Beigeladenen dem Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat sich zum Verfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Die Frist für die Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 167 Absatz 1 GWB wurde bis zum 28.02.2023 verlängert. Am 13.01.2023 hat eine mündliche Verhandlung in den Räumen der Vergabekammer Westfalen stattgefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vergabeunterlagen und die Niederschrift aus der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig (nachfolgend unter 1.), aber unbegründet (nachfolgend unter 2.).

1. Die Vergabekammer Westfalen ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vorgangs gemäß § 159 Absatz 3 GWB i.V.m. § 2 Absatz 1 VK ZuStV NRW örtlich zuständig. Auch ist die Vergabekammer Westfalen sachlich zuständig. Der streitgegenständliche Auftrag übersteigt den maßgeblichen Schwellenwert und unterfällt dem Anwendungsbereich des vierten Teils des GWB. Die Antragsgegnerin ist ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 1 GWB.

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Nach § 160 Absatz 2 GWB hat der Antragsteller im Rahmen seines Nachprüfungsantrages darzulegen, dass er (i.) in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften verletzt ist und (ii.) ihm dadurch ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Ausgehend von der Funktion der Antragsbefugnis im Sinne eines „groben Filters“ sollen nur solche Anträge aus der Zulässigkeitsebene „ausgesiebt“ werden, die offensichtlich unzulässig sind (vgl. schon und statt vieler: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012, VII-Verg 10/12). Sinn und Zweck der Regelung des § 160 GWB ist zu verhindern, dass ein Bieter, der auch bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren keine Zuschlagschancen hat oder dem kein Schaden droht, kein zuschlaghemmendes Nachprüfungsverfahren einleiten kann (vgl. BT-Drs. 13/9340).

Deswegen ist erforderlich, dass der Antragsteller das Interesse am Auftrag und seine Rechtsverletzung nach § 97 Absatz 6 GWB sowie den eingetretenen Schaden schlüssig aufzeigt (vgl. hierzu grundlegend BGH, Beschluss vom 10.11.2009, X ZB 8/09 und Beschluss vom 31.01.2017, X ZB 10/16 m.w.N). Mit der Schlüssigkeit im vergaberechtlichen Sinne ist damit allerdings nicht die in einem Zivilprozess gemeinte Schlüssigkeit zu verstehen. Vielmehr ist dieser Begriff untechnisch gemeint, der einen weiteren Anwendungsbereich umfasst und dem heute herrschenden Möglichkeitsbegriff im Rahmen des § 42 Absatz 2 VwGO entspricht (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 01.09.2021, 17 Verg 2/21). Es genügt, wenn ein Schadenseintritt durch die geltend gemachte Rechtsverletzung ursächlich und nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl. statt vieler BGH, Beschluss vom 10.11.2009, X ZB 8/09).

Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 160 Absatz 2 GWB ist, dass der Antragsteller einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. statt vieler: VK Lüneburg, Beschluss vom 18.06.2021, VgK-17/2021). Hierbei sind an diese Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29.07.2004, 2 BvR 2248/04 sowie Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107, Rn. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. schon und statt vieler: BGH, Beschluss vom 29.06.2006, X ZB 14/06).

Die Antragstellerin hat eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Chancen auf den Zuschlag und damit einen möglichen Schaden schlüssig dargelegt. Soweit sich die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag gegen die konkrete Angebotswertung und die Entscheidung der Antragsgegnerin wendet, auf das Angebot der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen, hat die Antragstellerin auch ihrer Pflicht genügt, den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergaberechtsvorschriften gemäß § 160 Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 GWB vor Einreichen des Nachprüfungsantrags innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen nach positiver Kenntniserlangung gegenüber dem Auftraggeber zu rügen. Insbesondere hat sie auch den aus ihrer Sicht vorliegenden Schaden dargelegt, in dem sie vorträgt, dass bei einer aus ihrer Perspektive vergaberechtskonformen Bewertung mehr Punkte auf die Konzepte der Antragstellerin vergeben werden müssten, so das ihr Angebot im Ergebnis das wirtschaftlicherer sei.

Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe ihres Angebots zum Ausdruck gebracht. Darüber hinaus hat die Antragstellerin die Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht, indem sie beanstandet, dass die Angebotswertung vergaberechtswidrig durchgeführt worden sei. Ihr Angebot sei einerseits besser zu bepunkten, andererseits sei das Angebot der Antragsgegnerin schlechter zu bepunkten.

Soweit die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren auch mehrere Verstöße der Antragsgegnerin gegen die Dokumentationspflicht gemäß § 8 VgV beanstandet, hat sie vom zugrundeliegenden Sachverhalt erst durch die gewährte Akteneinsicht gemäß § 165 GWB erfahren. Diesbezüglich war eine vorherige Rüge daher entbehrlich.

2. Der Nachprüfungsantrag ist allerdings unbegründet.

Die Antragsgegnerin hat zwar teilweise gegen den vergaberechtlichen Transparenzgrundsatz gemäß § 97 Absatz 1 GWB verstoßen, indem sie es versäumt hat, sämtliche Stufen der Angebotswertung in einer den Anforderungen des § 8 VgV genügenden Weise in der Vergabeakte vollständig zu dokumentieren. Die Begründung der Punktevergabe im Rahmen der Bewertung für das Zuschlagskriterium „Qualität“ und namentlich die Konzeptbewertung für die „Federführung und Moderation“ und „Organisation Personalkonzept“ ist teils unzureichend und verunmöglicht an einigen Stellen, im Rahmen eines Quervergleichs nachzuvollziehen, warum die jeweiligen Bewertungen der Konzeptbestandteile der Antragstellerin und Beigeladenen jeweils in der entsprechenden Höhe ausgefallen sind. Jedoch führt die mangelhafte Dokumentation im Ergebnis zu keinem anderen Wertungsergebnis.

a. Gegen die Vorgabe, Konzepte zur beschaffenden Leistung abzufragen, bestehen zunächst keine Bedenken.

Es unterfällt dem Beurteilungsspielraum des öffentlichen Auftraggebers, wie er die Bewertung organisiert und strukturiert (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.03.2021, Verg 34/20). Es ist Ausdruck des Bestimmungsrechts des Auftraggebers, die Kriterien für die Zuschlagserteilung zu bestimmen. Er kann festlegen, worauf es ihm bei dem zu vergebenden Auftrag ankommt und was er als wirtschaftlich ansieht. Dem Bestimmungsrecht des öffentlichen Auftraggebers unterliegen sowohl die Kriterien, anhand derer die Angebote bewertet werden, als auch die Methode, wie ein Wertungsergebnis ermittelt wird. Das gewählte System muss aber in sich frei von logischen Widersprüchen und rechnerisch richtig umgesetzt sein (vgl. VK Mecklenburg-Vorpommer, Beschluss vom 20.12.2017, 1 VK 5/17). Auch darf die Methode unter Beachtung des Transparenz- und Wettbewerbsgrundsatzes nicht zu einer Abweichung von den zuvor festgelegten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung führen. Der Auftraggeber darf daher insbesondere keine untaugliche Methode anwenden, seine Bewertungsmethode nicht auf sachwidrige Erwägungen stützen oder unzulässige Kriterien verwenden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.03.2021, Verg 34/20 m.w. N.)

Dabei sind die öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich nach § 58 Absatz 3 VgV verpflichtet, entweder in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen die einzelnen Zuschlagskriterien und deren Gewichtung anzugeben. Der EuGH setzt als Maßstab für die Bewertung und Einstufung der Angebote an, dass bei der Bewertung keine Veränderung der bekannt gemachten Zuschlagskriterien oder ihrer Gewichtung erfolgen darf. Hingegen ist der öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, den potentiellen Bietern bereits in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen die Bewertungsmethode zur Kenntnis zu bringen (vgl. EuGH, Urteil vom 14.7.2016, C6/15).

Diese Vorgaben hat die Antragsgegnerin vorliegend ohne weiteres erfüllt. Die Antragsgegnerin hat ihren Beurteilungsspielraum bei der Festlegung der Wertungsmethode nicht überschritten. Sie hat zwei Zuschlagskriterien (Preis, Ausführungskonzepte) genannt und gewichtet. Die von der Antragsgegnerin aufgestellten bewertungsrelevanten Aspekte halten einer vergaberechtlichen Prüfung stand. Auch hat sie nachvollziehbar begründet, warum teilweise Aspekte, die über die in der Leistungsbeschreibung geforderten Leistungen hinausgehen, in den Konzepten dargelegt werden sollen. Die Antragsgegnerin hat zudem hinsichtlich der Konzepte zur Qualitätsbewertung die Bewertungsmatrix in ihrer Leistungsbeschreibung offengelegt. Dabei hat sie sich an das sogenannte „Schulnotensystem“ angelehnt, d.h. es konnten für die verschiedenen Konzepte Punkte erreicht werden. Auch ist die vorgesehene Bewertung nach Punkten in sich widerspruchsfrei.

Soweit man den Vortrag der Antragstellerin so verstehen mag, dass sie die Bewertungsmatrix als solche angreift, wäre sie insoweit auch präkludiert.

Grundlage für den Zuschlag ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Bei der Wertung der Angebote und namentlich auch bei der Bewertung von Qualitätskriterien wie Konzepten genießt der öffentliche Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 04.04.2017, X ZB 3/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017, Verg 39/16 oder OLG München, Beschluss vom 17.09.2015, Verg 3/15). Der Nachprüfung unterliegt grundsätzlich nur, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen der Entscheidung zugrunde gelegt und nicht gegen allgemein gültige Bewertungsansätze verstoßen wurde (vgl. OLG München, Beschluss vom 26.02.2021, Verg 14/20; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2017, Verg 39/16).

Dies setzt voraus, dass die Wertungen anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und – ganz wesentlich – nachvollziehbar sind (vgl. etwa VK Bund, Beschluss vom 04.04.2022, VK 2 24/22). Die Nachvollziehbarkeit ist insbesondere im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens bedeutend und eng mit der gesetzlich statuierten Dokumentationspflicht verbunden. Die Nachprüfungsinstanzen bewerten die in Rede stehenden Konzepte nicht neu, sie treten mithin nicht an den Platz der jeweiligen Vergabestelle. Sie ersetzten insbesondere nicht die Wertung der Vergabestelle durch eine eigene Wertung. (vgl. OLG München, Beschluss vom 25.09.2014, Verg 9/14; VK Nordbayern, Beschluss vom 01.03.2019, RMF-SG21-3194-4-3). Vielmehr überprüfen die Nachprüfungsinstanzen, ob – im Quervergleich zwischen den Angeboten – die jeweils getroffene Bewertung nachvollziehbar ist. (vgl. statt vieler BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17). Nachvollziehbarkeit bedeutet, dass für die Nachprüfungsinstanzen nachverfolgbar ist, warum das ausgewählte Angebot unter den weiteren Angeboten, die ebenfalls als wertbar angesehen werden, als das wirtschaftlichste bewertet wurde. Diese Gründe müssen derart detailliert sein, dass ein mit dem jeweiligen Vergabeverfahren vertrauter Leser sie als fassbar erachtet. Mit anderen Worten: Werden Aspekte, die zu einer Ab- oder Aufwertung führen, in den eingereichten Konzepten gleichwertig berücksichtigt und ist dies für einen Dritten verständlich. Nicht notwendig ist, dass die jeweilige Nachprüfungsinstanz zu dem gleichen inhaltlichen Ergebnis kommt. Denn der Konzeptbewertung wohnt auch immer ein subjektives Element inne.

Deswegen ist der Auftraggeber gesetzlich verpflichtet, die Gründe für die Auswahlentscheidung und den Zuschlag zu dokumentieren (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 VgV). Der öffentliche Auftraggeber muss deswegen nach Eröffnung der Angebote seine maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten Details des jeweiligen Konzepts ausschlaggebend für die Punktevergabe gewesen sind. Die Begründung muss dazu alle Informationen enthalten, die notwendig sind, um die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers nachvollziehen zu können (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 25.03.2021, 13 Verg 1/21 unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17). Insbesondere dann, wenn sich der Auftraggeber eines aus Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs bedient, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden, muss der Auftraggeber seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind. Auch wenn dem Auftraggeber bei der Bewertung und Benotung ein Beurteilungsspielraum zustehen muss, sind seine diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen insbesondere auch daraufhin überprüfbar, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden (vgl. BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17).

Bei der Überprüfung berücksichtigen die Nachprüfungsinstanzen analog zu § 175 Absatz 2 iVm § 71 Absatz 1 Satz 3 GWB sämtliche in der Vergabedokumentation enthaltenen und der Entscheidung der Antragsgegnerin zugrundeliegenden Tatsachen. Dies gilt freilich auch, soweit wegen ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit Teile der Vergabedokumentation der Antragstellerin nicht oder nur geschwärzt vorgelegt wurden (vgl. zur weiterhin bestehenden Verwertbarkeit – trotz sehr vereinzelt anderslautender obergerichtlichen Entscheidungen – von geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen in Nachprüfungsverfahren: BGH, Beschluss vom 31.01.2017, X ZB 10/16.

Gemessen hieran ist die Wertung durch die Antragsgegnerin vergaberechtlich teilweise zu beanstanden. Die Dokumentation der Bewertung durch die Antragsgegnerin erlaubt im konkreten Fall keine Überprüfung der vorgenommenen Bewertung für die Konzeptteile „Wie stellen Sie sich Ihre Mitwirkung in den lokalen Netzwerken vor?“ und Wie stellen Sie sich die Einsatzplanung vor.“ Das Bewertungsprotokoll – und im Folgenden die schriftsätzlich nachgetragenen Gründe – lassen nicht immer nachvollziehbar erkennen, welche Vor- und Nachteile der einzelnen Angebote die Antragsgegnerin gegenüberstellte. Im Übrigen erfolgte die Dokumentation der Bewertung jedoch vergaberechtskonform.

Insgesamt führen die Dokumentationsmängel jedoch nicht dazu, dass sich – unter Berücksichtigung der Mängel – die Wertungen der Konzepte der Antragstellerin und der Beigeladenen derart ändert, dass die Antragstellerin eine realistische Zuschlagschance erhält.

aa.) Nachvollziehbar sind die Bewertungen der Konzepte sowohl der Antragstellerin als auch der Beigeladen zur „Beratung und Betreuung“. Die Antragsgegnerin hat dargelegt, welche Kritikpunkte das Konzept der Antragstellerin hierzu aufweist. So hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar erläutert, dass das Konzept der Antragstellerin zur „Beratung und Betreuung“ Schwächen im Bereich der politischen Integration von Flüchtlingen hat. Insoweit nennt das Konzept nur einen Anknüpfungspunkt. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar dargelegt, dass auch die Ausführungen zur Förderung der kulturellen Integration zu knapp sind und der Bezug auf ein gelingendes Miteinander nicht ausreicht. Ferner kann die Kammer die Ausführungen dahingehend nachverfolgen, dass das Konzept der Antragstellerin nur unzureichend beschreibt, wie mit Personen umgegangen wird, die nicht im Regelsystem einreisen. Insoweit kann auch nachvollzogen werden, wenn die Antragsgegnerin bemängelt, dass sich das Konzept der Antragstellerin ganz überwiegend zum Aufnahmeprocedere von im Regelsystem einreisender Personen verhält. Vor diesem Hintergrund ist die konkrete Punktebewertung für die Kammer nachvollziehbar.

Die bessere Bewertung des Konzepts der Beigeladenen zur Beratung und Betreuung ist ebenfalls nachvollziehbar und im Rahmen des Beurteilungsspielraums der Antragsgegnerin. Zwar ist der Antragstellerin zuzustimmen, dass die zunächst in der Bewertungsmatrix niedergelegte Aussage, dass „[d]ie verschiedenen und teilweise sehr konkreten Ausführungen das Konzept nachvollziehbar erscheinen lassen. Gründe, die eine nicht ausreichende oder eingeschränkte Auftragswahrnehmung annehmen lassen könnten, sind nicht ersichtlich. Eine zuverlässige und kompetente Betreuung und Bratung ist in jeder Hinsicht zu erwarten. Das Konzept ist nachvollziehbar und lässt inhaltlich mit Blick auf die Zielsetzung eine zuverlässige und kompetente Betreuung und Beratung der zugewanderten Menschen in jeder Hinsicht erwarten.“ die maßgebliche Punktewertung nicht nachvollziehen lässt. Vielmehr lässt der vorstehend zitierte Auszug überhaupt keine Wertung nachvollziehen, es handelt sich um Allgemeinplätze und die Wiedergabe des mit der vollen Punktzahl korrespondierenden Wertungsmaßstabes.

Allerdings hat die Antragsgegnerin sowohl im Rügeverfahren als insbesondere auch im Nachprüfungsverfahren die die Bewertung tragenden Aspekte mitgeteilt. So ist für die Kammer nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin die starke digitale Ausrichtung sowohl bei der externen Flüchtlingsbetreuung als auch bei der internen Organisation im Konzept der Beigeladenen positiv gewertet hat. Sofern die Antragsgegnerin das Konzept der Beigeladenen auch deshalb positiver bewertet hat als das Konzept der Antragstellerin, weil es Beratungsleistungen beinhaltet, die über die in der Leistungsbeschreibung genannten Inhalte hinausgehen, ist dies ebenfalls für die Kammer nachvollziehbar. Insbesondere die Zusatzleistung bei den „Besuchen vor Ort“ sowie die weiteren „Sprechstunden“ vermögen die bessere Bewertung nachvollziehbar zu rechtfertigen. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin bei der Bewertung der Beratungs- und Betreuungskonzepte von einem unzutreffenden oder nicht hinreichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist oder sich von sachwidrigen Erwägungen hat leiten lassen und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe missachtet, ist für die Kammer nicht ersichtlich.

Dass die Antragsgegnerin ihren Vortrag erst im Rüge als insbesondere auch im Nachprüfungsverfahren vertieft hat, gereicht der Antragstellerin nicht zu ihrem Vorteil. Die Antragsgegnerin durfte insoweit ihren Vortrag ergänzen, da keine Anhaltspunkte für Manipulationen zu finden waren und nicht zu besorgen war, dass die Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation nicht ausreichen könnte, um eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung zu gewährleisten (vgl. hierzu statt vieler: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2021, Verg 22/20 mwN.)

bb.) Ebenfalls nicht zu beanstanden und nachvollziehbar sind die jeweiligen Konzeptbewertungen zum Aspekt der Frage „Wie binden Sie die Ehrenamtlichen ein und begleiten diese bei ihrer Arbeit?“.

Die bessere Bewertung des Konzepts der Beigeladenen in diesem Kriterium hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar und im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums dargestellt. Für die Kammer nachverfolgbar sind zunächst die Gründe für die schlechtere Bewertung des Konzepts der Antragstellerin in diesem Punkt. Dies gilt insbesondere für den Kritikpunkt, dass es dem Konzept an der Beschreibung konkreter Maßnahmen mangelt. So werden die Bausteine, die dem Konzept zu Grunde liegen, zwar benannt, aber nur knapp umrissen dargestellt. Weiterhin hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar im Rahmen ihrer Bewertung zum Ausdruck gebracht, dass sie die Maßnahmen zur Gewinnung von Ehrenamtlichen, die die Beigeladene in ihrem Konzept vorstellt, für zielführender und umfassender erachtet. Insbesondere die Kurzbeschreibungen der verschiedenen Maßnahmen sind im direkten Vergleich umfangreicher und „gehaltvoller“. Erinnert sei daran, dass die Vergabekammer lediglich die Wertung überprüft, nicht aber durch eine eigene Wertung ersetzt, selbst wenn sie einzelne Aspekte anders bewertet. Dass die Antragsgegnerin das vorgeschriebene Bewertungsverfahren nicht eingehalten hat, sie von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe missachtet hat, ist nicht ersichtlich.

cc.) Teilweise nicht nachvollziehbar ist allerdings die Bewertung der Konzepte unter Frage „Wie stellen Sie sich Ihre Mitwirkung in den lokalen Netzwerken vor?“, wobei es Punkte für die „Federführung und Moderation der Treffen der lokalen Netzwerke“ und „Aktives Animieren von Bürgern zur Mitarbeit in lokalen Netzwerken durch konkrete Angebote für Interessierte“ geben konnte.

Zwar hat die Antragsgegnerin die Bewertung des Konzepts der Antragstellerin in diesem Punkt ausführlich und im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums dargestellt. Mithin sind die tragenden Gründe für die Bewertung für die Kammer nachvollziehbar. So hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass keine Darstellung erfolgt, wie neue ehrenamtliche Mitarbeiter gewonnen werden. Auch hat sie festgestellt, dass nicht ermittelt werden kann, inwieweit die Antragstellerin die Federführung und Moderation von Veranstaltungen übernimmt.

Allerdings nicht vollständig nachvollziehbar ist die Bewertung des Konzepts der Beigeladenen. So ist für die Kammer nicht nachverfolgbar, welche Ausführungen im Konzept der Beigeladenen die Antragsgegnerin herangezogen hat, um eine überzeugende Vorgehensweise zur Gewinnung von Ehrenamtlichen abzuleiten. Auch lassen die Ausführungen zur Federführung und Organisation von Treffen nicht erahnen, von welchem Sachverhalt die Antragsgegnerin hierbei ausgegangen ist und welche Bewertungsmaßstäbe sie angelegt hat. Anders gewendet: Welche Aspekte im Konzept der Beigeladenen hat die Antragstellerin berücksichtigt, um die volle Punktevergabe zu rechtfertigen. Insoweit ist auch die Aussage im Vergabevermerk nicht hilfreich, in dem es heißt:

„Letztlich scheint die Bietergemeinschaft zur Wahrnehmung übergeordneter Tätigkeiten durch Federführung und Organisation bereit.“ Neuerlich erinnert sei daran, dass die Kammer keine eigene Konzeptwertung vornimmt und die Ergebnisse an die Stelle der Bewertung der Vergabestelle stellt. Denn die Konzeptwertung ist ureigene Aufgabe der Vergabestelle.

dd). Auch die Bewertung der Konzepte zur Frage „Wie stellen Sie sich die Einsatzplanung vor.“ ist nur teilweise nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin hat die Bewertung des Konzepts der Antragstellerin unter anderem damit begründet, dass keine monatliche individuelle Einsatzplanung erfolge. Ausweislich des Konzepts finden alle vier Wochen Teamsitzungen statt. Auf Nachfrage der Kammer in der mündlichen Verhandlung, inwieweit die Antragsgegnerin den Widerspruch zwischen ihrer Feststellung in der Bewertung und dem Vortrag der Antragstellerin in ihrem Konzept, auflösen könne, teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie insoweit nicht mehr dem vorstehend skizzierten Vorwurf festhalte. Vor diesem Hintergrund ist die unverändert gebliebene Punktebewertung nicht verständlich.

Die Konzeptbewertung der Beigeladenen ist für die Kammer nachvollziehbar. Sie hat die monatliche Aufstellung eines Einsatzplanes, wie ihn die Beigeladene vorsieht, positiv gewürdigt. Ebenfalls nachvollziehbar positiv bewertet hat die Antragsgegnerin den Umstand, dass anders als bei der Antragstellerin kurzfristige Änderungen des Einsatzplanes möglich bei der Einsatzplanung selbst bereits Toleranzen berücksichtigt werden, die die Flexibilität erhöhen. Ebenso nachvollziehbar hat die Antragsgegnerin positiv bewertet, dass die Beigeladenen in ihrem Konzept Maßnahmen zur Personalgewinnung darstellt.

Dass die Antragsgegnerin das vorgeschriebene Bewertungsverfahren bei der Konzeptbewertung der Beigeladenen nicht eingehalten hat, sie von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe missachtet hat, ist nicht ersichtlich. Die Konzeptbewertung der Beigeladenen in diesem Punkt ist mithin nachvollziehbar und sachlich begründet.

ee.) Nicht zu beanstanden und nachvollziehbar sind die jeweiligen Konzeptbewertungen der Frage „Wie stellen Sie eine Vertretung bei vorübergehendem Ausfall eines Mitarbeiters (…) sicher?“ Die bessere Bewertung des Konzepts der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar und im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums dargestellt. So bringt die Antragsgegnerin für die Kammer verständlich im Rahmen ihrer Bewertung zum Ausdruck, dass das Personalkonzept hinsichtlich der „Notfallvertretung“ nicht vollständig zu überzeugen vermag, weil nicht alle Eventualitäten berücksichtigt werden und die Umsetzung der Vertretungsregelung nicht standardisiert ist und das Konzept demzufolge die halbe Punktzahl erhalten konnte.

Auch die Bewertung des Konzepts der Beigeladenen in diesem Punkt ist nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin bemängelt insoweit, dass konkrete Ausführungen zur Organisation und Vertretung fehlen und vielmehr nur auf die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft abgestellt wird, dies aber nicht ausreiche und deswegen das Konzept mit null Punkten zu bewerten war.

Dass die Antragsgegnerin das vorgeschriebene Bewertungsverfahren nicht eingehalten hat, sie von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe missachtet hat, ist nicht ersichtlich.

III.

Die festgestellten Dokumentationsmängel stellen zwar einen Vergaberechtsverstoß dar, zeitigen jedoch keinen Schaden, wie er für die Begründetheit eines Nachprüfungsverfahrens notwendig ist. Denn die Antragstellerin kommt trotz der festgestellten Dokumentationsmängel dennoch nicht in „Zuschlagsreichweite“.

So ist – wie vorstehend festgestellt – die Wertung des Konzepts der Beigeladenen unter dem Aspekt Wie stellen Sie sich Ihre Mitwirkung in den lokalen Netzwerken vor?“ zwar nicht nachvollziehbar und mithin die Punktbewertung nicht verständlich. Dies gilt jedoch nicht für die Konzeptbewertung der Antragstellerin zu diesem Aspekt. Insoweit ist nur nicht auszuschließen, dass das Konzept der Beigeladenen mit null Punkten bewertet werden muss.

Spiegelbildlich gilt selbiges für die Bewertung des Konzepts der Antragstellerin zu dem Aspekt „Wie stellen Sie sich die Einsatzplanung vor.“ Hier ist nicht auszuschließen, dass das Konzept der Antragstellerin mit der vollen Punktzahl bewertet werden muss.

Unterstellt, dass die Beigeladene unter dem Aspekt „Wie stellen Sie sich Ihre Mitwirkung in den lokalen Netzwerken vor?“ null Punkte erhält und die Antragstellerin unter dem Aspekt „Wie stellen Sie sich die Einsatzplanung vor.“ die volle Punktzahl erhält, hat die Antragstellerin dennoch keine Chance, den Zuschlag zu erhalten. Denn auch dann erhält die Beigeladene nach wie vor die meisten Punkte, so dass ihr Angebot am wirtschaftlichsten ist.

IV.

Gemäß § 182 Abs. 1 GWB werden für Amtshandlungen der Vergabekammer Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I. S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung ist anzuwenden.

Die Gebühr beträgt gemäß § 182 Absatz 2 GWB mindestens 2.500 Euro; dieser Betrag kann aus Gründen der Billigkeit bis auf ein Zehntel ermäßigt werden. Die Gebühr soll den Betrag von 50.000 Euro nicht überschreiten; sie kann im Einzelfall, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch ist, bis zu einem Betrag von 100.000 Euro erhöht werden. Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er gemäß § 182 Absatz 3 GWB die Kosten zu tragen.

Die Kammer setzt vorliegend eine Gebühr in Höhe von xxx Euro fest. Für die Berechnung der Verfahrensgebühr zieht die Kammer die Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes und der Länder heran (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.01.2005, Vll-Verg 30/05). Maßgeblich für die Berechnung der Gebühr ist grundsätzliche die streitbefangene Auftragssumme (vgl. BGH, Beschluss vom 25.10.2011, X ZB 5/10). Maßgeblich ist das Angebot der Antragstellerin.

Die Antragsgegnerin hat die Verfahrensgebühr zu tragen. Zwar hat, soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, dieser grundsätzlich gemäß § 182 Absatz 3 Satz 1 GWB die Kosten zu tragen. Dies gilt allerdings nicht für die Kosten, die durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind (vgl. § 182 Absatz 3 Satz 3 GWB). Gemäß § 182 Absatz 3 Satz 3 GWB ist eine Korrektur der von § 182 Absatz 3 Satz 1 GWB vorgezeichneten Kostenentscheidung nach Billigkeitsgesichtspunkten möglich. Kosten, die durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, sollen auch diesem auferlegt werden können. Voraussetzung ist einerseits, dass ein Verschulden durch den obsiegenden Verfahrensbeteiligten vorliegt und andererseits, dass infolge des Verschuldens die maßgeblichen Kosten entstanden sind. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen erscheint es dann unter Berücksichtigung des Wortlauts – unter Billigkeitsgesichtspunkten opportun, von der in § 182 Absatz 3 Satz 1 GWB formulierten Grundregel der Kostenverteilung abzuweichen und die vorwerfbar entstandenen Kosten nach dem Verursacherprinzip dem dafür Verantwortlichen zuzuordnen (vgl. zum Ganzen auch: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.03.2020, Verg 38/18). Inwieweit ein schuldhaftes Verhalten vorliegt, richtet sich nach den Grundsätzen des textidentischen § 155 Absatz 4 VwGO (vgl. OLG Düsseldorf aaO.). Anerkannt ist, dass die Anwendung der Vorschrift voraussetzt, das ein bestimmtes schuldhaftes Verhalten eines Beteiligten ursächlich für das Entstehen bestimmter, ausscheidbarer Kosten ursächlich ist. Bei den Kosten kann es sich um ausscheidbare Mehrkosten einzelner Prozesshandlungen als auch um die gesamten Verfahrenskosten, wenn durch ein schuldhaftes vorprozessuales Verhalten die Erhebung einer an sich vermeidbaren Klage verursacht wurde (vgl. OLG Düsseldorf aaO. mwN.). Ein Verschulden im Sinne von § 155 Absatz 4 VwGO wird bejaht, wenn der Beteiligte unter Außerachtlassung der erforderlichen und ihm zumutbaren Sorgfalt durch sein Verhalten einen anderen Beteiligten oder das Gericht zu Prozesshandlungen oder Entscheidungen veranlasst hat, die an sich nicht erforderliche Kosten verursacht haben (OVG Münster, Beschluss vom 23.06.2014, 2 A 104/12). So hat der obsiegende Auftraggeber etwa auch dann die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn er den Antrag auf Nachprüfung durch eine unzureichende Information provoziert hat (vgl. jüngst OLG Koblenz, Beschluss vom 26.08.2020, Verg 5/20; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.05.2020, 15 Verg 2/20).

Eingedenk dessen liegt die Kostenlast für die Verfahrensgebühr auf Seiten der Antragsgegnerin. Denn die Dokumentation der Angebotswertung war zunächst nicht vergaberechtskonform. Konsequenz dessen ist, dass der Nachprüfungsantrag im Zeitpunkt seiner Stellung begründet war. Erst durch die umfangreiche – und teilweise sehr spät im Verfahren und erst in der mündlichen Verhandlung erfolgte weitere Dokumentation der Bewertung changierte die Bewertung von vergaberechtswidrig in vergaberechtskonform. Anzumerken ist zudem, dass einzelne – im Ergebnis aber unerhebliche Aspekte der Angebotsbewertung – nach wie vor nicht ausreichend dokumentiert sind. Die Antragsgegnerin hat durch ihre mangelnde Sorgfalt erst die Stellung eines Nachprüfungsantrags veranlasst. Es entspricht daher der Billigkeit, ihr die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin genießt jedoch Kostenfreiheit gemäß § 182 Absatz 1 GWB iVm § 8 Absatz 1 Nummer 2 VwKostG (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.09.2009, Verg 20/09), so dass keine Zahlungspflicht hinsichtlich der Verfahrensgebühr besteht.

Da die Antragsgegnerin während des laufenden Nachprüfungsverfahrens erst eine nachvollziehbare Dokumentation ihrer Wertung geliefert hat, werden ihr die notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin für deren zweckentsprechende Rechtsverfolgung auferlegt. Die Antragsgegnerin unterliegt zwar nicht im Nachprüfungsverfahren, allerdings hat sie diese Aufwendungen verursacht.

Vor diesem Hintergrund war auch die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.

Die Beigeladene, die sich nicht zur Sache eingelassen und keine Anträge gestellt hat, ist nicht mit Kosten zu belasten.