1. Vergabekammer Baden-Württemberg, Az.: 1 VK 17/22, Beschluss vom 08.06.2022 – (teil-)funktionalen Ausschreibung, Preis als alleiniges Zuschlagskriterium, Antragsbefugnis, Vorinformation, Vorbefassung

Jun 8, 2022 | Rechtsprechung

Vergabekammer Baden-Württemberg

Aktenzeichen: 1 VK 17/22

Entscheidungsdatum: 08.06.2022

Normen:§ 127 GWB; § 134 GWB; § 160 GWB

 

Leitsatz:
1. Will sich ein Bieter im Nachprüfungsverfahren darauf berufen, der Preis sei bei einer (teil-)funktionalen Ausschreibung als alleiniges Zuschlagskriterium unzulässig, muss er dies rechtzeitig rügen.

2. Für die Antragsbefugnis genügt die Darlegung, dass ein Angebot wegen der unzureichenden Leistungsbeschreibung nicht seriös kalkuliert werden kann, auch wenn es nur um einen geringfügigen Anteil des gesamten Auftragswertes geht.

3. Eine Informationspflicht gegenüber Interessenten, die der Auftraggeber in objektiv vergaberechtswidriger Weise dazu veranlasst hat, keine Bewerbung oder kein Angebot abzugeben, kommt zumindest in direkter Anwendung des § 134 Abs. 1 GWB nicht infrage.

4. Ein Auftraggeber hat keinen Anlass, von einem fortbestehenden Interesse eines Unternehmens an der Angebotsabgabe auszugehen, wenn es verabsäumt, innerhalb der Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB einen Nachprüfungsantrag einzureichen.

5. Eine Vorbefassung liegt nur dann vor, wenn ein Unternehmen Vorleistungen erbracht hat, auf denen der zu vergebende Auftrag unmittelbar aufbaut, zum Beispiel in Form einer Machbarkeitsstudie, eines Vorentwurfs, Gutachtens oder einer Aufgabenbeschreibung. Nicht ausreichend ist eine sonstige Tätigkeit im gleichen Projekt.

6. Will sich ein Antragsteller auf einen Wissensvorsprung eines Konkurrenten berufen, muss er diesen substantiiert darstellen.

7. Bei der funktionalen Leistungsbeschreibung handelt es sich um eine von Rechts wegen zugelassene Möglichkeit, auf den Auftragnehmer Planungs- und Kalkulationsrisiken zu verlagern.

 

Entscheidungstext:

In dem Vergabenachprüfungsverfahren der

pp.

betreffend das Vergabeverfahren „Baulogistik und Baumüllentsorgung für den Klinikneubau, Referenznummer der Bekanntmachung: XXX, Lose 1 und 2“

hat die Vergabekammer durch XXX, den hauptamtlichen Beisitzer XXX und den ehrenamtlichen Beisitzer XXX auf die mündliche Verhandlung vom 01.06.2022 am 08.06.2022 beschlossen:

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen.

3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin wird nicht für notwendig erklärt. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Beigeladene wird für notwendig erklärt.

4. Die bei der Vergabekammer entstandenen Verfahrenskosten werden auf XXX Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin schrieb im offenen Verfahren die Erbringung von Leistungen der Baulogistik und Bauentsorgung für den Neubau Zentralklinikum XXX als Dienstleistungsauftrag europaweit aus, wobei die Leistungen in das Los 1 Baulogistik und das Los 2 Baumüllentsorgung aufgeteilt war. Die Bekanntmachung wurde am 28.01.2022 veröffentlicht. Alleiniges Zuschlagskriterium war der Preis. Die Frist zur Abgabe des Angebots endete am 15.03.2022. Die Antragstellerin und weitere Bieter stellten im Laufe des Vergabeverfahrens verschiedene Fragen über die Vergabeplattform „subreport Elvis“.

Die Vorbemerkung der Ziffer 1.7 und die Positionen 1.7.1 und 1.7.2 der Leistungsbeschreibung lauteten auszugsweise wie folgt [sic]:

„1.7 TITEL WINTERBAUHEIZUNG

BESCHREIBUNG WINTERBAUHEIZUNG

Die Heizkessel inkl. vorgebauter Wärmetauscher werden durch das Gewerk Heizung errichtet in Betrieb genommen und gelten inkl. Wärmetauscher als Schnittstelle zur Erstellung der Winterbauheizung durch die Baulogistik. Im Rahmen der Ausbauarbeiten sowohl von Versorgungszentrale und Hauptgebäude kann es immer wieder erforderlich sein, dass die Anlage umgebaut oder außer Betrieb genommen werden muss. Die Ermittlung der erforderlichen Heizleistung ist Planungsleistung der Baulogistik. Die bauliche Schnittstelle zur Baulogistik ist im Hausanschlussraum, nach dem Gebäudeeintritt am Ende der erdverlegten Leitungen. Die Baulogistik kann die Winterbauheizung z.B. über Treppenaugen oder separate Steigpunkte verteilen. Sämtliche Installationen, die Regelung, alle Betriebsmittel und sonstigen Nebenleistungen wie z.B. Spannungsversorgung, Kernbohrungen, baufortschrittsbedingte Um- und Rückbauten etc., ab vg. Übergabepunkt, liegen in der Verantwortung des Baulogistikers. Das Betreiben der gesamten Anlage inkl. Kessel sowie Anbindung / Regelung der Betonkerntemperierung (BKT) und weiterer Wärmeverteilung (Warmluftgebläse o.ä.), d.h. aller Maßnahmen zur Sicherstellung der notwendigen Innentemperaturen liegt bei der Baulogistik. Bei Erfordernis bzw. bei Entbehrlichkeit ist die Winterbauheizung ganz oder in schritten zurückzubauen.

Bei Erfordernis bzw. bei Entbehrlichkeit ist die Winterbauheizung ganz oder in schritten zurückzubauen. Die Winterbaubeheizung erfolgt unter Einbindung der BKT. Das entsprechende BKT Leitungsnetz ist hierbei im Verantwortungsbereich der Baulogistik sowie in Abstimmung mit der TGA OÜ an das Gewerk Heizung/Kälte zu übergeben. Das BKT-Leitungsnetz muss zum Zeitpunkt der Übergabe entleert und gespült sein. Die betreffenden Druck-, und Spülprotokolle sind bei der Übergabe auszuhändigen. Die Leitungsenden sowie eine etwaige Beschriftung der BKT-Kreise sind bei der Übergabe so herzurichten, wie sie zuvor übernommen wurden. Die Übergaben erfolgen formal mit Protokoll, Dokumentation und Unterschrift der zuständigen OÜs und Unternehmer.

Eine Wärmeversorgung muss im Winter ständig gewährleistet sein, da es sonst zu Frostschäden an den im Beton liegenden Leitungen kommen kann. Hier muss somit zu jeder Zeit (24h, 7 Tage) innerhalb kurzer Zeit jede Störung behoben werden. Eine Wärmeversorgung muss im Winter ständig gewährleistet sein, da es sonst zu Frostschäden an den im Beton liegenden Leitungen kommen kann. Hier muss somit zu jeder Zeit (24h, 7 Tage) innerhalb kurzer Zeit jede Störung behoben werden. Die BKT kann ggf. nicht mit der Heizmedium-Temperaturen beaufschlagt werden, die für die Warmluftgebläse bereitgestellt wird. Zwar sind für die Leitungen Heizmedium-Temperaturen bis 90°C zulässig, die Mediumtemperatur für die BKT liegt jedoch bei unter 30°C. Die Verträglichkeit von höheren Vorlauftemperaturen mit der Cobiaxdecke wäre ggf. zu prüfen. Die BKT ist nicht als alleiniges System für die Winterbaubeheizung ausgelegt. Die mitgeteilte Leistung von ca. 50W/m² bezieht sich auf einen bauseits auf 10 bzw. 15°C beheizten Raum (bezogen auf Wasser als Medium; ohne Berücksichtigung einer Minderleistung aufgrund der Verwendung von Glykol/Wassergemisch). Eine zusätzliche Beheizung im Rahmen der Baustellenlogistik ist somit aller Voraussicht nach erforderlich. Im Falle, dass Glykol (BKT-Netz) verwendet wird, ist hier eine Anmeldung bei der unteren Wasserbehörde ggf. erforderlich. Sollte kein Glykol verwendet werden so ist die Überwachung der BKT erforderlich, um im Störfall Frostschäden besonders bei der BKT auszuschließen.

[…]

1.7.1 Winterbauheizung planen

Winterbauheizung Planen Bei der Planung der Winterbauheizung, muss gewährleistet sein, dass gemäß Abgaben der TGA mind. 15°C, ggf. mittels Zusatzgeräten, jederzeit erreicht werden. Ggf. ist eine Abstimmung mit Behörden erforderlich. Planung unter Berücksichtigung des Kessels sowie der BKT E3-E5. Die Planung ist fortzuschreiben min. 1x für die jeweils nächste Heizperiode.

Die Ermittlung der für die Erreichung und Einhaltung der beschriebenen Temperaturen erforderlichen Heizleistung liegt ab Kessel in Verantwortung des Baulogistikers. Die Planung und Erstellung der Winterbauheizung ist gemäß Baufortschritt in der Winterperiode 2022 voraussichtlich U1 bis E1 und in der Winterperiode 2023 voraussichtlich U1 bis E7 zu berücksichtigen.

1.7.2 Winterbauheizung liefern, aufbauen und vorhalten

Winterbauheizung liefern, aufbauen und vorhalten

Abrechnung erfolgt in Stück (1 Stück = 1 Winterperiode)

[…]“

Diesem Vergabeverfahren ging ein Verfahren über die Vergabe der Rohbauarbeiten im Jahr 2021 voraus. Im Rahmen jenes Verfahrens hatten die Bieter verschiedene Konzepte in Bezug auf den Bauablauf sowie die Sicherung desselben bei unvorhergesehenen Risiken und Störungen sowie alternative Konzepte für die Ausführung der Rohbauarbeiten vorzulegen. Diese wurden im Zuge der Zuschlagsentscheidung gewertet und Gegenstand des Auftrags. Im April 2021 erhielt die Beigeladene den Zuschlag in jenem Verfahren. Der Vertragsschluss wurde im Mai 2021 bekanntgemacht.

Mit Nachricht vom 09.02.2022 über die Plattform „subreport Elvis“ beanstandete die Antragstellerin in Bezug auf Titel 1.7 (Winterbauheizung), dass die Antwort der Antragsgegnerin zu ihrer Bieterfrage betreffend diesen Titel „nicht vollständig beantwortet“ wurde und die Antragsgegnerin damit ihrer „Verpflichtung zur eindeutigen und vollständigen Leistungsbeschreibung“ weiterhin nicht nachkomme. Im Übrigen zitierte die Antragstellerin eine Textpassage der in Rede stehenden Antwort der Antragsgegnerin und eine Passage der Vorbemerkung zu dem Titel 1.7 (Winterbauheizung) der Leistungsbeschreibung. Der Abschluss der Nachricht lautete wie auszugsweise folgt [sic]:

„Dem Bieter unzulässigerweise ein erhebliches aussergwöhnliches Wagnis aufgebürdet wird.

Zur Vermeidung einer Rüge und eines evtl. folgenden Nachprüfverfahrens bitten wir dringend um Übergabe einer erschöpfenden und eindeutigen Leistungsbeschreibung gem. § 7 VOB für die in den Positionen 1.7.2 bis 1.7.4 zu kalkulierenden Leistungen.“

Die Antragsgegnerin erklärte mit Schreiben vom 15.02.2022, das an alle Interessenten adressierte wurde, dass sie das „Anliegen sorgfältig geprüft“ habe, „das Leistungsverzeichnis […] aber nicht abgeändert werden“ müsse.

Die Antragstellerin antwortete mit Schreiben vom 16.02.2022 und monierte unter anderem, dass

„jeder Bieter z.B. um überhaupt in der Lage zu sein, die Leistungen gem. Pos. 1.7.2 kalkulieren zu können, zunächst die Leistung gem. Pos. 1.7.1 bereits vollständig (in der Kalkulationsphase) erbringen“

müsse. Das Schreiben endet wie folgt:

„Abschließend möchten wir erneut betonen, dass wir – nach bereits erfolgter Rechtsberatung – bei einer möglichen Zuschlagserteilung auf derzeitige Basis der Ausschreibungsunterlagen sofort einen Nachprüfungsverfahren bei der zuständigen Vergabekammer einleiten werden und regen daher erneut an, die Vergabeunterlagen vergabegerecht umzugestalten.“

Mit Nachricht vom 02.03.2022 wandte sich die Antragstellerin erneut über die Plattform „subreport Elvis“ an die Antragsgegnerin. Sie beanstandete, was folgt [sic]:

„Leider müssen wir feststellen, daß die Leistung damit nach wie vor nicht eindeutig und kalkulierbar beschreiben ist. Dies betrifft insbesondere die von uns angefragte Bauheizung, aber auch die Bereiche Baustrom und Baubeleuchtung sind weiterhin nicht erschöpfend beschrieben und nur nach Durchführung entsprechender Planungen kalkulierbar, was von den Bietern nicht erwartet werden darf. Vor Allem der neue Hinweis im Leistungsverzeichnis, daß bezüglich der Baustromanlage und der Baubeleuchtung „das mehrfache Umsetzen […] nach den Erfordernissen des Baufortschrittes einer Großbaustelle einzukalkulieren“ ist, stellt z.B. keineswegs eine eindeutige Beschreibung des Leistungssolls dar.

Wir bitten daher erneut um eindeutige Beschreibung der Titel Baustrom, Bauwasser, Baubeleuchtung und Bauheizung.“

Die Antragsgegnerin reagierte am 08.03.2022 – in Form einer Antwort auf eine Bieterfrage – folgendermaßen auf die vorstehend auszugsweise zitierte Nachricht der Antragstellerin:

„Für Baustrom und Baubeleuchtung ist ein zweimaliges Umsetzen in der Kalkulation zu berücksichtigen. Thema Beheizung: siehe Schreiben: ZK-339.01_bieterkommunikation_retoure_20220215_01.pdf, upload subreport Bieterkommunikation vom 16.02.2022“

Die Antragstellerin teilte der Antragsgegnerin mit Nachricht vom 09.03.2022 über die Plattform „subreport Elvis“ mit, dass sie trotz ihres „großen Interesses an einer Angebotsabgabe“ auf eine Angebotsabgabe „verzichten“ müsse. Als Grund führte sie das Fehlen der „Ausführungsplanung für die Titel Baustrom, Baubeleuchtung, Bauwasser und Baubeheizung“ und die „Unkalkulierbarkeit der Leistungen aufgrund unzureichender Leistungsbeschreibung“ an.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.03.2022 wies die Antragstellerin darauf hin, dass eine „kurzfristige Zuschlagserteilung“ durch sie „ebenfalls angegriffen werden könnte“. Sie beanstandete in diesem Schreiben, dass die Beschreibung der Position 1.1.2 die Häufigkeit und den zeitlichen Aufwand der geforderten Ämterbegleitungen offenlasse. Ferner seien die Vorgaben zu dem Titel 1.7 (Winterbauheizung) zu unbestimmt, denn ohne Ausführung der Position 1.7.1 lasse sich die Position 1.7.2 nicht kalkulieren. Daher leide das Vergabeverfahren an einem offensichtlichen Mangel und sei daher noch nicht ausschreibungsreif. Auch die Vorgaben in den Titeln 1.8 (Baubeleuchtung) und 1.9 (Baustrom) seien nicht kalkulierbar und damit nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben. Schließlich sei der Preis als alleiniges Zuschlagskriteriums mit Blick auf die überwiegend funktionale Leistungsbeschreibung vergaberechtswidrig.

Die Antragsgegnerin reagierte mit anwaltlichem Schreiben vom 31.03.2022 und erklärte, sie werde der Rüge vom 25.03.2022 nicht abhelfen.

Mit Auftragsschreiben vom 08.04.2022 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen im streitgegenständlichen Vergabeverfahren den Zuschlag in beiden Losen. Die Bekanntmachung des Zuschlags wurde am 15.04.2022 veröffentlicht.

Die Antragstellerin hat am 11.04.2022 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer eingereicht und zunächst beantragt:

1. ein Vergabenachprüfungsverfahren gem. §§ 160 ff. GWB einzuleiten;

2. der Antragsgegnerin zu untersagen, im Vergabeverfahren „Baulogistik und Baumüllentsorgung“, veröffentlicht im Supplement des Amtsblattes der Europäischen Union XXX vom 28.01.2022 für die Lose 1 und/oder 2 einen Auftrag durch Zuschlag zu erteilen;

3. der Antragsgegnerin aufzugeben, das Vergabeverfahren in den Stand vor Bekanntmachung zurückzuversetzen, hilfsweise es aufzuheben und die Vergabeunterlagen bei fortbestehender Beschaffungsabsicht transparent, eindeutig und erschöpfend und diskriminierungsfrei neu zu erstellen;

4. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für erforderlich zu erklären und

5. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

6. gem. § 165 GWB Einsicht in den Vergabevermerk einschließlich etwaigen Schriftverkehrs der Antragsgegnerin mit Bietern, Protokollen etwaiger Aufklärungsgespräche, soweit dort keine Geschäftsgeheimnisse von Mitbewerbern betroffen sind und die Abstimmung mit den Fördermittelgebern, zu erhalten.

Mit Antragserwiderung vom 19.04.2022 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass sie vor Einleitung des Nachprüfungsantrags am 08.04.2022 den Zuschlag an die Beigeladene erteilt hat. Am 02.05.2022 hat die Vergabekammer den rechtlichen Hinweis erlassen, dass der Nachprüfungsantrag zu diesem Zeitpunkt mangels Statthaftigkeit unzulässig sein dürfte. Daraufhin hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 06.05.2022 beantragt, festzustellen, dass der an die Firma XXX am 22.03.2022 oder 08.04.2022 erteilte Auftrag im Vergabeverfahren „Baulogistik und Baumüllentsorgung“, veröffentlicht im Supplement des Amtsblattes der Europäischen Union XXX vom 15.04.2022, unwirksam ist. Im Übrigen hat sie in diesem Schriftsatz die gestellten Anträge aufrechterhalten.

In der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2022 hat die Antragstellerin nunmehr beantragt:

1. festzustellen, dass der an die Firma XXX am 22.03.2022 oder 08.04.2022 erteilte Auftrag im Vergabeverfahren „Baulogistik und Baumüllentsorgung“, veröffentlicht im Supplement des Amtsblattes der Europäischen Union XXX vom 15.04.2022 unwirksam ist;

2. der Antragsgegnerin aufzugeben, das Vergabeverfahren in den Stand vor Bekanntmachung zurückzuversetzen, hilfsweise es aufzuheben und die Vergabeunterlagen bei fortbestehender Beschaffungsabsicht transparent, eindeutig und erschöpfend und diskriminierungsfrei neu zu erstellen;

3. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für erforderlich zu erklären und

4. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

In der Antragsschrift führt die Antragstellerin aus, sie sei an einer Angebotsabgabe gehindert gewesen, da die Vorgaben der Leistungsbeschreibung nicht kalkulierbar gewesen seien. Sie meint, der Nachprüfungsantrag sei zulässig. Insbesondere sei die Rüge der nicht eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung und die Rüge der fehlerhaften Auswahl von Zuschlagskriterien nicht präkludiert. Das an alle Bieter gerichtete Schreiben der Antragsgegnerin vom 15.02.2022 stelle keine Mitteilung der Nichtabhilfe dar. Zwar positioniere sich die Antragsgegnerin darin auch zur Rüge der Antragstellerin vom 09.02.2022, allerdings erfordere eine Mitteilung der Nichtabhilfe ein direktes Anschreiben des rügenden Bieters und einen Hinweis auf die Präklusionsfrist. Im Übrigen setze sich die Antragsgegnerin in diesem Schreiben nur mit der Position 1.7 der Leistungsbeschreibung auseinander, sodass jedenfalls die Rüge der nicht eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung hinsichtlich anderer Positionen nicht präkludiert sein könne. Auf die Rüge vom 09.03.2022 habe die Antragsgegnerin nicht reagiert. In der Untätigkeit sei keine Nichtabhilfe zu sehen. Die Antragstellerin meint, der Antrag sei auch begründet. Die Position 1.7.2 (Winterbauheizung liefern, aufbauen und vorhalten) sei nicht kalkulierbar. Denn hierfür müsse erst – und damit schon in der Angebotserstellung – die in Position 1.7.1 (Winterbauheizung) ausgeschriebene Planungsleistung erbracht werden. Das Prinzip „Planen und Bauen“ sei indes nicht zulässig.

In Ergänzung zu ihrer Antragsschrift führt die Antragstellerin in ihren Schriftsätzen vom 03.05.2022 und vom 06.05.2022 aus, der Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Zuschlags sei statthaft. Denn nur ein wirksam erteilter Zuschlag könne nicht aufgehoben werden; hier sei der Zuschlag aber nicht wirksam erteilt worden. Für die Frage der ordnungsgemäßen Erfüllung der Rügeobliegenheit sei nicht erforderlich, dass jede einzelne Position eines nicht kalkulierbaren Titels aufgelistet werde. Indem die Antragstellerin dargestellt habe, dass die Planung für die die Titel 1.9 (Baustrom),1.10 (Bauwasser), Baubeleuchtung (1.8) und 1.7 (Winterbauheizung) fehle, habe sie alle Positionen angesprochen. Hinsichtlich der Begründetheit des Nachprüfungsantrags führt die Antragstellerin aus, der Zuschlag sei wegen Verstoßes gegen die Informationspflicht nicht wirksam erteilt worden. Die Antragsgegnerin hätte die Antragstellerin über die von ihr beabsichtigte Zuschlagserteilung informieren müssen. Sie sei als Interessentin wie ein Bieter zu behandeln, mithin zu informieren gewesen. Denn sie sei wegen eines vergaberechtswidrigen Verhaltens der Antragsgegnerin an der Angebotsabgabe gehindert gewesen. Es komme für die Pflicht zur Information der nicht zu berücksichtigenden Bieter über die Zuschlagserteilung nicht auf eine formale Bieterstellung an. Vielmehr sei für die Begründung der Informationspflicht ein vorvertragliches subjektives Näheverhältnis beziehungsweise ein vorvertragliches Schuldverhältnis ausreichend. Im Übrigen könne die Antragsbefugnis nicht davon abhängig gemacht werden, dass ein „Pro-Forma-Angebot“ abgegeben werde, wenn die Unmöglichkeit der Angebotserstellung gerügt wurde. Schließlich habe die Antragstellerin nicht die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung abgewartet, um einen Nachprüfungsantrag einzureichen. Die Antragstellerin trägt überdies vor, die Beigeladene habe im vorherigen Jahr den Zuschlag für die Rohbauarbeiten für den Neubau Zentralklinikum XXX erhalten und habe infolgedessen einen nicht ausgeglichenen Wettbewerbsvorteil. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass jeweils unterschiedliche Standorte der Beigeladenen Auftragnehmer geworden sind. Es handele sich um ein und dieselbe juristische Person und damit um eine Bieterin. Vor dem Hintergrund, dass die Beigeladene im Verfahren für die Vergabe der Rohbauarbeiten ein Ausführungskonzept, Vorschläge zur Sicherung des Bauablaufs bei Risiken und Störungen zu erstellen gehabt habe, habe sie einen Wissensvorsprung hinsichtlich der Baulogistik. Daher habe die Beigeladene trotz fehlender Informationen in der Leistungsbeschreibung ein Angebot kalkulieren können.

Mit Schriftsatz vom 19.05.2022 trägt die Antragstellerin ergänzend vor, die Antragsgegnerin habe, wenngleich nur ein Bieter ein Angebot abgegeben habe, den Zuschlag erst nach Ablauf einer Stillhaltefrist von zehn Tagen erteilen dürfen.

Mit abschließendem Schriftsatz vom 30.05.2022 führt die Antragstellerin aus, die Rüge des nicht ausgeglichenen Wettbewerbsvorteils sei nicht präkludiert und damit zulässig. Der Vertragsschluss zwischen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin über die Rohbauarbeiten sei zwar im Mai 2021 bekannt gemacht worden, allerdings habe die Antragstellerin erst nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens von der Teilnahme der Beigeladenen am hier streitgegenständlichen Vergabeverfahren Kenntnis erlangt. Diese Rüge sei auch begründet. Die Beigeladene habe als Rohbauerin Informationen bezüglich der Umsetzung der Bauheizung und der Bemessung der Baustromleitungen gehabt, die die Antragstellerin nicht gehabt habe. So fehlten der Antragstellerin Informationen zu den Schließungen der Fassade. Diese seien für die Gewährleistung einer bestimmten Raumtemperatur entscheidend. Die Antragstellerin sei keine Fachplanerin für technische Gebäudeausrüstung und könne daher nicht beurteilen, ob ihr alle für eine Heizlastberechnung notwendigen Pläne, Grundrisse und Schnitte zur Verfügung gestanden hätten. Die Heizlastberechnung sei für die Gewährleistung einer bestimmten Raumtemperatur notwendig. Im Hinblick auf die Bemessung der Stromleitungen habe die Beigeladene als Rohbauerin im Gegensatz zur Antragstellerin Kenntnis über die Anzahl, die Verortung und die Einsatzdauer der vorhandenen Turmdrehkräne.

In der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2022 hat die Antragsgegnerin beantragt:

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;

2. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung für die Antragsgegnerin notwendig war;

3. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

Mit der Antragserwiderung vom 19.04.2022 trägt die Antragsgegnerin vor, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig und unbegründet sei. Die Unzulässigkeit ergebe sich aus der mangelnden Statthaftigkeit des Nachprüfungsantrags. Denn der Zuschlag sei bereits am 08.04.2022, mithin vor Einreichen des Nachprüfungsantrags, wirksam erteilt worden. Die Antragstellerin sei nicht über den beabsichtigten Zuschlag vorab zu informieren gewesen. Zwar gehöre sie als Interessentin zu dem Adressatenkreis einer solchen Information, allerdings habe im konkreten Fall wegen Präklusion und mangels Abgabe eines Angebots kein Bedarf für eine Information bestanden. Der Hauptzweck der Vorabinformation, dem Betroffenen die wesentlichen Gründe für sein Scheitern im Vergabeverfahren mitzuteilen, damit er die Erfolgsaussichten eines Nachprüfungsverfahrens beurteilen kann, hätte ohnehin nicht erreicht werden können. Der Antragstellerin seien die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße bereits bekannt gewesen. Auch habe es keiner Information der Antragstellerin darüber bedurft, dass sie mangels Abgabe eines Angebots nicht berücksichtigt wird. Die Unzulässigkeit ergebe sich ferner aus dem Fehlen einer Antragsbefugnis. Die Antragstellerin sei nicht an der Abgabe eines Angebots gehindert gewesen. Gründe, welche die Vorbereitung eines Angebots unzumutbar erscheinen lassen, seien mit Blick auf die in monetärer Hinsicht unbedeutenden Positionen 1.7.1 und 1.72 nicht gegeben. Bei diesen Positionen handele es sich unter Zugrundelegung des von den Planern bepreisten Leistungsverzeichnisses um einen Anteil von lediglich 0,7% der Gesamtsumme. Darüber hinaus sei der Nachprüfungsantrag wegen Präklusion unzulässig. Soweit die Antragstellerin moniert, die Häufigkeit der in Position 1.1.2 aufgeführten Baulogistikbesprechungen sei unklar, habe sie dies vor Einreichen des Nachprüfungsantrags nicht gerügt. Die Rüge der Unkalkulierbarkeit der in Position 1.1.2 aufgeführten Ämterbegleitung sei erstmals im anwaltlichen Schreiben vom 25.03.2022, mithin nach Ablauf der Angebotsfrist gerügt worden. Auf die Rüge der Unkalkulierbarkeit des Titels 1.7 (Winterbauheizung) mit Nachricht vom 09.02.2022 habe die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 15.02.2022 geantwortet, dass der Rüge nicht abgeholfen werde. Unbeachtlich sei, dass kein Hinweis auf die Rügefrist enthalten gewesen sei. Denn in der Auftragsbekanntmachung sei ein Hinweis auf die Rechtsbehelfsfrist erfolgt. Da ein Nachprüfungsantrag nicht innerhalb von 15 Kalendertagen eingegangen sei, könne ein solcher nicht mehr auf diese Rüge gestützt werden. Das Schreiben der Antragstellerin vom 16.02.2022 stelle lediglich eine Wiederholung dar und sei daher unbeachtlich. Die in der Nachricht der Antragstellerin vom 02.03.2022 enthaltene Beanstandung der nicht eindeutigen und kalkulierbaren Beschreibung der Titel Winterbauheizung, Bestromversorgung und Baubeleuchtung, Baustrom und Bauwasser, stelle keine Rüge dar. Es werde – mit Ausnahme der Beanstandung der Angaben zum Umsetzen – nicht hinreichend deutlich, welches konkrete Tun oder Unterlassen der Auftraggeberin für rechtswidrig erachtet wird. Mit Nachricht vom 08.03.2022 habe die Antragsgegnerin über die Vergabeplattform geantwortet. Aus dieser Antwort ergebe sich, dass die Antragsgegnerin der Rüge betreffend das Umsetzen abhelfe und im Übrigen nicht abhelfe. Der Nachprüfungsantrag sei nicht innerhalb von 15 Kalendertagen eingegangen und damit verfristet. Die Rüge, dass (teil-)funktionale Ausschreibungen weitere Zuschlagskriterien erforderten, habe die Antragstellerin erstmals mit anwaltlichem Schreiben vom 25.03.2022 erhoben, mithin nach Ablauf der Angebotsfrist. Überdies sei der Nachprüfungsantrag auch unbegründet.

Mit Schriftsatz vom 19.05.2022 trägt die Antragsgegnerin zur Rüge eines nicht ausgeglichenen Wettbewerbsvorteils vor, dass die Antragstellerin damit präkludiert sei, denn die Bekanntmachung der Vergabe der Rohbauarbeiten sei bereits im Mai 2021 veröffentlicht worden. Diese Rüge sei auch nicht begründet. Die Beigeladene habe als Rohbauerin keinen Informationsvorsprung gehabt, der im Rahmen der streitgegenständlichen Ausschreibung auszugleichen gewesen wäre. Denn den Interessenten im streitgegenständlichen Vergabeverfahren seien umfangreiche Planunterlagen zur Verfügung gestellt worden. Die Angebotserstellung sei auf Basis der Planunterlagen möglich gewesen. Die Rohbau-Konzepte seien in diesem Zusammenhang unerheblich, denn es gehe gerade nicht um die Baulogistik des Rohbaus. Der Rohbau werde bis spätestens 23.01.2023 fertiggestellt. Die Ausführung des streitgegenständlichen Auftrags Baulogistik habe zwischen dem 21.07.2022 und dem 30.04.2025 zu erfolgen. Insoweit sei die Überschneidung zwischen den beiden Ausführungsphasen untergeordnet. Außerdem beginne die Baulogistik zu einem Zeitpunkt, in dem mehrere Gewerke, also nicht nur der Rohbauer, sondern auch die technischen Gewerke, der Innenausbau sowie die Gewerke der Fassade, vor Ort seien.

Mit abschließendem Schriftsatz vom 30.05.2022 trägt die Antragsgegnerin zu dem von der Antragstellerin behaupteten Verstoß gegen eine Wartepflicht vor und führt aus, dass der Vertrag unmittelbar nach der Zuschlagsentscheidung habe geschlossen werden dürfen. Denn mangels unterlegener Bieter sei die Informationspflicht entfallen, mithin habe keine Wartepflicht bestanden.

In der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2022 hat die Beigeladene beantragt:

1. den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen;

2. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Beigeladenen aufzuerlegen;

3. festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen notwendig war.

Mit Schriftsatz vom 17.05.2022 schloss sich die Beigeladene den Ausführungen der Antragsgegnerin in der Antragserwiderung an und führte ergänzend aus, dass sowohl der ursprünglich gestellte Antrag als auch der nachträglich auf Hinweis der Vergabekammer gestellte Feststellungsantrag aufgrund des wirksam erteilten Zuschlags unstatthaft seien. Der Nachprüfungsantrag sei auch mangels Antragsbefugnis unzulässig. Es habe keine Verpflichtung der Antragsgegnerin bestanden, die Antragstellerin über die beabsichtigte Zuschlagserteilung zu informieren. Auch ohne Vorabinformation wäre es der Antragstellerin möglich gewesen, die von ihr behaupteten Vergaberechtsverstöße im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens geltend zu machen und auf diesem Wege die Zuschlagserteilung zu verhindern. Denn das Vorbringen der Antragstellerin beziehe sich ausschließlich auf vermeintliche Verstöße, die sie bereits lange vor der Zuschlagserteilung erkannt habe oder hätte erkennen können. Ihr hätten sämtliche Informationen vorgelegen, die sie zur Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahren benötigt hätte. Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz sei insoweit nicht durch die nicht erfolgte Vorabinformation beeinträchtigt worden. Dies gelte umso mehr, als die Antragstellerin erst mehr als drei Wochen nach Ende der Angebotsfrist, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Zuschlag erwartungsgemäß bereits erteilt gewesen sei, einen Nachprüfungsantrag eingereicht habe. Im Hinblick auf die offensichtliche Unbegründetheit trägt die Beigeladene vor, dass die Antragstellerin schon keine Adressatin einer Vorabinformation gewesen sei, da sie mangels Vorlage eines Angebots keine Bieterin sei. Eine Informationspflicht außerhalb des formalen Bieter- und Bewerberbegriffs bestehe nur dann, wenn dem jeweiligen Interessenten im Falle der De-facto-Vergabe eine Teilnahme am Vergabeverfahren überhaupt nicht ermöglicht werde. In diesem Fall stehe dem Interessenten nämlich überhaupt keine andere Möglichkeit offen, Primärrechtsschutz zu erlangen.

Mit Beschluss vom 09.05.2022 wurde XXX zum Verfahren beigeladen. Die Vergabekammer hat der Antragstellerin antragsgemäß – beschränkt auf den Verfahrensgegenstand – Einsicht in die Dokumentation der Antragsgegnerin gewährt, soweit keine geheimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren. Mit Beschluss vom 23.05.2022 hat die Vergabekammer den von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 19.05.2022 gestellten Antrag auf vorläufige Maßnahmen gemäß § 169 Abs. 3 GWB mangels Zulässigkeit verworfen. In der mündlichen Verhandlung am 01.06.2022 hatten die Beteiligten die Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen und mit der Vergabekammer umfassend zu erörtern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen und die Dokumentation der Antragsgegnerin, die der Vergabekammer vorlag, verwiesen. Die 5-Wochenfrist des § 167 Abs. 1 Satz 1 GWB wurde durch Verfügung der Vorsitzenden bis zum 10.06.2022 verlängert.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist teilweise unzulässig. Soweit er zulässig ist, ist er jedoch unbegründet und daher zurückzuweisen.

1. Der Nachprüfungsantrag ist nur teilweise zulässig.

a. Der Rechtsweg zur Vergabekammer ist eröffnet. Gemäß §§ 155, 156 Abs. 2 GWB unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge der Nachprüfung durch die Vergabekammern. Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber nach §§ 98, 99 Nr. 1 a) GWB.

b. Der Nichtigkeitsfeststellungsantrag im Sinne des § 135 Abs. 1 GWB a.E. ist statthaft. Der am 08.04.2022 erteilte Zuschlag steht der Statthaftigkeit eines solchen Antrags nicht entgegen, da das Nachprüfungsverfahren auf Feststellung der Unwirksamkeit des öffentlichen Auftrags gerichtet ist (vgl. Braun, in: Ziekow/Völlink, 4. Aufl. 2020, GWB, § 135 Rn. 103 – 103b). Für die Statthaftigkeit eines solchen Feststellungsantrags kommt es nicht darauf an, ob ein solcher zur Unwirksamkeit führender Verstoß im Ergebnis zu bejahen ist. Dies ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (ebd.).

c. Der Schwellenwert nach §§ 106 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB ist erreicht. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer Baden-Württemberg ergibt sich aus § 159 Abs. 3 GWB, § 1 VNPVO.

d. Die Antragstellerin ist ihrer Rügeobliegenheit indes nur teilweise nachgekommen.

Nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit aufgrund der Vergabeunterlagen erkennbare Vergaberechtsverstöße nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Erkennbar ist ein Vergabeverstoß, wenn ein Bieter, der mit den wichtigsten Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe vertraut ist, ihn ohne besonderen Rechtsrat erkennen kann (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.01.2021, 15 Verg 12/20, juris, Rn. 86). Hierbei kann erwartet werden, dass der Bieter die einschlägigen Vergabevorschriften kennt, die Vergabeunterlagen sorgfältig durchliest und Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten nachgeht (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.05.2021, 15 Verg 4/21, nicht veröffentlicht). Vertiefte vergaberechtliche Kenntnisse, insbesondere der vergaberechtlichen Rechtsprechung und Literatur, sind von Teilnehmern eines Vergabeverfahrens nicht zu erwarten. Ein an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnehmender Unternehmer muss aber zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen (EuGH, Urteil vom 23.03.2015, C 538/13; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.01.2021, 15 Verg 12/20, nicht veröffentlicht, sowie Beschluss vom 19.02.2020, 15 Verg 1/20, juris, Rn. 28).

aa. Die Rüge der Antragstellerin, der Preis sei bei (teil-)funktionalen Ausschreibungen als alleiniges Zuschlagskriterium unzulässig, ist gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB präkludiert. Der behauptete Vergaberechtsverstoß war aufgrund der Bekanntmachung und der Vergabeunterlagen erkennbar, wurde aber erst mit anwaltlichem Schreiben vom 25.03.2022, mithin nach Ablauf der Angebotsfrist am 15.03.2022 gerügt. Die Erkennbarkeit ergibt sich aus der Zusammenschau der Auftragsbekanntmachung und der Leistungsbeschreibung. Aus der Auftragsbekanntmachung vom 28.01.2022 ist ohne Weiteres ersichtlich, dass der Preis für beide Lose alleiniges Zuschlagskriterium ist. Aus der Leistungsbeschreibung ergibt sich, dass es sich um eine teilfunktionale Ausschreibung handelt, sie also funktionale Elemente enthält. Ein Bieter, der mit den wichtigsten Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe vertraut ist, konnte ohne besonderen Rechtsrat erkennen, dass die Leistungsbeschreibung Planungspositionen enthält und dass eine allein am Preis ausgerichtete Wertung der Angebote Qualitätsgesichtspunkte der Planungsleistungen nicht berücksichtigt. Von einem durchschnittlich fachkundigen Bieter kann erwartet werden, dass er weiß, dass neben dem Preis auch andere Aspekte als Zuschlagskriterien festgelegt werden können (vgl. § 57 Abs. 2 S. 2 VgV und § 127 Abs. 1 S. 4 GWB), und er der Ungereimtheit, dass Planungsleistungen nur anhand des Preises bewertet werden, nachgeht und gegenüber der Vergabestelle rechtzeitig rügt.

bb. Soweit die Antragstellerin hinsichtlich der Position 1.1.2 Leistungsbeschreibung rügt, dass unklar sei, wie oft und in welcher Zeitintensität die Baulogistikbesprechungen und die Ämterbegleitungen stattfinden, ist sie damit ebenfalls gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB präkludiert. Denn sie hat die behaupteten Vergaberechtsverstöße vor Einreichen des Antrags zu keinem Zeitpunkt gerügt. Angaben zur Durchführung der Baulogistikbesprechung und zur Teilnahme an den Ämterbegleitungen finden sich in der Leistungsbeschreibung. Etwaige Unklarheiten waren für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei der sorgfältigen Durchsicht der Leistungsbeschreibung erkennbar. Mithin hat sie die Rügen trotz Erkennbarkeit der vermeintlichen Rechtsverstöße aufgrund der Vergabeunterlagen nicht innerhalb der Angebotsfrist erhoben.

cc. Soweit die Antragstellerin in der Nachricht vom 02.03.2022 über die Vergabeplattform pauschal rügt, die Titel 1.9 (Baustrom), 1.10 (Bauwasser), 1.8 (Baubeleuchtung) und 1.7 (Winterbauheizung) seien nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben und erst nach Durchführung entsprechender Planungen kalkulierbar, sind die Rügen nicht hinreichend substantiiert. Zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes sind nur geringe Anforderungen an den Inhalt der Rüge zu stellen (Wiese, in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 160, Rn. 142). Für die Rüge wird verlangt, dass die Vergabestelle der Erklärung durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont entnehmen kann, welcher Sachverhalt der Rügende für vergaberechtswidrig hält und dass der Bieter Abhilfe verlangt (vgl. Nowak, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Aufl. 2019, GWB § 160, Rn. 59). Wenn die Vergabestelle aufgrund des Rügeinhalts den ihr vorgeworfenen etwaigen Fehler erkennen und auch prüfen kann, ob es sich wirklich um einen Vergaberechtsverstoß handelt und gegebenenfalls, ob und wie er zu beheben ist, hat der Bieter seine Rügeobliegenheit erfüllt (Jaeger, in: MüKoEuWettbR, 4. Aufl. 2022, GWB § 160, Rn. 62a). Die Antragstellerin hat in der Nachricht vom 02.03.2022 keinen konkreten Sachverhalt genannt, der aus ihrer Sicht einen Vergaberechtsverstoß darstellt. Damit gab sie der Antragsgegnerin keine Gelegenheit zur Überprüfung der ihr vorgeworfenen Fehler bei der Beschreibung der genannten Leistungspositionen.

ee. Soweit die Antragstellerin rügt, die Beschreibung der Positionen 1.7.2 bis 1.7.4 (Winterbauheizung liefern, aufbauen und vorhalten; Winterbauheizung betreiben; Winterbauheizung räumen) würde dem Bieter eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation nicht möglich machen, ist sie damit ihrer Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB nachgekommen. Die Rüge wurde bereits mit Nachricht vom 09.02.2022 – und nicht erst mit Schreiben der Antragstellerin vom 16.02.2022 –, mithin vor Ablauf der Angebotsfrist erhoben, vgl. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB. Der Bieter muss nicht das Wort „Rüge“ verwenden oder androhen, es werde ein Nachprüfungsantrag eingereicht (Wiese, in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 160, Rn. 142). Ebenso wenig muss die Rüge die Äußerung enthalten, dass dem Auftraggeber eine letzte Chance zur Korrektur des behaupteten Verstoßes eingeräumt werde (ebd.). Überhaupt darf der Auftraggeber sich bei der Prüfung, ob es sich bei der Äußerung eines Bieters um eine Rüge handelt, nicht auf einen formalistischen Standpunkt stellen (ebd.). In der Nachricht der Antragstellerin vom 09.02.2022 zitiert die Antragstellerin Auszüge aus der Vorbemerkung des Titels 1.7 (Winterbauheizung) und aus der Antwort der Antragsgegnerin auf die am 01.02.2022 gestellten Bieterfrage und moniert gleichzeitig, dass die Antragsgegnerin ihrer „Verpflichtung zur eindeutigen und vollständigen Leistungsbeschreibung“ nicht nachkomme und dass dem „Bieter unzulässigerweise ein erhebliches außergewöhnliches Wagnis aufgebürdet“ werde. Abschließend bittet sie um die „Übergabe einer erschöpfenden und eindeutigen Leistungsbeschreibung“ für die Positionen 1.7.2 und 1.7.4. Die Antragstellerin zeigt in dieser Nachricht auf, welchen Sachverhalt sie für vergaberechtswidrig hält und verlangt Abhilfe. Die Antragsgegnerin konnte den ihr vorgeworfenen etwaigen Fehler erkennen und dem auch nachgehen. Der Auslegung dieser Nachricht als Rüge steht auch nicht der letzte Absatz der Nachricht, in welchem unter anderem zur Vermeidung einer Rüge um Abhilfe gebeten wird, entgegen. Dass die Antragstellerin im letzten Absatz von „Vermeidung einer Rüge“ schreibt, ist genauso wenig beachtlich wie etwa das Fehlen des Begriffs „Rüge“ in einer Rügeerklärung. Denn die Erklärung ist nach dem objektiven Empfängerhorizont als Rüge auszulegen. Hierfür spricht nicht zuletzt, dass alle Beteiligten die Nachricht vom 09.02.2022 als Rüge ausgelegt und behandelt haben.

ff. Soweit die Antragstellerin bezüglich des Titels 1.8 der Leistungsbeschreibung (Baubeleuchtung und Baustromversorgung) rügt, der Hinweis in der Leistungsbeschreibung, dass das mehrfache Umsetzen einzukalkulieren sei, stelle keine eindeutige Beschreibung dar, ist sie damit ebenfalls nicht präkludiert. Die Rüge erfolgte mit der Nachricht vom 02.03.2022, mithin vor Ablauf der Angebotsfrist am 15.03.2022, vgl. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB.

gg. Soweit die Antragstellerin einen nicht ausgeglichenen Wettbewerbsvorteil der Beigeladenen beanstandet, ist eine Rüge entbehrlich. Denn die Antragstellerin hat den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß nicht vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt, vgl. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB. Vielmehr hat sie von dem Umstand, dass die bereits mit den Rohbauarbeiten beauftragte Beigeladene am streitgegenständlichen Vergabeverfahren beteiligt ist, erst im Nachprüfungsverfahren erfahren.

e. Die Antragstellerin ist nur teilweise nach § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt.

Antragsbefugt ist gemäß § 160 Abs. 2 GWB jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Bei einem Nichtigkeitsfeststellungsantrag gemäß § 135 Abs. 1 GWB a.E. bedarf es neben einer Behauptung eines Verstoßes gegen § 134 GWB auch der Geltendmachung eines weiteren Vergaberechtsverstoßes. Denn allein durch einen Verstoß gegen die Informations- und Wartepflicht kann kein Schaden entstehen, da hierdurch die Zuschlagschancen nicht beeinträchtigt werden (Dreher/Hoffmann, in: Beck VergabeR, 4. Aufl. 2022, GWB § 135, Rn. 44). Allgemein anerkannt ist, dass auch Unternehmen, die kein Angebot im Vergabeverfahren abgegeben haben, antragsbefugt sein können; der Antragsteller muss in diesem Fall darlegen, gerade durch den gerügten Vergaberechtsverstoß an der Angebotsabgabe gehindert worden zu sein (Schäfer, in: Röwkamp/Kus/Portz/Priesß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 160, Rn. 56).

Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag gegenüber der Antragsgegnerin durch das Stellen diverser Bieterfragen und ihrer Rügen erkennbar zum Ausdruck gebracht. Sie macht neben einem Verstoß gegen § 134 GWB einen Verstoß gegen § 7 VgV geltend.

Teilweise fehlt es jedoch an der Darlegung eines Schadens, vgl.§ 160 Abs. 2 S. 2 GWB.

Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Rüge betreffend des 1.8 der Leistungsbeschreibung (Baubeleuchtung und Baustromversorgung), der Hinweis in der Leistungsbeschreibung, dass das mehrfache Umsetzen einzukalkulieren ist, stelle mangels Angabe der Anzahl des Umsetzens keine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung dar. Denn in der Antwort der Antragsgegnerin vom 08.03.2022 über die Vergabeplattform gibt diese an, dass ein zweimaliges Umsetzen gefordert wird. Jedenfalls ist der Nachprüfungsantrag mangels Berücksichtigung der Abhilfe durch die Antragsgegnerin unbegründet, soweit er sich auf diese Rüge stützt.

Soweit die Antragstellerin bezüglich der Position 1.7.2 der Leistungsbeschreibung (Winterbauheizung liefern, aufbauen und vorhalten) rügt, die Beschreibung würde dem Bieter eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation nicht möglich machen, hat sie jedoch einen Schaden dargelegt. Mit dem Vorbringen, die Beschreibung lasse eine Kalkulation nicht zu, hat sie dargetan, dass sie an der Angebotsabgabe gehindert gewesen sei. Dem steht nicht entgegen, dass die Position 1.7.2 auf der Grundlage der von Planern erstellten bepreisten Leistungsbeschreibung nur einen geringfügigen Anteil des gesamten geschätzten Auftragswerts ausmacht. Für die Antragsbefugnis genügt die Darlegung, dass mangels ausreichender Beschreibung der Leistung ein seriös kalkuliertes Angebot nicht unterbreitet werden kann. Die Frage, ob die etwaige Unkalkulierbarkeit der Position 1.7.2 mit Blick auf ihre monetäre Bedeutung eine unzumutbare Ausschreibung begründet, ist eine Frage der Begründetheit.

Hinsichtlich der Rüge eines nicht ausgeglichenen Wettbewerbsvorteils der Beigeladenen hat die Antragstellerin ebenfalls einen Schaden hinreichend dargelegt. Sie hat geltend gemacht, ihr hätten nicht die gleichen Informationen wie der Beigeladenen vorgelegen, sodass sie an der seriösen Kalkulation, mithin an der Angebotsabgabe gehindert war.

Die Erteilung einer ordnungsgemäßen Vorabinformation und die Einhaltung der Wartefrist hätten – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen – ihren Zweck, der Sicherung des effektiven Rechtsschutzes (Maimann, in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 134 GWB, Rn. 2), noch erlangt. Denn bei einer Vorabinformation im Sinne des § 134 Abs. 1 GWB hätte die Antragstellerin die vermeintlich in der Person der Beigeladenen liegenden Anfechtungsgründe frühzeitig erkannt. Das Einhalten der Wartefrist hätte der Antragstellerin sodann die Rügeerhebung und das Einreichen eines Nachprüfungsantrags vor Zuschlagsentscheidung ermöglicht.

f. Der Nachprüfungsantrag wurde ursprünglich nicht rechtzeitig erhoben. Die Rüge des nicht ausgeglichenen Wettbewerbsvorteils verhilft dem Nachprüfungsantrag jedoch zur Zulässigkeit.

aa. Soweit sich der Nachprüfungsantrag auf die Rüge der Unzumutbarkeit der Kalkulation der Position 1.7.2 der Leistungsbeschreibung (Winterbauheizung liefern, aufbauen und vorhalten) stützt, hat die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag nicht rechtzeitig eingereicht. Gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit er nicht innerhalb von 15 Kalendertagen nach der Mitteilung der Antragsgegnerin, der Rüge nicht abhelfen zu wollen, bei der Vergabekammer eingereicht wird. Die Mitteilung der Nichtabhilfe erfolgte am 15.02.2022. Bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 15.02.2022 handelt es sich auch um eine die Frist nach § 160 Abs. 1 Nr. 4 GWB in Gang setzende Mitteilung. Das Schreiben der Antragsgegnerin vom 15.02.2022 stellt die Erwiderung auf die mit Nachricht vom 09.02.2022 über die Vergabeplattform erhobene Rüge der Antragstellerin dar und ist als Mitteilung im Sinne des § 160 Abs. 1 Nr. 4 GWB zu qualifizieren. Eine den § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB genügende Mitteilung der Nichtabhilfe ist gegeben, wenn der Auftraggeber das ablehnende Ergebnis konkret bezogen auf die erhobene Rüge unmissverständlich formuliert (Jaeger, in: MüKoEuWettbR, 4. Aufl. 2022, GWB § 160 Rn. 91). Mit Schreiben vom 15.02.2022 hat die Antragsgegnerin die Rüge der Antragstellerin vom 09.02.2022 unmissverständlich in Bezug genommen und mitgeteilt, dass sie der Rüge vom 09.02.2022 nicht abhelfen werde. Dass die Mitteilung informatorisch an alle Bieter erfolgte, steht einer Qualifizierung als Mitteilung im Sinne des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB nicht entgegen. Denn es besteht kein Formerfordernis für die Nichtabhilfeerklärung (vgl. ebd.). Der Einwand der Antragstellerin, eine Mitteilung im Sinne des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB setze einen Hinweis auf die Ausschlussfrist von 15 Kalendertagen gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB voraus, greift nicht durch. Ein solcher Hinweis ist entbehrlich, denn für die Wirksamkeit der Ausschlussfrist genügt es, wenn der Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung explizit darauf hingewiesen hat (Gabriel/Mertens, in: BeckOK VergabeR, 23. Ed. 31.1.2021, GWB § 160, Rn. 177). Hier hat die Antragsgegnerin bereits in der Bekanntmachung auf die 15-Kalendertage-Frist nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB hingewiesen. Der Nachprüfungsantrag wurde nicht innerhalb von 15 Kalendertagen, sondern erst am 11.04.2022 eingereicht.

bb. Die Rüge des nicht ausgeglichenen Wettbewerbsvorteils stützt sich auf einen erst im Nachprüfungsverfahren bekannt gemachten Sachverhalt, wurde damit rechtzeitig vorgebracht (s.o.) und ist im Übrigen zulässig. Der ursprünglich unzulässige Nachprüfungsantrag wird durch die rechtzeitige Erhebung der Rüge des nicht ausgeglichenen Wettbewerbsvorteils zulässig. Hierfür spricht, dass es dem Beschleunigungsgebot zuwiderliefe, den Bieter wegen erst während des Nachprüfungsverfahrens erkannter Vergaberechtsverstöße auf die Beantragung eines neuen Nachprüfungsverfahrens zu verweisen (Wiese, in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 160, Rn. 153).

g. Die Ausschlussfrist zur Feststellung der Unwirksamkeit nach § 135 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 GWB ist gewahrt. Die Antragstellerin hat mit der Antragserwiderung vom 19.04.2022 die Information über den Abschluss des Vertrags erhalten und am 03.05.2022, mithin innerhalb von 30 Kalendertagen im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht.

2. Soweit der Nachprüfungsantrag zulässig ist, ist er unbegründet.

Es liegt bereits kein Verstoß gegen § 134 GWB vor. Darüber hinaus ist auch keine Rechtsverletzung der Antragstellerin durch die Nichtbeachtung von § 7 Abs. 1 VgV gegeben.

a. Verstoß gegen § 134 Abs. 1 GWB

Die Antragsgegnerin hat nicht gegen die Informations- und Wartepflicht gemäß § 134 GWB verstoßen. Der persönliche Anwendungsbereich der Vorschrift ist nicht eröffnet. Ein Verstoß gegen § 134 GWB kann nach dem Wortlaut der Norm nur gegenüber Bietern, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen (Abs. 1 S. 1), und gegenüber Bewerbern (Abs. 1 S. 2) erfolgen. Die Antragstellerin hat kein Angebot abgegeben, sie ist damit kein Bieter im Sinne des § 134 Abs. 1 S. 1 GWB. Sie hat auch keine Bewerberstellung im Sinne des § 134 Abs. 1 S. 2 GWB inne. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 12 RL 2014/24/EU wird mit Bewerber ein Wirtschaftsteilnehmer bezeichnet, „der sich um eine Aufforderung zur Teilnahme an einem nichtoffenen Verfahren, einem Verhandlungsverfahren, einem wettbewerblichen Dialog oder einer Innovationspartnerschaft beworben hat oder eine solche Aufforderung erhalten hat“ (Dreher/Hoffmann, in: Beck VergabeR, 4. Aufl. 2022, GWB, § 134 Rn. 26). Vorliegend handelt es sich um ein offenes Verfahren, sodass ein solcher formeller Bewerberbegriff mangels entsprechender Vergabeverfahrensart nicht zur Anwendung gelangt. Eine Informationspflicht gegenüber Interessenten, die der Auftraggeber in objektiv vergaberechtswidriger Weise dazu veranlasst hat, keine Bewerbung oder kein Angebot abzugeben, kommt zumindest in direkter Anwendung des § 134 Abs. 1 GWB nicht in Frage.

Teilweise wird vertreten, dass auch für den Auftraggeber erkennbar am Auftrag interessierte Unternehmen informationsberechtigt sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.09.2012, VII-Verg 39/09 Verg, juris, Rn. 55, zu § 13 VgV in der bis zum 24.4.2009 geltenden Fassung; Braun, in: Ziekow/Völlink, 4. Aufl. 2020, GWB § 134, Rn. 26). Diese Auffassung wird unter Heranziehung der RL 89/665/EWG begründet (vgl. Braun, in: Ziekow/Völlink, 4. Aufl. 2020, GWB § 134, Rn. 26). In Art. 1 Abs. 3 S. 1 bestimmt die Richtlinie, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das Nachprüfungsverfahren zumindest jedem zur Verfügung steht, der ein Interesse an dem Auftrag hat und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist beziehungsweise zu entstehen droht. Nach dieser Auffassung drohe mit der Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 134 GWB auf Interessenten keine Gefahr einer Popularklage, da die Interessenten ein subjektives Interesse an dem Auftrag gezeigt haben müssen (ebd.).

Vorliegend hat die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB nicht rechtzeitig eingereicht. Vor diesem Hintergrund war für die Antragsgegnerin auch nicht mehr erkennbar, ob die Antragsgegnerin ein berücksichtigungsfähiges Interesse an dem Auftrag hatte. Nach Ablauf der Antragseinreichungsfrist von 15 Kalendertagen ab der Rügeantwort vom 15.02.2022 durfte die Antragsgegnerin vielmehr davon ausgehen, dass die Antragstellerin ihre Rechte aus § 97 Abs. 6 GWB nicht mehr weiterverfolgt. Die Frage, ob § 134 GWB über seinen Wortlaut hinaus auch auf Interessenten Anwendung findet, kann folglich dahinstehen.

b. Verstoß gegen § 7 Abs. 1 VgV

Die Antragsgegnerin hat nicht gegen § 7 Abs. 1 VgV verstoßen, denn die Beigeladene ist nicht als vorbefasstes Unternehmen im Sinne der Vorschrift zu qualifizieren. Die Beigeladene und das Unternehmen, das im Jahr 2021 den Rohbauauftrag erhalten hat, sind ein Unternehmen im Sinne der Vorschrift. Gemäß der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 GWB ist ein Unternehmen oder ein mit ihm in Verbindung stehendes Unternehmen, das den öffentlichen Auftraggeber beraten hat oder auf andere Art und Weise an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens beteiligt war, als vorbefasstes Unternehmen anzusehen. Der Unternehmensbegriff des GWB entspricht demjenigen des „Wirtschaftsteilnehmers” im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Nr. 10 RL 2014/24/EU (Mädler, in: MüKoEuWettbR, 4. Aufl. 2022, GWB § 103 Rn. 15). Ein Wirtschaftsteilnehmer im Sinne dieser Bestimmung ist „eine natürliche oder juristische Person oder öffentliche Einrichtung oder eine Gruppe solcher Personen und/oder Einrichtungen, einschließlich jedes vorübergehenden Zusammenschlusses von Unternehmen, die beziehungsweise der auf dem Markt die Ausführung von Bauleistungen, die Errichtung von Bauwerken, die Lieferung von Waren beziehungsweise die Erbringung von Dienstleistungen anbietet”. Die Beigeladene und das Unternehmen, das in dem Verfahren über die Rohbauarbeiten im Jahr 2021 den Zuschlag erhalten hat, sind die gleiche juristische Person. Folglich handelt es sich bei der Antragstellerin und der Rohbauerin um dasselbe Unternehmen im Sinne des § 7 Abs. 1 VgV. Dass es sich um unterschiedliche Standorte einer juristischen Person handelt ist unerheblich. Für eine Vorbefassung fehlt es jedoch an einer Unterstützungstätigkeit im Vorfeld des Vergabeverfahrens, die einen konkreten Bezug zu dem streitgegenständlichen Verfahren aufweist (vgl. OLG München Beschluss vom 25.7.2013, Verg 7/13, juris, Rn. 71; Müller, in: MüKoEu-WettbR, 4. Aufl. 2022, VgV § 7 Rn. 8). Die vor Beginn des Vergabeverfahrens ausgeübte Beratung oder sonstige Unterstützung des Auftraggebers muss sich gerade auf den Auftrag beziehen, um den sich der betreffende Bewerber beziehungsweise Bieter selbst bewerben möchte, indem der Auftraggeber bei der Vorbereitung der Vergabe dieses Auftrags unterstützt wurde oder – sofern dies nicht der Fall ist – jedenfalls Leistungen erbracht wurden, die zu dem zu vergebenden Auftrag einen untrennbaren Zusammenhang aufweisen (Röwekamp, in: Röwekamp/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV. 2. Aufl. 2022, § 7, Rn. 5). Letzteres wäre etwa dann der Fall, wenn Vorleistungen erbracht wurden, auf denen der zu vergebende Auftrag unmittelbar aufbaut, z.B. in Form einer Machbarkeitsstudie, eines Vorentwurfs, Gutachtens oder einer Aufgabenbeschreibung (VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.09.2019, 1 VK 39/19, nicht veröffentlicht; Röwekamp, in: Röwekamp/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV. 2. Aufl. 2022, § 7, Rn. 5). Die bloße Tatsache, dass ein Unternehmen als bisheriger Vertragspartner des Auftraggebers über einen Wissensvorsprung verfügt, ist hingegen kein Fall des § 7 Abs. 1 VgV (VK Bund, Beschluss vom 16.7.2013, VK 3-47/13, juris, Rn. 77; Völlink, in: Ziekow/Völlink, 4. Aufl. 2020, VgV § 7, Rn. 6; Röwekamp, in: Röwekamp/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV. 2. Aufl. 2022, § 7, Rn. 5).

Vorliegend führt die Beigeladene für die Antragsgegnerin die Rohbauarbeiten für dasselbe Gebäude, für das im streitgegenständlichen Vergabeverfahren die Baulogistik vergeben werden soll, aus. Die Antragsgegnerin hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung schlüssig dargelegt, dass es sich bei der Bauphase, in der die Baulogistik zum Einsatz kommen soll, um einen von dem Rohbau separierten Bauabschnitt handelt. Die Baulogistik soll nämlich in einer Phase erfolgen, in der der Rohbau weitgehend fertiggestellt ist und nunmehr mehrere Gewerke gleichzeitig auf der Baustelle tätig sind. Neben der Rohbauerin, die in ihre Abschlussphase treten wird, werden die technischen Gewerke, die Gewerke des Innenausbaus und die Gewerke der Fassade zum Einsatz kommen. Damit hat die Rohbautätigkeit der Beigeladenen nach Auffassung der Kammer keinen Bezug zu dem streitgegenständlichen Verfahren übe die Vergabe der Baulogistik.

Jedenfalls fehlt es aber an einem substantiierten Vortrag dazu, welcher Wissensvorsprung auszugleichen sei. Die Behauptung, die Beigeladene habe einen Informationsvorsprung hinsichtlich der Fassaden, wisse daher Näheres zu den Schließungen und Öffnung derselben und könne daher eine bestimmte Raumtemperatur – im Gegensatz zur Antragstellerin – kalkulieren, greift nicht durch. Gleiches gilt für die unsubstantiierte Behauptungen der Antragstellerin, die Beigeladene habe bei der Berechnung der Heizlast aufgrund ihrer Tätigkeit als Rohbauerin zwangsläufig einen Wissensvorsprung, und sie wisse Näheres zu den Stromabnehmern und könne daher – im Gegensatz zur Antragstellerin – die Stromleitungen kalkulieren. Die Beigeladene hat die Antragsgegnerin bei der Vorbereitung des Ausschreibungsverfahrens weder beraten noch sonst unterstützt, sondern ist in einer anderen Bauphase für eine andere Tätigkeit als die Baulogistik eingesetzt. Die „Vorbefasstheit“ der Beigeladenen erschöpft sich lediglich darin, dass diese eine aktuelle Vertragspartnerin der Auftraggeberin ist. Die Konzepte des Rohbaus sind mit dem Beginn des neuen Bauabschnitts, in dem die Baulogistik erfolgen soll, obsolet. Denn die Situation auf der Baustelle stellt sich ganz anders dar. Die Antragsgegnerin hat den Bietern im Rahmen des Vergabeverfahrens diverse Planunterlagen wie Grundrisse, Schnitte und Ansichten zur Verfügung gestellt. Mit Blick darauf, dass mehrere Gewerke auf der Baustelle tätig sind und diese mit Fortschreiten des Baus stetig wechseln, ergeben sich aus den Konzepten für den Rohbau keine Informationen, die für die Ausschreibung der Baulogistik von Bedeutung sind. Schließlich hat die Antragstellerin nicht dargelegt, dass die Beigeladene sämtliche Vertragsverhältnisse der Antragsgegnerin kennt und deren Gegenstände ihren Planungen zugrunde legen konnte.

c. Unzumutbarkeit der Kalkulation

Die Rüge der Unkalkulierbarkeit der Positionen 1.7.2 bis 1.7.4 (Winterbauheizung liefern, aufbauen und vorhalten; Winterbauheizung betreiben; Winterbauheizung räumen) ist bereits gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB unzulässig (s.o.).

Ginge man jedoch – anders als die Kammer – davon aus, dass die Nachricht vom 09.02.2022 keine Rüge konstituiert, sondern erst das Schreiben vom 16.02.2022 die Anforderungen an eine Rüge erfüllt, wäre diese zulässig. Die Rüge wäre von der Antragsgegnerin erst mit Schreiben vom 31.03.2022 erwidert worden, mithin wäre der Nachprüfungsantrag nicht gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB verfristet. Die Rüge wäre damit zwar zulässig, aber unbegründet.

Die Rüge, es sei unzumutbar, dass zunächst die in der funktional beschriebenen Position 1.7.1 (Winterbauheizung planen) geforderte Planungsleistung vollständig erbracht werden müsse, bevor die Position 1.7.2 (Winterbauheizung liefern, aufbauen und vorhalten) kalkuliert werden könne, greift nicht durch. Die Grenzen der Unzumutbarkeit von Ausschreibungsbedingungen ergeben sich aus den Umständen des Einzelfalls (Prieß/Friton, in: Röwkamp/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, 2. Aufl. 2022, § 31, Rn. 7). Sie sind überschritten, wenn die Verhältnismäßigkeit der Risikoverteilung zulasten des Bieters so einseitig verlagert wird, dass dies vom Unternehmen nicht mehr hingenommen werden muss (Trutzel, in: Ziekow/Völlink, 4. Aufl. 2020, VgV § 31, Rn. 11).

Die Position 1.7.1 der Leistungsbeschreibung (Winterbauheizung planen) hat die Planung der Winterbauheizung zum Gegenstand und ist funktional ausgestaltet. Die funktionale Leistungsbeschreibung (§ 121 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GWB, § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VgV) verzichtet auf eine detaillierte Beschreibung der Anforderungen; der Auftraggeber gibt das Beschaffungsziel und wesentliche Eigenschaften der Leistung vor, der Auftragnehmer erarbeitet danach die konkrete, detaillierte Aufgabenlösung (Trutzel, in: Ziekow/Völlink4. Aufl. 2020, VgV § 31, Rn. 14). Dem Auftraggeber geht es bei der Verwendung einer solchen darum, die technisch, gestalterisch, ökologisch oder wirtschaftlich beste Lösung dadurch zu finden, dass er den Bietern die konkrete Art und Weise der Lösung eines gestellten Problems zu ihrer kreativen Beurteilung überlässt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2018, VII-Verg 54/17, juris, Rn. 80). Zwar verlagert der Auftraggeber so das Planungsrisiko, inklusive Kalkulationsrisiko, zumindest teilweise auf den Auftragnehmer, allerdings kommt dem Auftragnehmer so auch ein planerischer Gestaltungsspielraum zu (Wagner-Cardenal, in: Dieckmann/Scharf/Wagner-Cardenal, 3. Aufl. 2022, VgV § 31 Rn. 58). Bei der funktionalen Leistungsbeschreibung handelt es sich um eine von Rechts wegen zugelassene Möglichkeit, auf den Auftragnehmer Planungs- und Kalkulationsrisiken zu verlagern (Hertwig, Praxis des Vergaberechts, 7. Aufl. 2021, Teil 2, Rn. 191). Der Auftraggeber darf jedoch nicht jegliche eigene Planungstätigkeit auf die Bieter übertragen (Stein/Wolf, in: BeckOK VergabeR, 24. Ed. 31.1.2021, GWB, § 121, Rn 60).

Die unter Position 1.7.1 beschriebenen Planungsleistung ist mit der vorangestellten ausführlichen Vorbemerkung zu lesen. Hierin gibt die Antragsgegnerin als Beschaffungsziel die Ermittlung der erforderlichen Heizleistung, die Errichtung, die Inbetriebnahme, den Betrieb und die Räumung der Winterbauheizung vor. Indem die Antragsgegnerin unter anderem fordert, dass eine Wärmeversorgung im Winter ständig gewährleistet sein muss, da es sonst zu Frostschäden an den im Beton liegenden Leitungen kommen kann, und dass jederzeit eine Mindesttemperatur von 15°C erreicht können werden muss, und nähere Angaben zu den Winterperioden macht, in denen das Gebäude beheizt werden muss, hat sie die Rahmenbedingungen bestimmt. Die genaue Umsetzung dieses Beschaffungsziels unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen überlässt sie den Bietern.

Soweit die Antragstellerin beanstandet, dass die Bepreisung der Position 1.7.2, die das Liefern, das Aufbauen und das Vorhalten zum Gegenstand hat, eine vollständige, jedenfalls aber eine teilweise Erbringung der in Position 1.7.1 aufgeführten Planungsleistung voraussetze, greift sie damit nicht durch. Die funktionale Ausgestaltung der Position 1.7.1 (Winterbauheizung planen) hat – anders als die Antragstellerin vorträgt – nicht zur Folge, dass die Planungsleistung in der Phase der Angebotserstellung erbracht werden muss. Vielmehr ist in der Ausgestaltung der (Planungs-)Position 1.7.1 und der damit zusammenhängenden (Ausführungs-)Position 1.7.2 eine Verlagerung des Planungs- und Kalkulationsrisikos auf den Bieter zu sehen. Der Bieter soll bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung nicht schon die Planungsleistung vorgreifen, sondern lediglich eine – durchaus mit Planungs- und Kalkulationsrisiko behaftete – Preiskalkulation vornehmen. Gründe, die im konkreten Fall für eine Unzumutbarkeit dieser Risikoverlagerung sprechen, sind nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat mit der Vorgabe der Rahmenbedingungen auch nicht jegliche eigene Planungstätigkeit auf die Bieter übertragen. Für die Verneinung der Unzumutbarkeit der Kalkulation spricht nicht zuletzt, dass die Positionen 1.7.1 und 1.7.2 zusammen lediglich einen Anteil von unter zwei Prozent des geschätzten Gesamtwerts des Auftragswerts ausmachen.

III.

Die Entscheidung über die Verfahrensgebühren beruht auf § 182 Abs. 1, 2 und 3 GWB. Bei der Verfahrenskostenfestsetzung nach § 182 Abs. 1 GWB i.V.m. §§ 3, 9 VwKostG wird ausgehend von dem Gebührenrahmen des § 182 Abs. 2 GWB unter Berücksichtigung des personellen und sachlichen Aufwands der Kammer sowie der wirtschaftlichen Bedeutung des Auftrags der Gebührentabelle des Bundes folgend eine Gebühr in Höhe von XXX Euro als angemessen festgesetzt. Die Antragstellerin hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 GWB die Kosten des Verfahrens zu tragen, da sie unterlegen ist.

Die Antragstellerin hat nach § 182 Abs. 4 S. 1 GWB die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin zu tragen, da sie unterlegen ist. Vorliegend entspricht es auch der Billigkeit, dass die Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen trägt, § 182 Abs. 4 S. 2GWB. Soweit sich ein Antragsteller bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zu einem Beigeladenen gestellt hat, entspricht es grundsätzlich der Billigkeit, einem Beigeladenen einen Kostenerstattungsanspruch für die notwendigen Verteidigungsmaßnahmen zuzuerkennen. Entscheidend ist hierbei, inwieweit sich ein Beigeladener aktiv in das Verfahren eingebracht und dieses gefördert hat. (Krohn, in: Beck VergabeR, 4. Aufl. 2022, GWB § 182 Rn. 33; VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.12.2019, 1 VK 63/19, nicht veröffentlicht). Vorliegend hat sich die Beigeladene aktiv in das Verfahren eingebracht und dieses gefördert, insbesondere ist sie durch die Antragstellung ein Kostenrisiko eingegangen. Im Übrigen gelten die Ausführungen zur Kostenentscheidung sinngemäß.

Gemäß § 182 Abs. 4 S. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG sind die Kosten eines Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung notwendig war. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten war für die Antragsgegnerin nicht für notwendig zu erklären. Die Frage, ob es für einen öffentlichen Auftraggeber notwendig war, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung nach den Umständen des Einzelfalles aufgrund einer ex-ante-Prognose zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2006, X ZB 14/06, juris, Rn. 61; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.7.2011, 15 Verg 5/11, juris, Rn. 14). Maßgeblich ist, ob ein verständiger Beteiligter unter Beachtung seiner Pflicht, die Kosten so gering als möglich zu halten, die Beauftragung eines Bevollmächtigten für notwendig erachten durfte. Zu fragen ist also, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falles auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, der im Hinblick der Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren von Bedeutung ist, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen. Hierfür können neben Gesichtspunkten wie die Einfachheit oder Komplexität des Sachverhalts, die Überschaubarkeit oder Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen, auch rein persönliche Umstände bestimmend sein, wie etwa die sachliche und personellen Ausstattung, also beispielsweise ob der öffentliche Auftraggeber über eine Rechtsabteilung verfügt oder über andere Beschäftigte, von denen erwartet werden kann, dass sie auch Fragen des Vergaberechts sachgerecht bearbeiten können (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10, nicht veröffentlicht). Konzentriert sich die Problematik eines Nachprüfungsverfahrens auf schlichte auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen einschließlich der dazugehörenden Vergaberegeln, spricht im Allgemeinen mehr dafür, dass der öffentliche Auftraggeber die erforderlichen Sach- und Rechtskenntnisse im Rahmen seines originären Aufgabenkreises selbst organisieren und aufbringen kann, es im Nachprüfungsverfahren eines anwaltlichen Beistandes also nicht bedarf. Zu berücksichtigen ist, dass der Auftraggeber sich in seinem originären Aufgabenbereich die für ein Nachprüfungsverfahren notwendigen Sach- und Rechtskenntnisse grundsätzlich selbst zu beschaffen hat, während er sich für nicht einfach gelagerte Rechtsfragen, die zu den auftragsbezogenen Rechtsfragen hinzukommen, insbesondere wenn sie Bezüge zu höherrangigem Recht und Europarecht aufweisen, ggf. externen Rechtsrat einholen darf (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.07.2011, 15 Verg 5/11, juris, Rn. 14; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.03.2015, 15 Verg 11/14; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.07.2013, Verg 40/12, juris, Rn. 4). Legt man diesen Maßstab an, war es nicht angebracht, dass die Antragsgegnerin einen Rechtsbeistand für das Vergabenachprüfungsverfahren hinzuzog. Angesichts der personellen und sachlichen Ausstattung der Antragsgegnerin konnte erwartet werden, dass diese unter Beachtung ihrer Pflicht, die Kosten so gering als möglich zu halten, selbst in der Lage gewesen wäre, den Sachverhalt zu erfassen und hieraus die für die sinnvolle Rechtswahrung erforderlichen Schlüsse ziehen. Bei den aufgeworfenen Rechtsfragen handelte es sich um solche durchschnittliche Komplexität. Die insoweit erforderlichen Kenntnisse hatte sich die Antragsgegnerin bereits für Vorbereitung des Vergabeverfahrens anzueignen. Es steht jedem öffentlichen Auftraggeber frei, zu entscheiden, ob er das Vergabeverfahren selbst durchführt oder externen Rechtsbeistand hinzuzieht.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Beigeladene war für notwendig zu erklären. Unternehmen auf Bieterseite dürfen sich regelmäßig eines Verfahrensbevollmächtigten für das Nachprüfungsverfahren bedienen (VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.06.2021, 1 VK 14/21, juris, Rn 80; Krohn, in: Beck VergabeR, 4. Aufl. 2022, GWB § 182 Rn. 49). So liegt der Fall hier. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist vorliegend nicht ersichtlich. Da sich auch die Antragstellerin durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten ließ, war vorliegend auch der Beigeladenen aus Gründen der Waffengleichheit die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten zuzugestehen und dessen Hinzuziehung für notwendig zu erklären (siehe auch VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.12.2019, 1 VK 63/19, nicht veröffentlicht).

Gem. § 182 Abs. 4 Satz 5 GWB findet ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren nicht statt.

IV.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung dieser Entscheidung beginnt, beim Oberlandesgericht Karlsruhe, Hoffstr. 10, 76133 Karlsruhe, einzulegen.

Sie ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird. Die Tatsachen und die Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt, sind anzugeben.

Die Beschwerde ist bei Gericht als elektronisches Dokument einzureichen. Dieses muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Dies gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind. Ist die Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

Der Beschwerdeführer hat die anderen am Verfahren Beteiligten durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten.

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.

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