2. Vergabekammer des Bundes, Az.: VK 2 – 4 / 23, Beschluss vom 21.02.2023

Feb 21, 2023 | Rechtsprechung

Vergabekammer Bund

Aktenzeichen: VK 2 – 4 / 23

Entscheidungsdatum: 21.02.2023

Normen: § 159 GWB

 

Leitsatz:

1. Ein Auftrag kann demjenigen zugerechnet werden, der letztlich die Mittel für die Bezahlung des Auftragnehmers aufbringt. Eine direkte Beteiligung als Vertragspartner ist hierfür nicht erforderlich. Im entschiedenen Fall ist dies derjenige, der die vereinbarten Leasingraten refinanziert.

2. Die Zuständigkeit einer Vergabekammer kann nicht dadurch begründet werden, dass ein öffentlicher Auftraggeber das Vergabeverfahren durchführt, dem der Auftrag materiell nicht zuzurechnen ist.

3. Die Vergabekammer kann den Nachprüfungsantrag gemäß § 83 VwGO in Verbindung mit § 17a GWB analog an die zuständige Vergabekammer verweisen.

Entscheidungstext:

In dem Nachprüfungsverfahren

pp.

wegen der Vergabe […], hat die 2. Vergabekammer des Bundes durch die Vorsitzende Direktorin beim Bundeskartellamt Dr. Herlemann, den hauptamtlichen Beisitzer Oberregierungsrat Dr. Schier und den ehrenamtlichen Beisitzer Demharter nach Lage der Akten am 21. Februar 2023 beschlossen:

1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird an die Vergabekammer Südbayern verwiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt einer Entscheidung der Vergabekammer Südbayern vorbehalten.

Gründe:

I.

1. Die Antragsgegnerin (Ag) machte den oben genannten Auftrag im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit vorangehendem Teilnahmewettbewerb im Supplement zum Amtsblatt der EU unionsweit bekannt. Der Auftrag umfasst die Entwicklung, Herstellung und Lieferung […]. In der Bekanntmachung war unter I.1) als Auftraggeber die Ag benannt. Unter II.2.4) Beschreibung der Beschaffung war u.a. ausgeführt:

„Die Finanzierung […] wird über ein Leasingmodell dargestellt, bei dem eine oder mehrere von einer Leasinggesellschaft noch zu gründende Leasingobjektgesellschaft(en) als Einzweckgesellschaften (‚Leasinggeber‘) in den […]vertrag eintritt und die vom Auftragnehmer gemäß des […]vertrages zu liefernde […] nach deren Abnahme der […] und etwaigen Nachfolgebetreibern zur Nutzung verleast.

Die Bekanntmachung bzw. die Vergabe über die Beschaffung steht unter dem Vorbehalt der Beauftragung der entsprechenden Verkehrsleistung durch den Aufgabenträger an die […] sowie der finalen Freigabe der entsprechenden Gremien der […] .“

In den Bewerbungsbedingungen wird unter 1.2 als Auftraggeber ebenfalls die Ag benannt.

Der zwischen Ag und dem Zuschlagsempfänger zu schließende Vertrag ist überschrieben mit „Vertrag über die Entwicklung, Herstellung und Lieferung von […] “. In der Vorbemerkung des Vertrages werden zunächst im Wesentlichen die obenstehenden Hinweise aus der Auftragsbekanntmachung wiederholt, sodann wird nach Einführung in das Leasingmodell vertiefend ausgeführt:

„Hierzu werden die Leasinggeber, die [Ag] (als ursprünglicher Auftraggeber) und der Auftragnehmer unmittelbar nach Abschluss dieses […]vertrages eine dreiseitige Vertragsübernahmevereinbarung abschließen, wonach die Leasinggeber in den […]vertrag anstelle der [Ag] in leasingtypischer Art und Weise eintreten werden und vorbehaltlich bestimmter Pflichten (bspw. Beistellungspflichten) sämtliche Rechte und Pflichten, insbesondere die Vergütungspflichten für die […] und den Anspruch auf Lieferung und Übereignung der […] mit schuldbefreiender Wirkung übernehmen. Zudem wird die [Ag] mit der operativen Abwicklung der […]beschaffung für die Leasinggeber beauftragt. Dabei wird auch geregelt, dass die Leasinggeber jeweils ihre Haftungsund Gewährleistungsansprüche aus dem […]vertrag in leasingtypischer Art und Weise an die [Ag] als Leasingnehmer abtreten, die auf diesem Weg Schäden aus der […]beschaffung wie in einer Eigenbeschaffung gegenüber dem Hersteller geltend machen kann. Weitere Einzelheiten hierzu ergeben sich aus § 55 dieses […]vertrages sowie der Anlage 55.2.“

In § 55 Abs. 2 des […]vertrages ist geregelt:

„Dem Auftragnehmer ist bekannt, dass die Finanzierung der […] über eine LeasingFinanzierung dargestellt wird. […] Der Auftragnehmer stimmt zu, dass die Leasinggeber in die Rechte und Pflichten dieses Vertrags jeweils wie in Anlage 55.2 beschrieben anstelle des Auftraggebers eintreten. Zu diesem Zweck verpflichtet sich der Auftragnehmer mit dem Auftraggeber und den Leasinggebern eine Vertragsübernahmevereinbarung im Wesentlichen nach dem als Anlage 55.2 beigefügten Muster abzuschließen.“

In § 3 Abs. 1 heißt es zu den Options[…]:

„Den Optionsberechtigten steht eine Option zu, vom Auftragnehmer die Herstellung und Lieferung von insgesamt bis zu 90 weiteren […] mit den gleichen Ausstattungsoptionen wie die […] der Festbestellung zu den Konditionen dieses Vertrages einschließlich etwaiger für sie geltender Nachträge zu verlangen. Optionsberechtigt unter diesem Vertrag sind der (i) der Aufgabenträger […], (ii) jeweils ein vom Aufgabenträger […] benannter Dritter (beispielsweise ein weiterer Leasinggeber, nicht jedoch ein anderes […] sowie (iii) nach entsprechender Zustimmung des Aufgabenträgers […], die [Ag]. […]“

Die Antragstellerin (ASt) beteiligte sich am Verhandlungsverfahren und gab auch ein finales Angebot ab. Nach Auswertung der finalen Angebote teilte die Ag mit Schreiben gem. § 134 GWB vom 13. Januar 2023 mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen (Bg) zu erteilen.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 18. Januar 2023 rügte die ASt die beabsichtigte Auftragsvergabe an die Bg unter mehreren Gesichtspunkten als vergaberechtswidrig. Mit Schriftsätzen vom 19. und 21. Januar 2023 konkretisierte die ASt ihre Rüge.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 20. Januar 2023 wies die Ag die Rügen zurück.

Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 23. Januar 2023 stellt die ASt Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Bundes, der Antrag wurde der Ag noch am 23. Januar 2023 übermittelt.

Mit Schreiben vom 1. Februar 2023 bat die Vergabekammer die Ag um nähere Erläuterung zu den Hintergründen und Abläufen im Rahmen der streitgegenständlichen Beschaffung der […]. Diese Informationen würden zur vertieften Prüfung benötigt, ob der vorliegende Auftrag dem Bund zuzurechnen sei. Die übrigen Beteiligten erhielten dieses Schreiben zur Kenntnis. Die Ag nahm hierzu im Rahmen der Antragserwiderung vom 6. Februar 2023 Stellung. Sie führte aus, dass die Ag aufgrund eines vorangegangenen Vergabeverfahrens vom für die […] zuständigen Aufgabenträger, der […], mit dem Betrieb der […] beauftragt worden sei. Der entsprechende Vertrag sehe auch die Ersetzung der aktuell eingesetzten […] durch […] vor und enthalte Vorgaben an die […] und deren Finanzierung. Der Erfüllung dieser Verpflichtung diene die hier streitgegenständliche Vergabe. Allein die Ag entscheide über den Zuschlag, der […] stünden nur Informations- und Mitwirkungsrechte zu. Die Leasinggesellschaften, die nach Zuschlag in den […]vertrag einträten, seien Tochtergesellschaften eines Finanzdienstleistungsunternehmens. Wirtschaftlich berechtigter Nutzer der […] bleibe jedoch während der Laufzeit des […] die Ag, die auch die Leasingraten schulde und die auftraggebertypischen Risiken verzögerter oder mangelhafter Lieferungen trage. Die Refinanzierung erfolge durch die Ausgleichszahlungen für die Erbringung der […]. Es sei zu keinem Zeitpunkt vorgesehen, dass die […] Eigentümer der […] werde oder dem Auftragnehmer gegenüber die Kostenlast übernehme. Bei einem Betreiberwechsel des […] vor Ende des Leasingzeitraumes würden die […] dem Nachfolgebetreiber über einen Vertragseintritt in den Leasingvertrag zur Verfügung gestellt.

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2023 teilten die Verfahrensbevollmächtigten der Ag mit, dass diese ein […] sei, auf den der Bund einen beherrschenden Einfluss ausübe. Auf die Mittelherkunft für die Finanzierung des Auftrags komme es nicht an. Wäre die Ag nicht als der wahre Auftraggeber anzusehen, käme nicht eine Verweisung, sondern nur die Zurückweisung des Antrages in Betracht, da der falsche Auftraggeber verklagt worden wäre.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 9. Februar 2023 wies die ASt auf die §§ 159 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. 100 Abs. 1 Nr. 2b GWB hin und darauf, dass sich die Ag selbst als […] ansehe. Auf die Finanzierung des konkreten Auftrages komme es nicht an. Diese erfolge auch nicht durch […] Stellen, welche auch kein Eigentum an den […] erlangten. Sollte die Vergabekammer sich als nicht zuständig ansehen, beantrage die ASt hilfsweise, das Nachprüfungsverfahren an die zuständige Vergabekammer zu verweisen.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 9. Februar 2023 führten die Verfahrensbevollmächtigten der Bg aus, dass die Zuständigkeit der Vergabekammer des Bundes aus § 159 Abs. 1 Nr. 3 GWB in Verbindung mit § 100 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) GWB folge, da der öffentliche Auftrag von einer […] vergeben werde. Ob ein Leasinggeber nach Vertragsschluss in den […]vertrag eintrete, sei unerheblich. Soweit jedoch der streitgegenständliche Auftrag nicht von der Ag, sondern von einem anderen öffentlichen Auftraggeber vergeben würde, wäre das Nachprüfungsverfahren wohl nicht zu verweisen, sondern der Nachprüfungsantrag, als gegen den falschen Auftraggeber gerichtet, als unzulässig zu verwerfen.

Mit schriftlichem Hinweis vom 10. Februar 2023 erläuterte die Vergabekammer den Verfahrensbeteiligten, dass beabsichtigt sei, den Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer […] zu verweisen, und räumte insoweit Stellungnahmemöglichkeit ein.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 13. Februar 2023 verwies die Ag darauf, dass die Zuständigkeit gem. § 159 GWB sich allein anhand der Person des Auftraggebers bemesse. Aufträge, die ein Unternehmen vergebe, das vom Bund beherrscht werde, würden bei den Vergabekammern des Bundes nachgeprüft. Eine funktionale Betrachtung bringe Rechtsunsicherheit. Auch sei die […], für die weitreichende prozessuale und materielle Konsequenzen drohten, zumindest anzuhören.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Februar 2023 führte die Bg aus, dass der streitgegenständliche Auftrag auch bei materieller Betrachtung der Ag zuzurechnen sei. Die Vertragsübernahme durch die Leasinggesellschaften erfolge nur teilweise, wesentliche Rechte und Pflichten seien von der Vertragsübernahme ausgenommen. Die Ag bleibe auch für die operative Abwicklung der […] verantwortlich und erhalte die Haftungs- und Gewährleistungsansprüche aus dem […]vertrag. Jedenfalls bestehe eine Zuständigkeit der Vergabekammer des Bundes nach § 159 Abs. 1 Nr. 6 GWB.

Die Verfahrensbevollmächtigten der ASt stellten mit Schriftsatz vom 15. Februar 2023 insbesondere darauf ab, dass für § 159 GWB ausschließlich entscheidend sei, ob der in der konkreten Ausschreibung handelnde Auftraggeber dem Bund zuzurechnen sei. Handelnder i.S.d. § 156 Abs. 1 GWB sei, wer die Entscheidungen im Vergabeverfahren treffe, was vorliegend ausschließlich die Ag sei. Auch bei funktionaler Betrachtung wäre der Auftrag der Ag zuzurechnen, die die […] beschaffe, um ihre eigenen Verpflichtungen gegenüber der […] zu erfüllen. Jedenfalls über eine Anwendung des § 159 Abs. 1 Nr. 6 GWB bleibe es bei der Zuständigkeit der Vergabekammer des Bundes.

2. ASt und Bg ist Akteneinsicht gewährt worden. Auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten, die Vergabeakte der Ag, soweit sie der Kammer vorlag, sowie die Verfahrensakte wird Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist gemäß § 83 VwGO i.V.m. § 17a GWB analog an die Vergabekammer […] zu verweisen, da der Auftrag der […] zuzurechnen ist.

Abzustellen ist im Ausgang auf § 156 Abs. 1 GWB, nach dem die Vergabekammer des Bundes für die Nachprüfung von Aufträgen zuständig ist, die der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnen sind. Nicht entscheidend bzw. ausreichend ist es, ob/dass die Ag grundsätzlich auch selbst dem Bund zuzurechnender öffentlicher (Sektoren-)Auftraggeber ist. Die Zuständigkeit der Vergabekammer des Bundes richtet sich nicht nach dem Auftraggeber, sondern danach, wem der Auftrag als solcher zuzurechnen ist. In der Regel besteht insoweit Deckungsgleichheit, d.h. ein dem Bund zuzurechnender Auftrag wird auch in einem Vergabeverfahren vergeben, das durch einen Bundesauftraggeber durchgeführt wird. Vorliegend haben die Verfahrensbeteiligten jedoch eine andere Konstruktion gewählt, indem ein […] zuzurechnender Auftrag in einem Vergabeverfahren vergeben werden soll, welches durch einen Bundesauftraggeber durchgeführt wird. Der streitgegenständliche Auftrag wäre der Bundesrepublik Deutschland nur dann zuzurechnen, wenn die Ag die […] für sich selbst bzw. für ihre eigenen Zwecke beschaffen würde. Zwar wird die Ag, die derzeit […] ist, die […] zunächst für den dortigen Betrieb nutzen. Sie wird indes nicht Eigentümerin der […], Eigentümerin wird vielmehr eine Leasinggesellschaft, von der die Ag die […] leasen wird. Wenn der Betrieb der […] nach Ablauf des Betreibervertrags mit der Ag nach Durchführung eines neuen, auf den Betrieb des […] gerichteten Vergabewettbewerbs auf ein anderes Unternehmen als Betreiber übergehen sollte, so soll nach dem Konzept der neue Betreiber die jetzt zu beschaffenden […] nutzen, indem er in den Leasingvertrag eintritt. Die Ag übernimmt die […] also nicht dauerhaft in ihren Bestand und könnte sie auch nicht für andere, eigene Zwecke – etwa an anderen Orten – in Einsatz bringen.

Das vorliegende Beschaffungsvorhaben dient vielmehr dauerhaft dem Betrieb der […]. Schon der Titel des […]vertrages – „Vertrag über die Entwicklung, Herstellung und Lieferung von […]“ – weist darauf hin. Aufgabenträger für den […]. Über das gewählte Konstrukt stellt die […] sicher, dass die hier zu beschaffenden […] dauerhaft für den […] zur Verfügung stehen, unabhängig davon, welches Unternehmen der aktuelle Betreiber ist. Damit stellt sich die Rolle der Ag bei funktionaler Betrachtung als Vergabestelle dar, was aber nicht dazu führt, dass der Auftrag der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnen ist. Diese Zusammenhänge belegt der Schriftsatz der Ag vom 6. Februar 2023:

„Der zwischen der […] und der [Ag] geschlossene […]vertrag sieht die Verpflichtung zur Ersetzung der aktuell eingesetzten […] vor und enthält in Anlage 16 Vorgaben an die […] und deren Finanzierung. […] Die Finanzierung der […]beschaffung erfolgt durch ein Leasingmodell. Es ist daher vorgesehen, dass nach Zuschlag die Leasinggeber in den […]vertrag eintreten und sodann dem […] zum Gebrauch überlassen. […] Bei einem Betreiberwechsel vor Ende des Leasingzeitraums würden die […] dem Nachfolgebetreiber über einen Vertragseintritt in den Leasingvertrag zur Verfügung gestellt.“

Weiter ist hier auch darauf abzustellen, dass die Finanzierung der […] letztlich durch Zahlungen der […] erfolgt. Zwar zahlt die Ag die Leasingraten an die Leasingunternehmen, die in die mit dem späteren Auftragnehmer geschlossenen Verträge eintreten und Eigentümer der […] werden sollen. In der Antragserwiderung wird jedoch klargestellt, dass die Refinanzierung der Leasingraten durch Ausgleichszahlungen für die Erbringung der […] erfolgt. Schon aus § 99 Nr. 4 GWB lässt sich der Gedanke ableiten, dass für die Frage der Auftraggebereigenschaft letztlich entscheidend ist, woher die zur Finanzierung des Auftrags benötigten Mittel stammen. Dieser Gedanke lässt sich nicht nur zur grundsätzlichen Begründung der Auftraggebereigenschaft anwenden, sondern auch im Rahmen der Prüfung, wer als Auftraggeber anzusehen ist. Dies bestätigt sich durch § 159 Abs. 1 Nr. 4 GWB, der für eine Zuständigkeit der Vergabekammer des Bundes verlangt, dass der Bund die Mittel überwiegend bewilligt hat. Vorliegend dient die Beschaffung also nicht nur dem Zweck der […], sicherzustellen, sondern wird auch letztlich aus deren Mitteln bezahlt. Der […] stehen im Rahmen der Beauftragung des […]lieferanten auch Informations- und Mitwirkungsrechte zu.

Die Ag ist auch nicht hinsichtlich einzelner Teile des Beschaffungsvorhabens als Auftraggeber anzusehen. Soweit die optional zu beschaffenden […] betroffen sind, machen schon die vorbehaltlosen Formulierungen in der Auftragsbekanntmachung unter II.2.4) wie auch die Vorbemerkung des […]vertrages unter A 1. deutlich, dass sämtliche […] gedacht sind und über ein Leasingmodell finanziert werden sollen, bei dem die Leasinggesellschaften in den […]vertrag eintreten. Dies ergibt sich aus dem entsprechenden Vortrag der Ag in der Antragserwiderung. Gem. § 55 Abs. 2 des […]vertrages verpflichtet sich der Auftragnehmer, mit der Ag und den Leasinggebern Vertragsübernahmevereinbarungen abzuschließen. Dass die optionalen […] ebenfalls den Interessen der […] zu dienen bestimmt sind, ergibt sich schließlich deutlich aus § 3 Abs. 1 des […]vertrages, der bestimmt, dass berechtigt zur Nutzung der Option auf bis zu weitere 90 […] in erster Linie die […] ist, weitere Dritte, z.B. Leasinggeber oder auch die Ag, hingegen nur mit Zustimmung der […].

Soweit die Bg auf den Verbleib von Haftungs- und Gewährleistungsansprüchen bei der Ag abhebt, um deren Auftraggeberstellung zu begründen, ist hervorzuheben, dass schon die Vorbemerkung des […]vertrages unter A 2. insoweit von einer „leasingtypischen Art und Weise“ spricht, die damit nicht geeignet ist, verbindliche Maßstäbe für die Frage der Auftraggeberstellung im vergaberechtlichen Kontext zu setzen.

Da der Auftrag nicht der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnen ist, kann auch § 159 GWB diese Zuständigkeit nicht originär begründen. § 159 GWB setzt, aufbauend auf § 156 Abs. 1 GWB, voraus, dass ein Auftraggeber handelt, dem der Auftrag auch materiell zuzurechnen ist. Für diesen Fall wird eine Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Vergabekammern der Länder und des Bundes vorgenommen. Die Zuständigkeit einer Vergabekammer kann aber nicht dadurch begründet werden, dass – wie hier – ein öffentlicher Auftraggeber das Vergabeverfahren durchführt, dem der Auftrag materiell nicht zuzurechnen ist. Es handelt sich dann nicht um ein Vergabeverfahren des Bundes bzw. eines dem Bund zuzurechnenden […] (vgl. § 159 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GWB), sondern um ein Vergabeverfahren eines Landes bzw. eines diesem zuzurechnenden Auftraggebers. Andernfalls, nämlich bei einer rein formalen Betrachtung, wer nach außen hin tätig wird, wäre auch eine Konstruktion, in der ein öffentlicher Auftraggeber lediglich unterstützend als Vergabestelle für einen anderen öffentlichen Auftraggeber tätig werden möchte, nicht möglich.

Eine Anhörung der […] unmittelbar durch die Vergabekammer des Bundes ist nicht geboten. Die Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens sind in § 162 GWB benannt. Verfahrensbeteiligt ist danach u.a. der Auftraggeber. Mit der internen Entscheidung der Vergabekammer, dass nicht die Ag, sondern die […] im vorliegenden Vergabeverfahren Auftraggeber ist, endet jedoch gleichzeitig die Zuständigkeit der Vergabekammer des Bundes und hat daher die Verweisung an die zuständige Vergabekammer zu erfolgen.

Die Verweisung des Nachprüfungsantrages ist auch sachgerecht, da sie, nicht zuletzt im Interesse der Beschleunigung des Nachprüfungsverfahrens, die Überführung der bisherigen Verfahrensergebnisse in das Verfahren vor der zuständigen Vergabekammer ermöglicht.

III.

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung der Vergabekammer Südbayern vorbehalten.

IV.

Die Verweisungsentscheidung ist eine Zwischenentscheidung. Gegen diese ist eine (isolierte) sofortige Beschwerde nach § 171 Abs. 1 S. 1 GWB nicht statthaft (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2005 – VII-Verg 104/04; OLG Dresden, Beschluss vom 26. Juni 2012 – Verg 0004/12).

Dr. Herlemann

Dr. Schier