Oberlandesgericht Düsseldorf, Az.: 23 U 45/20, Beschluss vom 22.02.2021 – Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung des Vertragsschlusses

Feb 22, 2021 | Rechtsprechung

Oberlandesgericht Düsseldorf
Datum: 22.02.2021
Entscheidungsart: Beschluss
Aktenzeichen: 23 U 45/20

Vorinstanz:
Landgericht Düsseldorf, 14c O 293/12

Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.10.2019 verkündete Urteil der 14c. Zivilkammer – Einzelrichters – des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des angefochtenen Urteils und dieses Beschlusses vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

G r ü n d e

Auf den Beschluss des Senats vom 28.09.2020 wird Bezug genommen. Die Ausführungen im Schriftsatz vom 23.11.2020 führen nicht zu einer für die Beklagte günstigeren Beurteilung.

1.

Der Senat hält daran fest, dass mangels Nichteinhaltung der zwischen den Parteien vereinbarten Schriftform ein Bauvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist, auch nicht am 21./24.07.2009.

a) Das Landgericht war nach Durchführung der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Parteien bei ihrem finalen Gespräch am 24.07.2009 vereinbart haben, die getroffenen Absprachen in einer Vertragsurkunde festzuhalten. Dies begegnet aus den bereits im Beschluss des Senats aufgeführten Gründen keinen Bedenken.

b) Auch wenn die Parteien am 21.07.2009 das Verhandlungsprotokoll (Anlage K 5) unterzeichnet haben, liegt darin nicht – wie die Beklagte meint – bereits der Abschluss des Bauvertrags. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat (§§ 314, 529 ZPO), wurden in den zwei Verhandlungsprotokollen vom 07.07.2009 und vom 21.07.2009 (lediglich) die Zwischenergebnisse der Verhandlungen festgehalten. Am 24.07.2009 fand eine dritte Verhandlungsrunde auf der Grundlage des von der Klägerin überarbeiteten Angebots vom selben Tag (Anlage K 6) statt. Das deckt sich auch mit dem Inhalt des Verhandlungsprotokolls vom 21.07.2009, in dem in Ziff. 10 u.a. noch ein klärungsbedürftiger Punkt (Antrag Prüfstatik) aufgeführt ist und sich ausweislich Ziff. 11 der Auftragnehmer – hier die Beklagte – an ihr Angebot in der verhandelten Form bis zu der in dem Protokoll genannten Frist gebunden hielt. Die Klägerin nahm das Angebot jedoch nicht an, sondern legte unter dem 24.07.2009 ein überarbeitetes Angebot vor. Damit lehnte sie zugleich das Angebot vom 21.07.2009 ab (§ 150 Abs. 2 BGB). Über das neue Angebot der Klägerin verhandelten die Parteien weiter am 24.07.2009, ohne dass in der Folge – wie vereinbart – die getroffenen Absprachen in einer Vertragsurkunde festgehalten wurden.

c) Das Landgericht hat auch die Beweislast nicht verkannt. Wer bei einer – wie hier zur Überzeugung des erkennenden Gerichts – bewiesenen Formabrede geltend macht, die Beurkundung solle nur deklaratorische Bedeutung haben, ist dafür grundsätzlich beweispflichtig (MüKoBGB/Busche, BGB, § 154 Rn. 17). Das gilt auch im Streitfall. Auch wenn die Klägerin bereits die Arbeiten aufgenommen hatte, weichen die Umstände von denen in den von der Beklagten zitierten Entscheidungen (BGH, Urteil vom 27.01.1997 II ZR 213/98, NJW-RR 1997, 669; BGH, Urteil vom 24.02.1983, I ZR 14/81, NJW 1983, 1727; OLG Jena, Urteil vom 09.01.2008, 2 U 413/07, BeckRS 2009, 28732, Rn. 59) ab. Die begonnene Durchführung eines Vertrages kann jedenfalls dann nicht als Anzeichen dafür gewertet, dass die Parteien sich trotz lückenhafter bzw. – wie hier – nicht der vereinbarten Form entsprechenden Vereinbarung sofort binden wollten, wenn diese Arbeiten wie hier im Lichte des gegenseitigen Vertrauens, welches die Parteien zur Überzeugung des Landgerichts aufgrund der Beweisaufnahme ineinander setzen, aufgenommen wurden und die Klägerin weiter eine schriftliche Fixierung des Generalunternehmervertrags einforderte (vgl. Ziffer. 1 des Protokolls vom 11.08.2009 = Anlage K 7, Erinnerung an die Übersendung des Vertragsentwurfs in der E-Mail vom 17.08.2009 = Anlage K 8 und im Schreiben vom 04.09.2009 = Anlage K 10). Die Berufung auf das fehlendes Formerfordernis ist vor diesem Hintergrund auch nicht treuwidrig (§ 242 BGB). Die von der Beklagten angeführten Umstände, etwa die Behinderungsanzeige oder die Abschlagszahlung, konnten von der Beklagten aus objektiver Empfängersicht unter den gegebenen Umständen nicht dahin verstanden werden, dass die Klägerin damit zugleich zum Ausdruck bringen wollte, von der vertraglich vereinbarten Schriftform Abstand zu nehmen.

2.

Auch im Übrigen wird auf die Ausführungen im Beschluss vom 28.09.2020 verwiesen, an denen der Senat ebenfalls festhält:

a) Im Falle einer Geschäftsführung aufgrund eines nichtigen oder unwirksamen Vertrages kann nach ständiger Rechtsprechung des BGH auf die §§ 677 ff BGB zurückgegriffen werden (vgl. Thole/BeckOGK, BGB, Stand: 01.12.2020, § 677 Rn. 125). Dahinter steht der Gedanke, dass die Anwendung der §§ 677 ff. BGB auf nichtige Geschäftsbesorgungsverträge und Aufträge eine angemessene Risikoverteilung erlaubt (vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2004, III ZR 172/03, juris Rn. 15).

b) Die Beklagte hat – auch nach Hinweis der Kammer im Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 08.01.2015 (GA Bl. 186 ff.) und in Ansehung der Stellungnahmen des Parteigutachters A., unter anderem vom 19.03.2015 (Anlage 8 um Schriftsatz vom 23.03.2015) – die Ortsüblichkeit und Angemessenheit der Preise nicht hinreichend bestritten. Der Parteigutachter zieht darin zum Vergleich das Angebot der Klägerin vom 12.06.2009 (Anlage K 1 zur Klageschrift) heran, welches nicht Gegenstand einer wirksamen Einigung zwischen den Parteien geworden ist. Auch in der Stellungnahme vom 12.08.2015 (Anlage 10) moniert der von der Beklagten beauftragte Sachverständige neben einer prüffähigen Darlegung der Mengen insbesondere die Nichtberücksichtigung der im Zuge der Vertragsverhandlungen gewährten Nachlässe. Zur Ortsüblichkeit verhalten sich auch die Stellungnahme vom 16.06.2016 (Anlage K 14) und vom 12.12.2016 (Anlage K 18) nicht näher; hier wird lediglich die fehlende Darlegung und die Heranziehung von aufgrund der Auftragsverhandlungen überholten Preisen gerügt bzw. angeführt, eine Stellungnahme der Beklagten zur Ortsüblichkeit der Preise könne unter den gegebenen Randbedingungen nicht erfolgen. Die vom Parteigutachter bzw. von der Beklagten gezogene Schlussfolgerung, die Klägerin weise über ihre Preispolitik selbst nach, dass die in der Schlussrechnung ausgewiesenen Preise weder angemessen noch üblich seien, trägt hier nicht, wie im Beschluss des Senats ausgeführt wird. Darauf wird, ebenso wie auf die weiteren Ausführungen zur Höhe des Anspruchs, Bezug genommen.

c) Der Zahlungsanspruch der Klägerin ist nicht durch Aufrechnung erloschen, § 398 BGB. Mangels wirksamer Vereinbarung zwischen den Parteien schuldete die Klägerin auch nicht, wie die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 23.11.2020 meint, eine Fertigstellung zu einer bestimmten Zeit.

d) Soweit sich die Beklagte in Bezug auf den Zinsanspruch auf § 14 Abs. 1 VOB/B beruft, blendet sie auch insoweit aus, dass es zu einem wirksamen Vertragsschluss nicht gekommen ist. Entsprechendes gilt für ihre Ausführungen in Bezug auf einen BGB-Bauvertrag, wobei § 650g Abs. 4 Nr. 2 BGB ohnehin erst für die ab dem 01.01.2018 geschlossene BGB-Bauverträge gilt. Durch die Rechnung vom 23.12.2010 (Anlage K 19) wurde die Beklagte auch in die Lage versetzt, sich mit der Berechtigung der Forderung auseinanderzusetzen. Soweit die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 08.08.2011 die Abrechnung als nicht prüffähig zurückgewiesen hat, weil es der Beklagten anhand dessen nicht möglich sei, die Forderungen gemessen an den vertraglichen Vereinbarungen zu überprüfen, geht dieser Einwand mangels Vertragsschlusses ins Leere.

3.

Schließlich verhelfen auch die Einwände der Beklagten zu § 648a BGB nicht zum Erfolg ihrer Berufung. Wie im Beschluss vom 28.09.2020 ausgeführt, wäre ein Vergütungsanspruch auch dann gegeben, wenn die Parteien – hier nur unterstellt – in der Besprechung am 24.07.2009 einen Bauvertrag geschlossen hätten. In diesem Fall – darauf bezieht sich Ziffer 2. des Beschlusses, nicht auf eine Anwendung des § 648a BGB auf einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag – wäre ein Vergütungsanspruch aus § 648a Abs. 5 S. 3 BGB in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung begründet und die Klägerin könnte danach die Zahlung von jedenfalls pauschal 5 % der Auftragssumme beanspruchen, mithin jedenfalls 162.500,00 €, bei einer Differenzierung der Vergütung für nicht erbrachte bzw. für erbrachte Leistungen, die die Klägerin hier mit 211.525,77 € bewertet, entsprechend mehr.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO.

Berufungsstreitwert: 85.115,67 €

Vorstehendem Beschluss ist am 28.09.2020 folgender Hinweisbeschluss vorausgegangen:

Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass eine Zurückweisung ihrer Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO in Betracht kommt.

Sie erhält Gelegenheit, zu diesem Hinweis bis zum

23.10.2020

Stellung zu nehmen.

G r ü n d e :

I.

Die Klägerin macht Aufwendungsersatz wegen von ihr durchgeführter Bauarbeiten geltend. Sie habe trotz noch laufender Verhandlungen über den Abschluss eines Generalunternehmervertrages im Vertrauen auf das Zustandekommen dieses Vertrages Bauleistungen erbracht. Da der Generalunternehmervertrag nicht zustande gekommen sei, könne sie die erbrachten Leistungen nach ortsüblichen und angemessenen Preisen abrechnen.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung in Höhe von 85.115,67 EUR nebst Zinsen verurteilt. Das Landgericht hat auf Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahmen festgestellt, dass der Abschluss eines schriftlichen Generalunternehmervertrages beabsichtigt gewesen sei. Ein Vertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten sei daher nicht zustandegekommen. Die Klägerin sei nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag berechtigt, Aufwendungsersatz in Höhe der ortsüblichen und angemessenen Vergütung – wenn auch der Höhe nach beschränkt auf die vertragliche Vergütung – zu beanspruchen. Danach stehe der Klägerin ein Anspruch in Höhe von 85.115,67 EUR zu. Die von der Beklagten hilfweise zur Aufrechnung gestellten Forderungen in Höhe von 73.696,66 EUR, 24.649,66 EUR, 363.828,30 EUR und 54.000,00 EUR seien nicht begründet.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass kein Vertrag geschlossen worden sei. Jedenfalls sei der Anspruch der Klägerin wegen der zur Aufrechnung gestellten Forderungen in Höhe von 73.696,66 EUR und 24.649,66 EUR erloschen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 25.10.2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

1.Die Angriffe der Berufung gegen die Begründung des Landgerichts überzeugen nicht.

a)Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass ein Vertrag am 24.07.2009 noch nicht geschlossen worden ist, weil die Parteien vereinbart haben, (auch) die getroffenen Absprachen in einer Vertragsurkunde festzuhalten.

Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Auf die zutreffenden Ausführungen in der Berufungserwiderung, denen sich der Senat anschließt, wird Bezug genommen. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass es nicht erforderlich ist, in der Urteilsbegründung auf jeglichen Vortrag der Parteien einzugehen. Es ist daher ein Fehlschluss, wenn die Beklagte die Ansicht vertritt, das Landgericht müsse bei der Beweiswürdigung von ihr als erheblich erachtete Umstände übergangen haben, weil sich hierzu keine Ausführungen in den Gründen des Urteils fänden.

Auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts ist der rechtliche Schluss des Landgerichts, dass der Vertragsschluss von der Unterzeichnung des Generalunternehmervertrages abhängen sollte, nicht zu beanstanden.

Das folgt bereits daraus, dass ein Generalunternehmervertrag typischerweise umfangreiche Regelungen, auch und gerade zu den Pflichten des Auftragnehmers enthält. Angesichts dessen ist die Annahme der Berufung, der Vertrag hätte auch allein nach den Regelungen des Verhandlungsprotokolls abgewickelt werden können und sollen, recht fernliegend. Der Aufnahme der Arbeiten kommt dabei kein entscheidendes Gewicht zu, weil die Parteien von dem zeitnahen Abschluss des Generalunternehmervertrages ausgegangen sind.

Warum das Landgericht die Beweislast verkannt haben könnte, erschließt sich nicht. Das Landgericht hat auf der Grundlage eines von ihm festgestellten Sachverhalts entschieden.

Die Berufung vermischt die Tatbestände des § 154 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Auch wenn alle Punkte geregelt sind – das war hier indessen nicht der Fall war – kann die Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung des Vertragsschlusses vereinbart werden.

Der Verweis auf das Urteil des BGH vom 27.01.1997 – II ZR 213/95 (NJW-RR 1997, 547) überzeugt nicht, weil der Vertrag nicht vollständig durchgeführt worden ist und die Klägerin fortlaufend die Vorlage des Generalunternehmervertrages angefordert hat.

b)Die Folgerung des Landgerichts, dass kein „Auftragsverhältnis“ wegen der erbrachten Leistungen bestanden habe und daher Raum für einen Aufwendungsersatzanspruch ist, ist zutreffend. Die Beklagte (und ihr rechtlicher Parteigutachter) blenden aus, dass eine Bewertung der erbrachten Leistungen auf der Grundlage von Vertragspreisen nicht möglich ist, wenn kein Vertrag geschlossen wird. Die Parteien haben den Fall, dass kein Generalunternehmervertrag abgeschlossen würde, nicht bedacht. Danach ist kein Raum für die Annahme, sie hätten für diesen Fall die Abrechnung nach Vertragspreisen vereinbart. Hieran hätte die Klägerin auch kein Interesse haben können, wäre sie doch für möglicherweise geringfügige Leistungen dazu gezwungen worden, eine aufwendige Abrechnung über den Pauschalpreis zu erstellen.

Das Stellen einer Abschlagsrechnung steht der Würdigung des Landgerichts nicht entgegen. Abschlagsrechnungen erfolgen nur vorläufig.

c)Das Landgericht hat den Werklohnanspruch zu Recht nach der ortsüblichen und angemessenen Vergütung bemessen. Der Rechtsansicht der Beklagten, es sei ein Abschlag wegen nicht bestehender Gewährleistungansprüche vorzunehmen, folgt der Senat nicht. Die Arbeiten sind 2009 ausgeführt worden. Es ist nicht ersichtlich, welcher Nachteil der Beklagten droht.

Nicht zu folgen vermag der Senat indessen der Ansicht des Landgerichts, der Aufwendungsersatzanspruch sei durch die vertraglich vereinbarte Vergütung beschränkt.

Dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag auf die (hypothetische) vertragliche Vergütung begrenzt ist, wird für geänderte und zusätzliche Leistungen erwogen, die nach Abschluss eines Bauvertrages zusätzlich zu den vereinbarten Leistungen hinzutreten (BGH, Urt. v. 11.06.1992 – VII ZR 110/91, BauR 1992, 761). Denn wenn vertragliche Preisbemessungsmaßstäbe vereinbart sind, kann es zu Widersprüchen kommen, wenn für auftragslose Leistungen auf die ortsübliche und angemessene Vergütung zurückgegriffen wird (Kapellmann/Schiffers, Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, Band 1, 7. Auflage, Rn. 1181). Anders liegt der Fall, wenn – wie vorliegend – ein Vertragsverhältnis nicht begründet worden ist. Dann besteht kein Grund, den Aufwendungsersatzanspruch zu beschränken, zumal es ohne Vertragsschluss keine Vertragspreise gibt. Ferner wird die Beschränkung des Aufwendungsersatzanspruchs für den Fall erwogen, dass ein von den Parteien abgeschlossener Vertrag nichtig ist (BGH, Urt. v. 30.09.1993 – VII ZR 178/91, NJW 1993, 3196). So liegt der Fall hier nicht, da ein Vertrag nicht geschlossen worden ist.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es sich in beiden Fällen um eine Begrenzung des Aufwendungsersatzanspruchs handelt. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vereinbarte Vergütung die ortsübliche und angemessene Vergütung unterschreitet, trägt daher die Beklagte. Die Beklagte hat indessen die Darlegung der Klägerin lediglich bestritten.

Die Berufungsangriffe gegen die Berechnung des Landgerichts gehen danach ins Leere. Auf die Stellungnahmen des Parteigutachters A., die sich mit der Abrechnung des (vermeintlichen) Pauschalvertrages befassen, kommt es nicht an.

d)Nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht von den von der Klägerin behaupteten Leistungen ausgegangen ist. Die von der Klägerin selbst erbrachten Leistungen waren Gegenstand eines gemeinsamen Aufmaßes, dem die Beklagte nicht entgegen getreten ist. Über die von der Nachunternehmerin erbrachten Leistungen ist Beweis erhoben worden. Konkrete Zweifel an der Beweiswürdigung zeigt die Beklagten nicht auf. Die erbrachten Leistungen müssen der Beklagten zudem bekannt sein, weil sie die Bauleistung hat fertig stellen lassen.

e)Die Annahme des Landgerichts, dass die Beklagte die Ortsüblichkeit und Angemessenheit der Preise nicht hinreichend bestritten hat, ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte betätigt sich im Baugewerbe und ist sachverständig beraten. Sie müsste sich daher konkret dazu äußern, welche der abgerechneten Positionen angeblich „überteuert“ sind und wie hoch der ortsübliche und angemessene Preis tatsächlich wäre.

2.Die Klageforderung ist begründet, auch wenn die Parteien in der Besprechung am 24.07.2009 einen Generalunternehmervertrag geschlossen haben sollten.

In diesem Fall steht der Klägerin in der vom Landgericht ausgeurteilten Höhe ein Vergütungsanspruch gemäß § 648a Abs. 5 S. 3 BGB in der vom 01.01.2009 bis 31.12.2017 geltenden Fassung zu.

Gemäß § 648a BGB kann der Unternehmer Sicherheit für die Vergütung verlangen. Hat er erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung der Sicherheit bestimmt, kann er den Vertrag kündigen. So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 05.11.2009 unter Fristsetzung Sicherheit gefordert (Anlagen K 13 und K 14) und nach Fristablauf mit Schreiben vom 09.12.2009 (Anlagen K 15 und K 16) die Kündigung erklärt.

Unrichtig ist die Ansicht der Beklagten, das Sicherungsverlangen sei bedingt durch das Zustandekommens des Generalunternehmervertrages gewesen. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben lediglich dahingestellt sein lassen, ob ein Vertrag zustandegekommen ist und haben (vorsorglich) die Sicherheit gefordert. Darin liegt ein unbedingtes Sicherungsverlangen, wenn es auch möglicherweise ins Leere ging, weil kein Vertrag zustandegekommen war. Letzteres war indessen nach der Ansicht der Beklagten nicht der Fall. Sie hätte die Sicherheit daher leisten müssen.

Die Rechtsansicht der Beklagten, sie habe die Aufforderung zur Sicherheitsleistung wegen „Rechtsmissbrauchs“ zurückweisen dürfen, weil die Klägerin angesichts des Streits über die Erteilung des Auftrags nicht „leistungsbereit“ gewesen sei, ist nicht richtig. Mit der Neufassung des § 648a BGB wollte der Gesetzgeber dem Unternehmer die Möglichkeit eröffnen, möglichst schnell und effektiv vom Besteller eine Sicherheit für die vereinbarte und nicht gezahlte Vergütung zu erlangen. Der Unternehmer kann den Anspruch nach § 648a Abs. 1 BGB nach Vertragsschluss jederzeit geltend machen, unabhängig davon, ob sich die Parteien in einer streitigen Auseinandersetzung befinden. Nach dieser gesetzgeberischen Wertung stellt es keine unzulässige Rechtsausübung und auch keinen Verstoß gegen das bauvertragliche Kooperationsgebot dar, wenn dem Sicherungsverlangen des Unternehmers auch andere Motive als die bloße Erlangung einer Sicherheit zugrunde liegen (BGH, Urt. v. 23.11.2017 – VII ZR 34/15, Rn. 28, BauR 2018, 526).

Infolge der Kündigung ist die Klägerin berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; sie muss sich jedoch die ersparten Aufwendungen oder anderweitigen Erwerb anrechnen lassen (§ 648a Abs. 5 S. 2 BGB). Auf diese Bestimmung kann die Klägerin ihren Vergütungsanspruch unmittelbar nicht stützen. Eine Abrechnung der ersparten Aufwendungen hat sie nicht vorgelegt.

Allerdings steht der Klägerin ein Vergütungsanspruch gemäß § 648a Abs. 5 S. 3 BGB zu. Nach dieser Bestimmung wird vermutet, dass dem Unternehmer 5 % der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen. Damit setzt die Bestimmung zwar ihrem Wortlaut nach eine Abgrenzung der erbrachten von den nicht erbrachten Leistungen voraus; diese ist aber nicht erforderlich, wenn der Unternehmer keine Leistungen erbracht hat. Denn in diesem Fall entfällt die volle Vergütung auf den nicht erbrachten Teil der Werkleistung.

Dem Unternehmer steht es nach einer Kündigung frei, so abzurechnen, als hätte er keine Leistungen erbracht, wenn die tatsächlich ausgeführten Leistungen die geschuldeten Leistungen nicht überwiegen (OLG Celle, Urt. v. 13.05.2020 – 14 U 71/19, Rn. 74, zitiert nach juris). Entsprechend ist es dem Unternehmer möglich, die Vermutung gemäß § 648a Abs. 5 S. 3 BGB für sich in Anspruch zu nehmen, auch wenn er bereits Leistungen erbracht hat. Er kann darauf verzichten, Vergütung für die erbrachten Leistungen geltend zu machen und sich stattdessen mit 5 % der vereinbarten Vergütung begnügen. Dafür spricht die Entstehungsgeschichte. Durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen ist § 648a BGB dahin ergänzt worden, dass dem Unternehmer im Falle der Kündigung ein pauschaler Schadensersatz in Höhe von 5 % der Auftragssumme zustand (BT-Drs. 14/1246, Seite 10). Einer Differenzierung von erbrachten und nicht erbrachten Leistungen bedurfte es danach nicht. Zudem regelt § 648a Abs. 5 S. 3 BGB in der Sache eine Vermutung dahin, dass der Unternehmer bei Abwicklung des Bauvertrages einen Gewinn von 5,26 % erzielt (vgl. KG, Urt. v. 10.07.2018 – 21 U 30/17, juris-Rn. 80, BauR 2018, 1738). Für diese Vermutung kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer einen Teil seiner Leistungen erbracht hat oder nicht. Hier hätte der Klägerin eine Pauschalvergütung in Höhe von 3,25 Mio. EUR netto zugestanden. 5 % von dieser Summe sind 162.500,00 EUR.

Vor diesem Hintergrund erscheint es als nicht nachvollziehbar, dass der Klägerin weniger als der von dem Landgericht zugesprochene Betrag in Höhe von 85.115,67 EUR (251.715,67 EUR brutto ./. Abschlagszahlung 166.600,00 EUR brutto) zustehen könnte. Denn auch wenn der Einwand der Beklagten zutreffen sollte, dass die Bewertung der erbrachten Leistungen mit 211.525,77 EUR zu hoch ist, so wäre doch immer noch die Vergütung für die nicht erbrachten Leistungen nach der Vermutungsregelung zu berücksichtigen, die um so höher ausfällt, je niedriger der auf die erbrachte Leistung entfallende Anteil des pauschalierten Werklohns ist.

3.Da die Kündigung der Klägerin berechtigt war, ist die Entscheidung des Landgerichts zu den zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen zutreffend. Die Beklagte hat ihre Gegenforderungen damit begründet, dass die Kündigung der Klägerin unberechtigt gewesen sei.

4.Die Entscheidung zu den Zinsen ist nicht zu beanstanden. Die Prüfbarkeit ist keine Voraussetzung der Fälligkeit, da die VOB/B nicht vereinbart worden ist. Für den Anspruch gemäß § 648a Abs. 5 S. 3 BGB bedurfte es ohnehin keiner aufwendigen Berechnung. Jedenfalls geschuldet sind Rechtshängigkeitszinsen gemäß § 291 ZPO.

Auch die übrigen Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben.