2. Vergabekammer des Bundes, Az.: VK2-78/23, Beschluss vom 19.10.2023 – Durchführung eines nichtoffenen Vergabeverfahrens zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung, Angebotsausschluss bei bezüglich der Nachunternehmerleistungen unvollständig ausgefülltem Formblatt 223 zur Preisaufschlüsselung; keine Nachforderungsmöglichkeit bei Erklärungen, die erst auf gesondertes Verlangen des Auftraggebers nach Angebotsabgabe einzureichen sind; Vervollständigung einer Erklärung geht über reine Aufklärung hinaus; kein Vertrauensschutz infolge angeblicher anderer Verwaltungspraxis in der Vergangenheit

Okt 19, 2023 | Nachrichten, Rechtsprechung

2. Vergabekammer des Bundes 
VK 2 – 78/23 
Beschluss 
 
In dem Nachprüfungsverfahren der  
 
[…]   
 
 
– Antragstellerin – 
 
Verfahrensbevollmächtigten: 
[…] 
 
gegen  
 
[…]  
 
Verfahrensbevollmächtigten:  
[…]  
– Antragsgegnerin – 
 
   
[…]  
   
   
   
– Beigeladene – 
 
wegen der Vergabe […], hat die 2. Vergabekammer des Bundes durch […] auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2023 am 19. Oktober 2023 beschlossen: 
1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.  
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens (Gebühren und Auslagen). 
3. Die Antragstellerin hat die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin zu tragen.  
4. Die Hinzuziehung anwaltlicher Bevollmächtigter durch die Antragsgegnerin war notwendig.   
 
Gründe: 
 
I. 
1. Die Antragsgegnerin (Ag) veröffentliche am […] die im Rubrum genannte unionsweite Auftragsbekanntmachung für die Durchführung eines nichtoffenen Vergabeverfahrens zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung zur Beschaffung von Leistungen […] Einziges Zuschlagskriterium ist der Preis.  
 
In der Aufforderung zu Angebotsabgabe (Ziff. D) war die Vorgabe enthalten, dass die Aufgliederung der Einheitspreise entsprechend Formblatt 223 auf Verlangen der Vergabestelle ausgefüllt vorzulegen ist. Das elektronische Formular für das FB 223 enthielt im pdf-Format 81 Seiten und u.a. eine Fußnote 2, die für die u.a. zu befüllenden Spalten Zeitansatz, Lohn, Material, Geräte und sonstige Kosten Folgendes vorgab: „Ist bei allen Teilleistungen anzugeben, unabhängig davon ob sie der Auftragnehmer oder ein Nachunternehmer erbringen wird.“ 
 
Die Ag stellte bei der Prüfung des preisgünstigsten Angebotes der ASt eine erhebliche Abweichung des Angebotspreises von der Schätzung des Angebotspreises in Höhe von […] bzw. von weiteren eingegangenen Angebote von […] bzw. […] fest. Im Hinblick auf die von der Ag zugrunde gelegten internen Richtlinien nach Ziff. 5.3 zu 321 VHB (Vergabehandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes) stellte sie Zweifel an der Angemessenheit der Preise fest und entschied, gemäß den Vorgaben dieser internen Richtlinien, von der ASt das Formblatt 223 zur Aufgliederung der Einheitspreise anzufordern. 
 
Mit Schreiben vom 11. Juli 2023 teilte die Ag der Antragstellerin (ASt) daher mit, ihr Angebot komme für den Zuschlag in Betracht und bat die ASt, für ihr Unternehmen und ggf. für von ihr eingesetzte Nachunternehmer oder für Mitglieder einer Bieter-/Arbeitsgemeinschaft spätestens bis einschließlich zum 17. Juli 2023 folgende Unterlagen vorzulegen: – FB 223 – Aufgliederung der Einheitspreise entsprechend FB 223 – FB 236 – Verpflichtungserklärung anderer Unternehmen (EU). 
Die Ag wies in dem Schreiben an die ASt darauf hin, dass das Angebot ausgeschlossen werde, wenn die angeforderten Unterlagen „nicht vollständig innerhalb der Frist vorgelegt“ würden; es erfolge keine weitere Nachforderung. 
  
Die ASt übermittelte die vorgenannten Unterlagen der Ag fristgemäß. Für das FB 223 verwendete die ASt ein von den Formatvorgaben der von der Ag mit den Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellten pdf-Formulars zu einzelnen Passagen abweichendes Formular mit insgesamt 25 Seiten, datierend vom 17. Juli 2023; u.a. enthielt das FB 223 der ASt eine Spalte „Stoffe“ (statt wie von der Ag in ihrem Formular an dieser Stelle vorgegeben „Material“). Die ASt machte in diesem Formular im Einzelnen Angaben zu den Ordnungsziffern des Leistungsverzeichnisses. Überwiegend, so auf den Seiten 1 bis 20 zu den Ordnungsziffern 01.01.0010 bis 04.01.0070, füllte die 
ASt nur die Spalten „Stoffe“ und „Angebotener Einheitspreis“ aus. Der angebotene Einheitspreis entsprach dort jeweils den Stoffkosten. Entsprechend ausgefüllt waren u.a. die Zeilen zu den LVPositionen der Kapitel 2.1 (Anschlussarbeiten), 2.4 (Demontage und Entsorgung), 2.6 (Arbeiten an Bestandsanlagen) sowie 3.5 und 3.6, die u.a. Installations- und Nachrüstarbeiten enthielten. 
 
Das Ergebnis der Prüfung des von der ASt eingereichten ausgefüllten FB 223 dokumentierte die Ag in ihrem Vergabevermerk (Stand: 28. August 2023) bzw. dem Vermerk Arbeitshilfe Angebotsprüfung Teil 2, dort Ziff. 2.2 und 2.3 (Stand: 21. August 2023). Die Ag stellte nach Prüfung des von der ASt eingereichten ausgefüllten FB 223 fest, dass die ASt darin keine Angaben zum Zeitansatz sowie zu Lohn-, Material-, Geräte- und sonstigen Kosten für die Nachunternehmerleistungen getätigt habe, weshalb eine Prüfung der Einheitspreise nur für die Arbeiten der ASt selbst, nicht aber für die von ihr beabsichtigten Nachunternehmer möglich sei. Die im FB 223 der ASt gemachten Angaben genügten daher nicht den auftraggeberseitig angeforderten Informationen. Nach interner Befragung des Justitiariats der Ag hielt die Vergabestelle der Ag fest, das von der ASt eingereichte ausgefüllte FB 223 sei unvollständig und daher so zu behandeln, als sei es nicht vorgelegt worden. Bei dem FB 223 handele es sich um eine erst auf Verlangen der Ag vorzulegende Erklärung, woraus letztlich folge, dass das Angebot der ASt wegen Nichtvorlage nach § 16 EU Nr. 4 VOB/A und wegen einer verweigerten Auskunft nach § 15 EU Abs. 2 VOB/A auszuschließen sei. 
 
Mit Schreiben vom 14. August 2023 übermittelte die Ag auch der Bg eine Aufforderung zur Vorlage der Formblätter FB 223 und FB 236 bis zum 21. August 2023. Die Bg übermittelte diese Unterlagen der Ag fristgemäß und vollständig ausgefüllt auch in Bezug auf die Nachunternehmerleistungen. Die Ag hielt hierzu im Vergabevermerk fest, auch der Angebotspreis der Bg weiche von der Schätzung der Ag um […] ab, weshalb Zweifel an der Angemessenheit des Preises bestünden und gemäß Ziff. 5.3 der Richtlinien zu 321 VHB die Aufgliederung der Einheitspreise gemäß FB 223 auch von der Bg anzufordern gewesen sei. Die Prüfung des von der Bg fristgemäß eingereichten ausgefüllten FB 223 hätten keine Auffälligkeiten ergeben. die auf eine unangemessen niedrige Kalkulation hindeuteten. Weiterhin sei festzustellen, dass die Angebote der drei verbliebenen Bieter nicht mehr als +/- 10% von der mittleren Angebotssumme abwichen, so dass auch dieser Umstand den Rückschluss auf eine ordnungsgemäße Gesamtkalkulation zulasse. Die Bg und die von ihr eingesetzten Nachunternehmer seien zudem geeignet. Im Ergebnis werde empfohlen, der Bg den Zuschlag zu erteilen. 
 
Mit Schreiben vom 4. September 2023 informierte die Ag die ASt über den an den Bieter […] beabsichtigten Zuschlag. Die Ag teilte ferner mit, das Angebot der ASt werde von der Wertung ausgeschlossen, weil „die nachgeforderte Aufgliederung der Einheitspreise im Formblatt 223 unvollständig ausgefüllt eingereicht wurde und es somit nicht die auftraggeberseitig geforderten Informationen enthielt, die zur Preisprüfung notwendig gewesen wären.“ 
 
Mit Schreiben vom 6. September 2023 rügte die ASt gegenüber der Ag den Ausschluss ihres Angebotes „aus folgenden Gründen: Die mit Nachricht vom 11.07.2023 nachgeforderten Unterlagen wurden von […] am 14.07.2023 fristgerecht und vollständig nachgereicht. Darüber hinaus enthielt die Aufforderung vom 11.07.2023 keinen Hinweis, dass weitere Unterlagen/Informationen für eine Preisprüfung benötigt werden. (…)“ 
 
Die Ag half der Rüge der ASt nicht ab und wies sie mit Schreiben vom 13. September 2023 zurück. Die Ag führte darin aus, es sei bei der Prüfung des Angebots der ASt festgestellt worden, dass es erheblich von der Kostenschätzung der Ag und den Preisen anderer Angebote abweiche und daher möglicherweise ein Angebot mit unangemessen niedrigem Preis sei. Da auf ein solches Angebot nach § 16d EU Abs. 1 Nr. 1 S. 1 VOB/A kein Zuschlag erteilt werden dürfe, sei im Hinblick auf die bei der Ag aufgekommenen Zweifel das ausgefüllter Formblatt 223 anzufordern gewesen. Die Ag sei aufgrund ihrer internen Richtlinien dazu angehalten gewesen. Dies sei vorgeschrieben bei Abweichungen des Angebotspreises in Höhe von zehn Prozent und mehr im Vergleich zur Preisermittlung des Auftraggebers. In einem solchen Fall sei von Zweifeln an der Angemessenheit niedriger Preise auszugehen. Die Ag habe sich dementsprechend in der Aufforderung zur Angebotsabgabe auch die Anforderung des Formblattes 223 vorbehalten, die hinsichtlich der ASt daher auch geboten gewesen und erfolgt sei. Zwar habe die ASt die Aufgliederung fristgemäß eingereicht, bei Prüfung der Vollständigkeit sei aber festzustellen gewesen, dass diese nicht alle geforderten Angaben enthalten habe, was zum Ausschluss des Angebots der ASt geführt habe. Die ASt habe im Formblatt 223 keine Angaben zum geforderten Zeitansatz sowie zu Lohn-, Material- Geräte- und sonstigen Kosten gemacht. Das Angebot der ASt sei ferner nach § 15 EU Abs. 2 VOB/A auszuschließen gewesen, da die ASt binnen der von der Ag zur Nachreichung gesetzten Frist eine nur unvollständige Aufgliederung der Einheitspreise übermittelt habe. 
Vor diesem Hintergrund scheide eine weitere Nachforderung der fehlenden Angaben aus. 
 
2. Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 20. September 2023, eingegangen bei der Vergabekammer des Bundes und von dieser an die Ag übermittelt an demselben Tag, beantragt die ASt die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. 
 
a) Die ASt hält den Ausschluss ihres Angebots nach § 16 EU Abs. 4 S. 1 VOB/A bzw. § 15 EU Abs. 2 VOB/A für fehlerhaft. Für einen Ausschluss des Angebotes nach § 16 EU Nr. 4 S. 1 VOB/A fehle es an der zentralen Voraussetzung, dass die ASt die hier geforderte Unterlage des FB 223 nicht eingereicht habe. Das FB 223 sei von der ASt gerade eingereicht worden; eine körperlich vorhandene Unterlage könne nicht als fehlend deklariert und nach § 16 EU Nr. 4 S. 1 VOB/A ausgeschlossen werden. Entsprechendes habe die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf zur gleichlautenden Vorschrift des § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV bereits entschieden. In jedem Fall sei die Ag vor einem Ausschluss des Angebots aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verpflichtet gewesen, die ASt zu einer Vervollständigung aufzufordern. Dies folge aus den Grundsätzen der Rechtsprechung des BGH vom 18. Juni 2019 (X ZR 86/17). 
 
Auch ein Ausschluss nach § 15 EU Abs. 2 VOB/A scheide aus. Die Vorschrift setze ein Aufklärungsverlangen voraus, die der betroffene Bieter unbeantwortet habe verstreichen lassen. Ein solches Aufklärungsverlangen seitens der Ag liege allerdings nicht vor. Das erstmalige Anfordern des FB 223 sei schon begrifflich kein Aufklärungsverlangen im Sinne von § 15 VOB/A-EU.  
 
Auch nach § 16d EU Abs. 1 VOB/A dürfe das Angebot der ASt nicht ausgeschlossen werden. Nach dieser Vorschrift sei eine Aufklärung über die Ermittlung der Preise oder Kosten in Textform bei der ASt geboten gewesen, die aber nicht erfolgt sei. Der öffentliche Auftraggeber dürfe das Angebot nicht ohne eine solche Aufklärung unberücksichtigt lassen. Die Ag habe der ASt aber nicht einmal zu erkennen gegeben, die Angemessenheit des Angebotspreises der ASt prüfen zu wollen und der ASt auch keine Möglichkeit eingeräumt, eine etwaige Unangemessenheit des Angebotspreises zu widerlegen. Die Ag habe das nachgeforderte und nachgereichte Formblatt bereits in vorherigen Ausschreibungen eingereicht, ohne dass dies von der Ag beanstandet worden sei. 
 
Schließlich trägt die ASt vor, die Preise ihrer Nachunternehmer hätten keiner Aufklärung durch die Ag unterliegen dürfen. Insofern seien deren Kosten aus deren Angeboten an den Bieter zu bestimmen. Die Nachunternehmerangebote seien, ohne dass es zum Auftragsfalle komme, für den Auftraggeber aber nur beschränkt aussagekräftig. Es sei daher ausreichend, wenn ein Bieter die in sein Angebot übernommenen Nachunternehmerpreise übernehme, ohne diese aufzuschlüsseln. Er könne im Rahmen der Preisaufklärung zudem nicht verpflichtet werden, die Urkalkulationen der Nachunternehmer offenzulegen. Die von der Ag bemängelten Positionen im FB 223 beträfen aber gerade allesamt Nachunternehmerleistungen. Eine weitere Aufgliederung dieser Nachunternehmerpreise sei gegenüber der Ag weder sinnvoll noch vergaberechtlich geboten gewesen. Die ASt habe zudem nunmehr im Nachprüfungsverfahren als Anlage 6 ein vollständig ausgefülltes FB 223 zur Akte des Nachprüfungsverfahrens eingereicht. Dies sei die Ag zu berücksichtigen verpflichtet, um ihrer Aufklärungspflicht gegenüber der ASt zu genügen. Ohne eine solche Aufklärung dürfe die Ag das Angebot der ASt nicht ausschließen. 
 
Überdies befürchtet die ASt einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da auch die Angebote der anderen Bieter deutlich von der Kostenschätzung der Ag abwichen. Die Ag müsse daher sicherstellen, auch insofern die Angemessenheit der Preise zu prüfen. 
 
Hinsichtlich des nach § 134 GWB den unterlegenen Bietern mitzuteilenden Namens des Zuschlagsdestinatärs sei die Ag dieser Verpflichtung nicht hinreichend nachgekommen. Die Ag habe im Informationsschreiben nach § 134 GWB nur eine ersichtlich unvollständige Firma mitgeteilt. 
 
Des Weiteren führt die ASt im Antragsschriftsatz vom 20. September 2023 (a.a.O., Seite 6) aus, die ASt habe das von ihr eingereichte Formblatt zur Aufgliederung der Einheitspreise in gleicher Weise bereits in vorherigen Ausschreibungen eingereicht, ohne dass die Ag dies beanstandet bzw. dies zu einem Ausschluss ihres Angebotes geführt gehabt habe. Sie hat hierauf in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen und ist der Ansicht, die Ag habe diesen Aspekt, da sie nicht widersprochen habe, zugestanden. Die ASt beteilige sich regelmäßig an Vergabeverfahren der Ag. Der ASt sei bekannt, dass die Ag das Formblatt 223 regelmäßig von allen Bietern abfordere, das die ASt sodann regelmäßig in einer wie auch in diesem Vergabeverfahren übermittelten ausgefüllten Fassung eingereicht habe, ohne dass die Ag daran Anstoß genommen und das Angebot der ASt ausgeschlossen habe. Bei Bedarf habe die Ag entsprechend bei der ASt nachgefragt bzw. entsprechende Vervollständigungen zu Aufgliederungen der Nachunternehmerleistungen verlangt. 
 
Die ASt beantragt, 
1. ein Nachprüfungsverfahren nach §§ 160 ff. GWB über die im Rubrum aufgeführte Ausschreibung der Ag einzuleiten und der Ag diesen Nachprüfungsantrag gemäß § 163 Abs. 2 S. 3 GWB zu übermitteln, 
2. der Ag aufzugeben, das Angebot der ASt wieder in die Wertung aufzunehmen und über die Vergabe erneut zu entscheiden, 
3. der ASt gemäß § 165 GWB Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren, 
4. der Ag die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der ASt aufzuerlegen, und 
5. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch die ASt für notwendig zu erklären. 
 
b) Die Ag beantragt, 
1. den Nachprüfungsantrag mit allen Einzelanträgen abzuweisen, 
2. der ASt die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, 
3. die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Ag für notwendig zu erklären. 
 
Die Ag ist der Ansicht, das Angebot der ASt sei zu Recht nach § 16 EU Nr. 4 S. 1 VOB/A und § 15 EU Abs. 2 VOB/A auszuschließen. Die ASt habe das von der Ag zu Recht angeforderte FB 223 nicht innerhalb der von der Ag gesetzten Frist vollständig eingereicht. Die ASt habe für den überwiegenden Teil der Positionen des Leistungsverzeichnisses keine Aufgliederung von Einheitspreisen vorgenommen, sondern den Einheitspreis mit den Material- bzw. Stoffkosten gleichgesetzt. Jedenfalls bei den Positionen, die eindeutig zu erbringende Arbeiten wie Installationen oder Demontagen beträfen, fehle eine solche Aufgliederung im von der ASt eingereichten ausgefüllten FB 223, da bei den entsprechenden Positionen notwendigerweise Lohnkosten anfielen, die aber nicht aufgegliedert worden seien. Das FB 223 der ASt sei somit nicht nur unvollständig, sondern damit nicht eingereicht worden. 
 
Das FB 223 sei bei der ASt rechtmäßig angefordert worden. Die Ag habe sich die Anforderung in der Angebotsaufforderung ausdrücklich vorbehalten gehabt. Hintergrund der Anforderung seien erhebliche Abweichungen des Angebotspreises der ASt vom Schätzwert der Ag bzw. von den übrigen Angeboten gewesen, die nach den Richtlinien der Ag eine Preisaufklärung nach sich gezogen habe, wonach die Aufgliederung der Einheitspreise anzufordern gewesen sei, was danach auch bei der ASt erfolgt sei. Die im Hinblick auf § 16d EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A anerkannten und in den Verwaltungsrichtlinien der Ag zugrunde gelegten Aufgreifschwellen von mindestens 10% Abstand zwischen dem hier betroffenen Angebot der ASt und der Schätzung der Ag bzw. den anderen Angebotspreisen sei erreicht gewesen.  
 
Die Vorlage der aufgegliederten Einheitspreise sei der ASt auch zuzumuten gewesen. Dies gelte unabhängig davon, ob die ASt entsprechende LV-Positionen selbst oder durch Nachunternehmer ausführen lassen wolle. Die ASt habe sich bereits nicht darauf berufen, dass ihr Angaben für ihre Nachunternehmer unmöglich bzw. nicht zumutbar seien. Überdies sei die entsprechende Maßgabe bereits mit den Vergabeunterlagen, nämlich im damit zur Verfügung gestellten Formular 223, dort in der Fußnote 2, klar und unmissverständlich vorgegeben worden. Diese Maßgabe habe die ASt rügelos akzeptiert. Die Ag habe der ASt zudem eine angemessene Frist zur Einreichung des ausgefüllten FB 223 gegeben; die mit Schreiben der Ag vom 11. Juli 2023 der ASt bis zum 17. Juli 2023 gesetzte Frist habe die ASt mit ihrer Antwort vom 14. Juli 2023 sogar noch unterschritten. 
 
Soweit die ASt meine, die Ag hätte das FB 223 nur mit einem expliziten Hinweis auf die anstehende Angemessenheitsprüfung des Preises der ASt verknüpft anfordern dürfen, gehe die ASt fehl. § 16 EU Nr. 4 S. 1 VOB/A setze nicht voraus, dass der Auftraggeber darlege, warum eine Unterlage angefordert werde. Bei dem FB 223 zur Aufgliederung der Einheitspreise sei einem fachkundigen Unternehmen wie der ASt überdies ohnehin klar, dass sich die über die Zusammensetzung der Einheitspreise nach den im entsprechenden Formblatt genannten Kategorien informieren wolle, mithin über die Preisbestandteile der Einheitspreise. Das FB 223 solle eine Prüfung ermöglichen, die über die mit dem Angebot eingereichten FB 221 bzw. 222 hinausgingen. Die ASt habe aus dem übermittelten Submissionsspiegel außerdem gewusst, bestplatziert zu sein und die deutlichen Abstände zwischen den eingegangenen Angeboten erkennen können. Als erfahrener Bieterin habe ihr somit klar sein müssen, dass die Ag zu einer Prüfung der Angemessenheit der Preise gehalten sei. 
 
Eine nochmalige Nachforderung gegenüber der ASt komme nicht in Betracht. Die Ag habe sich im Anforderungsschreiben bereits klar positioniert und eine weitere Nachforderung bei Unvollständigkeit ausgeschlossen. Soweit die ASt meine, die Ag habe entgegen § 16d EU Abs. 1 Nr. 2 S. 1 VOB/A die Angemessenheitsprüfung nicht in Rücksprache mit dem Bieter durchgeführt, gehe sie fehl. Die Maßgabe bezwecke jedenfalls nicht, eine unvollständige Aufklärungsantwort eines Bieters auf ein insofern zuvor eindeutig gestelltes Aufklärungsverlangen durch weitere Nachforderungen zu vervollständigen. Dadurch solle nur ermöglicht werden, dass der Auftraggeber die Plausibilität einer vollständigen Preisaufklärung ggf. gemeinsam mit dem Bieter aufzuklären habe. Die ASt habe hier allerdings das von ihr eingereichte FB 223 unvollständig ausgefüllt, weil sie für weite Bereiche gar keine Aufgliederung der benannten Einheitspreise in die verschiedenen Kategorien angegeben habe. Dies betreffe insbesondere die Bereiche, in denen notwendigerweise Lohnkosten anfielen, zu denen die ASt in weiten Teilen nur Material- bzw. Stoffkosten eingetragen habe. 
 
Nach allem komme der Ausschluss auch nach § 15 EU Abs. 2 VOB/A in Betracht, da das von der ASt eingereichte unvollständig ausgefüllte FB 223 zugleich eine Verweigerung der Aufklärung sei. Die Angaben seien für die erforderliche Prüfung der Angemessenheit des Preises der ASt nicht verwertbar. 
 
Der Zuschlag dürfe an die ASt zudem auch gem. § 16d EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A nicht ergehen. Der Preis erscheine unangemessen niedrig, ohne dass dies aber zufriedenstellend nach § 16d EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A habe aufgeklärt werden können. 
 
Soweit die ASt bemängelt habe, die Ag habe im Vorabinformationsschreiben nach § 134 GWB die Firma der Bg nicht korrekt benannt, habe die ASt diesen Umstand zu spät gerügt. Die ASt habe bereits in ihrem Rügeschreiben vom 6. September 2023 die Bg, wenn auch unvollständig, benannt, ohne aber die Unvollständigkeit zu beanstanden. Die Unvollständigkeit der Angabe im Absageschreiben der Ag sei der ASt somit bekannt gewesen; sie habe davor mutwillig die Augen verschlossen. Überdies habe die ASt einen Nachprüfungsantrag stellen können und sei durch die unvollständige Benennung der Bg nicht in ihrem Recht auf primären Vergaberechtsschutz beschnitten worden. Daher könne ihrem Antrag insofern auch in der Sache kein Erfolg beschieden sein. 
 
Soweit die ASt sich darauf berufe, die Ag habe eine Verwaltungspraxis zugestanden, wonach die Ag bereits in vergangenen Vergabeverfahren das Formblatt zur Aufgliederung der Einheitspreise in einer Weise akzeptiert, hat die Ag in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, der Vortrag der ASt sei insofern wegen Verstoßes gegen den Beschleunigungsgrundsatz unbeachtlich. Die im Nachprüfungsantrag enthaltene Äußerung der ASt, die ASt habe schon in anderen Vergabeverfahren das nachgereichte Formblatt 223 in selbiger Weise wie im verfahrensgegenständlichen 
Vergabeverfahren eingereicht, habe die Ag dahin verstanden, dass die ASt die von ihr selbst erstellte Fassung des Formblattes schon immer bei entsprechenden Einreichungen verwendet habe. Dass die ASt damit auf eine entsprechende Verwaltungspraxis der Ag habe rekurrieren wollen, wonach angeblich nicht vollständig ausgefüllte Formblätter 223 nicht zum Angebotsausschluss führten, gehe aus dem Nachprüfungsantrag nicht hervor. Auch habe die ASt diesen Vortrag nicht substantiiert. 
 
Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Ag sei erforderlich. Die Ag unterhalte zwar ein Justitiariat, allerdings sei es ihr zuzubilligen, sich in einem gerichtsförmlichen Nachprüfungsverfahren anwaltlich vertreten zu lassen, hier insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit mit der anwaltlich vertretenen ASt. 
  
3. Die Vergabekammer hat der ASt nach Anhörung der Ag Einsicht in die Vergabeakte erteilt, soweit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nach Abs. 165 Abs. 2 GWB nicht betroffen waren. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Vergabeakte, soweit sie der Vergabekammer in elektronischer Form vorgelegen hat, sowie auf die Verfahrensakte der Vergabekammer wird verwiesen. 
Die mündliche Verhandlung hat am 5. Oktober 2023 stattgefunden.  
 
 
II. 
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.  
 
1. Die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags begegnet keinen Bedenken. Die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach §§ 155, 106 Abs. 1 GWB, ein der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnender öffentlicher Auftrag mit einem oberhalb der für die europaweite Vergabe angesiedelten Auftragsschwellenwert, sind eindeutig erfüllt und bedürfen vor diesem Hintergrund keiner näheren Darlegung. Die Antragsbefugnis, § 160 Abs. 2 GWB, ist in Bezug auf die ASt als Teilnehmerin am Wettbewerb ebenfalls erfüllt. Ihren Ausschluss, der am 4. September 2023 kommuniziert wurde, hat die ASt am 6. September 2023 und damit binnen der Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB gerügt, so dass das Nachprüfungsverfahren auch unter dem Gesichtspunkt der Erfüllung der Rügeobliegenheit eröffnet ist.  
 
2. Das Angebot der ASt ist jedoch zu Recht nach § 16 EU Nr. 4 VOB/A ausgeschlossen worden, so dass der Nachprüfungsantrag unbegründet ist.  
 
a) Die Ag hat sich in der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Anforderung des Formblatts 223 nach Angebotsabgabe vorbehalten.  
 
Dieser Vorbehalt ist wirksam. Dass laut Fußnote 2 des Formblatts eine Aufgliederung der Einheitspreise ausdrücklich auch in Bezug auf diejenigen Teilleistungen vorzunehmen ist, für deren Ausführung Nachunternehmer vorgesehen sind, macht die Anforderung nicht etwa unverhältnismäßig und damit möglicherweise unwirksam. Zwar ist es mit Aufwand für Bieter wie Nachunternehmer verbunden, die Einheitspreise des Angebots aufschlüsseln zu müssen; denkbar sind Fälle, in denen ein Bieter bei seinen Nachunternehmern aufgrund des Aufwands auf Schwierigkeiten stoßen könnte, eine entsprechende Zuarbeit zu erhalten. Der Bieter muss jedoch auch vergaberechtlich dem Auftraggeber gegenüber für seinen Nachunternehmer einstehen, denn nur der Bieter selbst befindet sich in einem Vertragsanbahnungsverhältnis zum Auftraggeber, nicht der Nachunternehmer. Wenn ein Bieter Nachunternehmer in die Auftragsausführung einzubinden beabsichtigt, so hat der Auftraggeber mangels einer direkten Beziehung zum Nachunternehmer keine Möglichkeit, bei diesem eine Preisaufklärung über das Formblatt 223 für dessen Teilleistungen einzufordern; die Nachunternehmerleistung ist vielmehr der Sphäre des Bieters zuzurechnen. Es ist auch davon auszugehen, dass der Nachunternehmer seinerseits ein wirtschaftliches Interesse hat, die Zuarbeit zu leisten, da der Erhalt des Nachunternehmerauftrags von der Zuschlagserteilung an den Bieter abhängig ist. Wird das Angebot wegen unvollständiger Ausfüllung des Formblatts 223 ausgeschlossen, so geht auch der Nachunternehmer leer aus. Den mit der Ausfüllung des Formblatts 223 verbundenen Aufwand hält die Ag so gering wie möglich, indem lediglich der für den Zuschlag vorgesehene Bieter die Aufschlüsselung der Einheitspreise auf konkrete Anforderung beizubringen hat; genau so ist sie hier vorgegangen, eine standardmäßige Abforderung dieses Formblatts schon mit Angebotsabgabe ist gerade nicht gefordert. Ganz abgesehen davon, dass die ASt keine Probleme mit einer fristgerechten Erlangung der Angaben durch die Nachunternehmer geltend gemacht hat, weder der Ag gegenüber im Vergabeverfahren noch im Nachprüfungsverfahren, ist die im Formblatt 223 geforderte Einheitspreisaufschlüsselung auch bezüglich Nachunternehmerleistungen wirksam (zur Zumutbarkeit einer Preisaufschlüsselung im Formblatt 223 auch bezüglich Nachunternehmerleistungen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Mai 2021 – Verg 13/21).   
 
b) Die Anforderung bei der ASt war nicht willkürlich, sondern erfolgte ebenfalls zulässigerweise. Da die ASt das Angebot mit dem niedrigsten Preis abgegeben hatte und dieser sowohl deutlich unter der Auftragswertschätzung der Ag lag als auch unter dem nachfolgenden Angebot, ist die Ag zu Recht davon ausgegangen, dass eine Preisprüfung nach § 16 d EU Abs. 1 VOB/A erforderlich ist. Dieser rechtlichen Verpflichtung ist die Ag nachgekommen, indem sie von der ASt als Bestbieterin das Formblatt 223 anforderte, um die nötigen Daten für die materielle Preisprüfung zu erhalten. Die Ausübung der in der Aufforderung zur Angebotsabgabe vorbehaltenen Anforderung des Formblatts 223 war damit sachlich indiziert bzw. notwendig, die Frist war angemessen und seitens der ASt unbeanstandet.  
 
Die Anforderung wurde nicht etwa deswegen unwirksam oder in anderer Weise unbeachtlich für die ASt, weil die Ag im Rahmen der Anforderung das Stichwort „Preisprüfung“ nicht explizit als Motivation für die Anforderung erwähnt hat. Fraglich ist schon im Ansatz, ob es rechtlich gefordert ist, einen Grund anzuführen, wenn ein Auftraggeber Angaben anfordert, deren Anforderung er sich in der Angebotsaufforderung vorbehalten hatte. Aus fachkundiger Bietersicht, und die ASt als erfahrene Teilnehmerin an Vergabeverfahren prägt diesen relevanten Horizont mit, war hier auch ohne Nennung des Begriffs Preisprüfung deutlich, dass das Anfordern des Formblattes 223 zu diesem Zweck erfolgte. Die Ag hatte im Anforderungsschreiben angeführt, dass das Angebot der ASt für den Zuschlag in Betracht käme; daraus ergibt sich, dass die Ag vor Zuschlagserteilung noch eine preisliche Prüfung anhand der Preisaufschlüsselung im Formblatt 223 vorzunehmen beabsichtigte.     
    
c) Unstreitig ist, dass die ASt das Formblatt 223 zwar fristgemäß, jedoch in weiten Teilen unausgefüllt eingereicht hat. Die Formularspalten „Zeitansatz/Stunden, Löhne, Geräte, Sonstiges“ wurden nicht ausgefüllt, soweit die ASt eine Leistungserbringung mit Nachunternehmern vorgesehen hat. Das Formblatt 223 fordert aber in seiner Fußnote 2 ausdrücklich, dass die Angaben auch in Bezug auf Teilleistungen vorzunehmen sind, die durch Nachunternehmer erbracht werden sollen. Von den insgesamt 25 eingereichten Seiten wurden ca. 20,5 Seiten diesbezüglich nicht ausgefüllt. Das eingereichte Formular ist mithin in weiten Teilen unvollständig.  
 
Infolge der Nicht-Eintragung der geforderten Angaben bzw. Erklärungen fehlen diese i.S.v. § 16 EU Nr. 4 S. 1 VOB/A, denn ein Fehlen ist nicht nur dann gegeben, wenn ein gefordertes Dokument, hier das Formblatt 223, in Gänze nicht eingereicht wird, sondern auch im Falle von nicht vollständig vorgenommenen Eintragungen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Mai 2021, a.a.O.). Nicht das gesamte Formblatt 223 ist die abzugebende Erklärung, sondern dieses besteht aus einer Vielzahl einzutragender Einzelerklärungen. Soweit die ASt auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 18. September 2019 zum Aktenzeichen VII-Verg 10/19 Bezug nimmt und daraus ableitet, lediglich unvollständige Erklärungen fielen nicht unter den Ausschlusstatbestand des § 16 Nr. 4 S. 1 S. 1 VOB/A, so ist der dortige Sachverhalt ein anderer als vorliegend. In der Entscheidung vom 18. September 2019 ging es anders als vorliegend nicht um ein auszufüllendes Formular, sondern um eine Darlegung in Form eines Fließtextes, in welchen der betroffene Bieter auf einen Gebäudereinigungsauftrag darzulegen hatte, mit welchen besonderen Methoden der Durchführung der Reinigungsdienstleistung Einsparpotentiale generiert werden sollten. Thema dieser Entscheidung war nicht eine unvollständige, sondern eine vollständige, inhaltlich aber – vermeintlich – unzureichende Erklärung. Die Entscheidung beinhaltet keine Aussage dahin, dass ein unvollständig ausgefülltes Formblatt 223 nicht unter den Ausschlusstatbestand des § 16 EU Nr. 4 S. 1 VOB/A fällt.  
 
Aufgrund des Umfangs der fehlenden Einzelangaben gibt es vorliegend keinen Anlass, darüber zu entscheiden, ob eine geringfügige Auslassung möglicherweise dazu führen könnte, von einem Angebotsausschluss absehen zu können. Eine solche Fallgestaltung liegt nicht vor.  
 
d) Eine Nachforderung der unterbliebenen Angaben kommt nicht in Betracht. Die Nachforderungsmöglichkeit ist nur eröffnet in Bezug auf Unterlagen, die mit dem Angebot einzureichen sind, denn im Rahmen der Angebotserstellung stehen die Bieterunternehmen regelmäßig unter hohem Zeitdruck, so dass typischerweise versäumt werden kann, alle geforderten Unterlagen und Erklärungen mit dem Angebot einzureichen. Eine Situation erhöhten Zeitdrucks besteht indes nicht mehr, wenn der Auftraggeber erst nach Angebotsabgabe Erklärungen anfordert (grundlegend OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Februar 2016 – Verg 37/14). Dieser Rechtsgedanke hat Eingang gefunden in die vergaberechtlichen Vorschriften, hier in § 16 EU Nr. 4 S. 1 VOB/A, wonach es keine Nachforderung gibt, wenn die Erklärungen erst auf gesondertes Anfordern nach Angebotsabgabe einzureichen sind. Ebenso wenig kommt eine Aufklärung nach § 15 EU Abs. 3 VOB/A in Betracht, denn um den Fehler zu heilen, müsste das Formblatt 223 ergänzt werden um die fehlenden Preisangaben. Eine Vervollständigung einer unvollständigen Preisaufschlüsselung geht über eine bloße Aufklärung hinaus.   
 
3. Neben § 16 EU Nr. 4 S. 1 VOB/A ist der Ausschluss des Angebots der ASt auch nach § 15 EU Abs. 2 VOB/A erforderlich, wonach ein Angebot u.a. dann auszuschließen ist, wenn ein Bieter geforderte Angaben nicht binnen der hierfür gesetzten angemessenen Frist erteilt. Aus obigen Darlegungen (sub II.2.) ergibt sich zwanglos, dass diese Voraussetzungen ebenfalls erfüllt sind, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Ausführungen zu verweisen ist (zu § 15 EU Abs. 2 VOB/A ebenso OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Mai 2021, a.a.O.). 
  
4. Dem Ausschluss des Angebots der ASt stehen keine Vertrauensschutzgesichtspunkte infolge einer etwaigen anderen Verwaltungspraxis in der Vergangenheit entgegen. Das Vorhandensein einer derartigen bisherigen Praxis der Ag hat die ASt nicht dargelegt. Die ASt hat hierzu lediglich pauschal und ohne hieraus rechtliche Folgen zu benennen in ihrem 
Nachprüfungsantrag vorgetragen, dass das nachgereichte Formblatt „in selbiger Weise in vorherigen Ausschreibungen eingereicht“ worden sei, ohne dass dies jemals von der Ag beanstandet worden sei, geschweige denn zu einem Ausschluss des Angebots der ASt geführt habe. Auf diesen Passus hat die ASt sich in der mündlichen Verhandlung berufen und sinngemäß geltend gemacht, dass daher auch im vorliegenden Vergabeverfahren kein Ausschluss vorgenommen werden dürfe.  
 
Hier stellt sich abgesehen von der Frage nach der materiellen Berechtigung dieses Vortrags das formelle Problem, dass die Ag ihr beabsichtigtes Vorgehen in Fällen, in denen auf Anforderung nach Angebotsabgabe Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht werden, der ASt gegenüber schon bei Anforderung des Formblattes 223 unmissverständlich transparent gemacht hatte. Die Ag wies nämlich in dem Schreiben an die ASt vom 11. Juli 2023, mit dem das Formblatt 223 angefordert wurde, darauf hin, dass das Angebot ausgeschlossen werde, wenn die angeforderten Unterlagen „nicht vollständig innerhalb der Frist vorgelegt“ würden; es werde keine Nachforderung erfolgen. Auch wenn man zugunsten der ASt unterstellt, dass hier mangels Beschwer der ASt zu diesem Zeitpunkt – sie hatte noch kein unvollständiges Formblatt 223 eingereicht, ihr Angebot war noch nicht ausgeschlossen worden – noch keine Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 S. 1 GWB bestand, so hätte die ASt den ihres Erachtens gegebenen Aspekt einer entgegenstehenden Verwaltungspraxis in der Vergangenheit in der gegen ihren Angebotsausschluss gerichteten Rüge adressieren müssen. Da dies nicht geschehen ist, kam die Ag weder auf die Idee noch musste sie auf die Idee kommen, dass die ASt sich auf eine entgegenstehende Praxis berufen könnte, und war damit auch nicht in der Lage, sich in Aufarbeitung der Rüge mit diesem Punkt auseinanderzusetzen.  
 
Der Vortrag der ASt ist zudem nicht substantiiert. Wenn – was schon im Ansatz problematisch wäre – ein Angebot, das nach den vergaberechtlichen Vorschriften zwingend ausgeschlossen werden muss, aus Gründen des Vertrauensschutzes doch in der Wertung verbleiben soll, so könnte es sich nur um einen ganz besonderen Ausnahmefall handeln. Wenn die ASt meint, dem Ausschluss stehe hier eine bisherige andere Verwaltungspraxis entgegen, so wäre die Benennung und Darlegung konkreter Vergabeverfahren erforderlich gewesen, in denen bei einer gleichgelagerten Konstellation kein Ausschluss vorgenommen wurde. Der Vergabekammer sind Grenzen bezüglich der Überprüfbarkeit von anderen, abgeschlossenen und in der Vergangenheit liegenden Vergabeverfahren gesetzt. Konkrete Vergabeverfahren hat die ASt aber auch in der mündlichen Verhandlung nicht benannt. Eine telefonische Rückfrage des Verfahrensbevollmächtigten der Ag in einer Verhandlungspause im Justitiariat der Ag erbrachte jedenfalls spontan keine Erkenntnis dahin, dass es eine solche abweichende Verwaltungspraxis gegeben hätte.   
 
III. 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1, 2 und 5 sowie Abs. 4 S. 1, 3 und 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 S. 2 VwVfG (Bund). Danach hat die ASt als unterliegende Partei die Kosten des Nachprüfungsverfahrens (Gebühren und Auslagen) zu tragen. Gleiches gilt für die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Ag. Die Bg ist nicht als mit der Ag obsiegende Partei anzusehen, denn sie hat sich nicht am Nachprüfungsverfahren beteiligt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen. Folglich hat sie ihre Aufwendungen selbst zu tragen.  
 
Die Hinzuziehung des anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Ag war notwendig. Zwar ging es inhaltlich lediglich um eine nicht besonders schwierige oder komplexe materielle Rechtsfrage, der Ausschlussbedürftigkeit des Angebots der ASt infolge unvollständiger Angaben im nach Angebotsabgabe angeforderten Formblatt 223. Mit dieser Rechtsfrage musste die Ag schon im Vergabeverfahren umgehen. Es ergaben sich jedoch ungewöhnliche verfahrensrechtliche Fragestellungen, indem die ASt in der mündlichen Verhandlung überraschend den Vertrauensschutzaspekt angeführt hat. Hierauf war durch die Ag spontan prozessual zu reagieren, indem verspätetes Vorbringen geltend gemacht wurde. Angesichts dieser prozessualen Besonderheit, die für die Notwendigkeit der Anwaltshinzuziehung spricht, gibt die prozessuale Waffengleichheit den letztendlichen Ausschlag, denn auch die ASt war im Nachprüfungsverfahren anwaltlich vertreten.  
 
IV. 
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, schriftlich beim Oberlandesgericht Düsseldorf – Vergabesenat – einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. 
 
Die Beschwerde ist bei Gericht als elektronisches Dokument einzureichen. Dieses muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Dies gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind. Ist die Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig.  
 
Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt. 
 
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern. 
 
 
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